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...zu
den Anmerkungen des DTB-Vizepräsidenten
Olympischer Spitzensport, Eduard Friedrich
Mit
großem Interesse habe ich Eduard Friedrichs Beitrag gelesen.
Viele seiner Aussagen zeigen mir, wie viel Recht Camus seinerzeit gehabt
hat, als er sagte: „Jeder Mensch hat seine eigene Wahrheit!“
Denn
wenn die Aussagen Eduard Friedrichs der Wahrheit entsprechen, stehen sie
im krassen Gegensatz zu den bisherigen im Gymforum erschienenen Meinungsäußerungen
und den getroffenen Aussagen der Leistungssport-Verantwortlichen
der Landesverbände im Rahmen einer Konferenz am 11.9.2002 in
Leipzig, bei der auch die Vorgehensweise der DTB-Verantwortlichen
diskutiert wurde. Bei der Sitzung war ich selbst anwesend.
Von
den Anwesenden wurde folgendes kritisiert:
1.
Die anwesenden Landesverbände waren sich einig, dass die Vorgehensweise
der DTB-Verantwortlichen falsch war und erst dadurch die Konfrontation
ausgelöst wurde. Eduard Friedrich hätte zuerst mit den betroffenen
Landesverbänden sprechen müssen, bevor man den Weg über Aktive und
Trainer wählt.
2.
Es gibt keine klaren Konzepte zur
Zentralisierung. Die Methodik der vorgesehenen Trainingslehre
ist nicht publik gemacht worden, so sie denn überhaupt vorhanden ist.
3.
Trainer und Turner wurden seitens der
DTB-Verantwortlichen erpresst und ihnen wurde mit
entsprechenden Konsequenzen gedroht, wenn sie die Zentralisierung nicht
mittragen werden.
4.
Das Auftreten der DTB-Verantwortlichen
war bei sämtlichen Gesprächen absolut arrogant, wodurch das
Vertrauensverhältnis zwischen Turner und Trainern auf der einen sowie
den DTB-Verantwortlichen auf der anderen Seite zwangsläufig gestört
wurde.
5.
Die offenen Fragen der Landesverbände
wurde seitens der DTB-Verantwortlichen zu keiner Zeit beantwortet.
Die Diskussion mit den Landesverbänden wurde zu keiner Zeit gesucht,
obwohl diese und die jeweiligen Landessportbünde zu einem erheblichen
Teil den Leistungssport finanzieren und sie somit bei möglichen Veränderungen
des derzeitigen Status die Leidtragenden wären.
Bei
Gymmedia kann ich nun lesen, dass Eduard Friedrich sagt, " ....
dass das Konzept seit Anfang des Jahres vorbereitet wird, es regelmäßig
im Lenkungsstab und mit dem Aktivensprecher besprochen sowie allen
Interessierten beim jeweiligen Sachstand ebenfalls erläutert wurden
...".
Dem
steht die Aussage des Aktivensprechers Rene
Tschernitschek gegenüber, der sich am 13.9.2002 auf der
Internetseite im Gymforum wie folgt äußert:
„Wenn
da von einem angeblich einstimmigen Beschluss des Lenkungsstabes die
Rede ist – dessen Mitglied ich als Athletensprecher immerhin bin –
muss ich sagen, dass ich das nicht nachvollziehen kann.Iim Gegenteil: In
diesem Gremium habe ich bereits am 24. März d.J. als dieser besagte
Lenkungsstab am Rande des Cottbuser Turniers tagte, im Auftrage der
Athleten deren ablehnende Haltung gegenüber den
„Konzentrierungsvorstellungen“ mitgeteilt, zumal diese aus unserer
Sicht damals weder strukturell noch personell als Konzeption erkennbar
waren. Ich hatte schon damals das Gefühl, dass ich überhaupt nicht
richtig ernst genommen wurde. Von einer Entscheidung in diesem Sinne
kann deshalb absolut nicht die Rede sein, denn Vize-Präsident Eduard
Friedrich sprach selbst von ‚ersten Gedanken‘. Deshalb war ich schon
überrascht, als DTB-Sportdirektor Wolfgang Willam bereits Anfang Mai zu
einer Trainerweiterbildung in Leipzig den Standort Berlin als eines der
beiden künftigen Konzentrierungszentren bekannt gab....!“
Eduard Friedrich sagt ferner, dass sich vier Turner einer
Zentralisierung verweigerten, einleuchtende Gründe für die Weigerung
aber nur Sebastian Faust gehabt hätte. In diesem Zusammenhang
verwundert dann die tatsächliche Handlungsweise der
DTB-Verantwortlichen. Als sich Sebastian Faust gegen die Zentralisierung
aussprach, wurde er umgehend aus dem Athenkader entfernt.
Eduard
Friedrich sprach von einer sachlichen Atmosphäre bei den Gesprächen
mit den Turnern. Dem entgegen steht die Empörung über Art und Weise
der Gesprächsführung der DTB-Verantwortlichen mit den Turnern, wie sie
mir berichtet wurde. Nach Aussagen von Beteiligten mehrerer Landesverbände
hat dies erst dazu geführt, dass die Turner dem Bundestrainer Hanschke
das Misstrauen ausgesprochen haben.
Ich
finde es sowieso fragwürdig, dass sich in solchen Gesprächen ein
Turner drei Spitzenfunktionären gegenüber sieht und er seine Position
allein vertreten muss. Dies erinnert mich eher an ein Verhör, wie es
wohl in ähnlicher Form auch abgelaufen sein muss, wenn ich den Artikel
von Martina Martin in der Freien Presse Chemnitz vom 12.9.2002 lese, in
dem u.a. Tom Neubert wie folgt zitiert wird: „Man
setzte mich dann richtig unter Druck, drohte auch mit Mittelkürzungen für
den gesamten Stützpunkt.“ Sven Kwiatkowski ergänzte dazu: „Meine
Gründe wurden nicht akzeptiert.“
Eduard Friedrich gibt zu,
beim Abschlussgespräch mit den Trainern auf die indirekten und direkten
Folgen für jeden einzelnen der Trainer hingewiesen zu haben, die sowohl
der Stützpunkt als auch das Fachgebiet bei einer Verweigerungshaltung
zu erwarten haben. Das ist aus meiner Sicht der Gipfel an Unverschämtheit,
denn immerhin hätte es sich gehört, diese Diskussion mit den
betroffenen Landesfachverbänden und den Landessportbünden zu führen
und nicht mit einem Angestellten und damit auch abhängigen Trainer.
Eduard
Friedrich erdreistet sich darüber hinaus zu behaupten, dies aus Gründen
der Fürsorgepflicht für die betroffenen Trainer getan zu haben. Das
ist Zynismus pur.
Für
mich als Verantwortlichen für das Gerätturnen Männer im Niedersächsischen
Turner-Bund steht darüber hinaus die Frage im Raum, warum
Eduard Friedrich zuerst von „drei Verweigerern mit regelbarem
Hintergrund“ spricht, in der Folge aber nur noch von den zwei Turnern
aus Chemnitz. Sind dies schon seine ersten Sanktionen gegenüber dem
Turner Sergej Pfeifer, nur weil der NTB einen Antrag an den Deutschen
Turntag gestellt hat, Eduard Friedrich das Misstrauen auszusprechen?
Geht man so mit der Karriere eines jungen Sportlers um? Sind Eduard
Friedrich junge Menschen und deren Zukunft egal? Korrespondiert dies mit
der an anderer Stelle von Eduard Friedrich so hoch geschätzten Fürsorgepflicht
für die ihm anvertrauten Menschen?
Niemand
– weder ich noch der Niedersächsische Turner-Bund – wird sich
Anstrengungen verschließen, den Spitzensport innerhalb des DTB nach
vorne zu bringen. Auch für mich ist das oberste Ziel, alles dafür zu
tun, dass das deutsche Gerätturnen Männer wieder an die Weltspitze
herangeführt wird. Aber es bedarf eines einheitlichen, umsetzungsfähigen
Konzeptes, das von allen sich für den Spitzensport einsetzenden und
handelnden Personen getragen werden kann und selbstverständlich von den
Athleten und den Trainern auch.
Darüber
hinaus bedarf es des gegenseitigen Vertrauens, und zu Eduard Friedrich
habe ich kein Vertrauen mehr. Spitzenleistungen entstehen nicht in einer
Atmosphäre der Repression, Willkür und Beliebigkeit.
Günther
Harms
Landesfachwart
Gerätturnen Männer im Niedersächsischen Turner-Bund
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