Ist der deutsche Turnsport noch zu retten...?
13-SEP-2002

Mündige Athleten - Wortmeldung von:

Renè Tschernitschek
-
Athletensprecher der deutschen Turn-Nationalmannschaft -
"Ich weiß nichts von einem einstimmigen Lenkungsstab-Beschluss.....!"

 
In einem Artikel der FREIEN PRESSE, Chemnitz ("Turnasse fühlen sich unter Druck gesetzt" vom 12.09.02) stand u.a.: "...Den Turnern und ihren Trainern wurde von Friedrich, William und dem zu jener Zeit noch tätigen Chef-Bundestrainer Rainer Hanschke (inzwischen zurückgetreten) ein angeblich einstimmiger Beschluss des Lenkungsstabes (Athletensprecher René Tschernitschek wusste davon als Mitglied nichts) mitgeteilt, dass Athen-Kader künftig ausnahmslos an zwei Stützpunkten trainieren dürfen...."
Daraufhin meldete sich der Aktivensprecher Renè Tschernitschek selbst zu Wort:


DTB-Athletensprecher Renè Tschernitschek (SV Halle)

"Wenn da von einem angeblich 'einstimmigen Beschluss des Lenkungsstabes' die Rede ist - dessen Mitglied ich als Athletensprecher immerhin bin - muss ich sagen, dass ich das nicht nachvollziehen kann, im Gegenteil: In diesem Gremium habe ich bereits am 24. März d.J., als dieser besagte Lenkungsstab am Rande des Cottbuser Turniers tagte, im Auftrage der Athleten deren ablehnende Haltung gegenüber den "Konzentrierungsvorstellungen" mitgeteilt, zumal diese aus unserer Sicht damals weder strukturell noch personell als Konzeption erkennbar waren. Ich hatte schon damals das Gefühl, dass ich überhaupt nicht richtig ernst genommen wurde. Von einer "Entscheidung' in diesem Sinne kann deshalb absolut nicht die Rede sein, denn Vize-Präsident Eduard Friedrich sprach selbst von 'ersten Gedanken'. Deshalb war ich schon  überrascht, als DTB-Sportdirektor Wolfgang Willam bereits Anfang Mai zu einer Trainerweiterbildung in Leipzig den Standort Berlin als eines der beiden künftigen  Konzentrierungszentren bekannt gab...!
  Nur bin ich momentan selbst in keiner sehr glücklichen Lage als Athletensprecher aufzutreten, denn seit meiner verunglückten EM-Qualifikation im Frühjahr bin ich kein 'offizieller' Athenkader mehr. Trotzdem darf ich darf ich dazu sagen, dass ich als Sportler das Ziel einer Olympiateilnahme 2004 absolut nicht aus dem Auge verloren habe! Zum o.g. Zeitpunkt jedoch war ich arg gehandicapt mit akuten Problemen, die sich bei intensiver Untersuchung medizinisch als 'Spinalkanal-Stenose' herausstellten. Einfacher gesprochen: Zwei Halswirbel hatten sich im Verhältnis zum umliegenden Gewebe derart verschoben, dass sie sogar schon Schmerzen verursachten. Trotzdem hatte ich mich dieser besagten EM-Qualifikation gestellt,
......die ich aber dann eben leider abbrechen musste...!
Daraufhin teilte mir der damalige Cheftrainer Hanschke mit, dass von Herrn Friedrich entschieden wurde, dass ich keine Perspektive mehr habe... und somit natürlich auch die Förderbedingungen unter Bundeswehrkonditionen usw. nicht mehr für mich zutreffen. Dies geschah just zu dem Zeitpunkt meines Auftretens als Aktivensprecher und ich werde das Gefühl nicht los, dass es sich schon hierbei um eine Art von 'Disziplinierung' handelte. Denn zum gleichen Zeitpunkt verblieben andere Turner, die wegen Verletzung gar nicht erst an dieser EM-Qualifikation teilnehmen konnten, im Athen-Kaderkreis...!
Ein Wort zu meiner momentanen sportlichen Situation: Nach der medizinisch notwendigen und vom Arzt verordneten Zwangspause von einem Vierteljahr, habe ich seit 5 Wochen wieder mit systematischem Training begonnen und taste mich mit meinem Trainer wieder Element für Element an früheres Leistungsvermögen heran. Über die Herbstsaison der Bundesliga will ich mich wieder mit ersten Wettkampfübungen anbieten. Die für eine erfolgreiche Olympiaqualifikation so bedeutsame WM im kommenden August 2003 soll dann wieder eine bedeutsame Etappe und die Olympiateilnahme 2004 mein oberstes sportliches Ziel sein. Um so schlimmer, wenn man sich in komplizierter individueller Situation von bestimmten Funktionären allein gelassen fühlt.
Soweit zu meiner persönlichen Lage, die ja momentan eigentlich nicht so sehr in den Mittelpunkt gehört - doch wollte ich damit erklären, wie kompliziert es für mich ist - einerseits und trotzdem als Athletensprecher zu fungieren, andererseits aber nicht mehr voll zum Kaderkreis zu gehören.
Leider hat aber beides sehr damit zu tun, wie ernst die Funktionäre des DTB uns Athleten und unsere individuellen Situationen nehmen.
Hauruck-Aktionen im Sinne 'alle über einen Kamm' im Stile von Vizepräsident Eduard Friedrich - übrigens nicht zum ersten Mal - schaden nicht nur einzelnen Athleten, sondern unserer gesamten Sportart.
So also ist meine Wortmeldung als Athletensprecher gemeint - und nicht als Konfrontation, denn am Ende eint beide Seiten das gleiche Ziel, dass nämlich die Welt wieder ein leistungsfähiges deutsches Männerkunstturnen zur Kenntnis nimmt, nicht aber mit dem Opfer weiterer Athleten oder weiterem Abbau von Leistungssportstrukturen im Lande!

Renè Tschernitschek
SV Halle,
Athletensprecher der deutschen Turn-Nationalmannschaft

Aktuelle Diskussion nach dem deutschen Turn-Desaster bei Olympia und
nach der Turn-WM 2001 sowie nach den "Konzentrationsversuchen" des DTB in der aktuellen Athenvorbereitung....:

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