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Fehler oder
Absicht?
"Morisue"
gehockt - gebückt
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Soweit die Fakten: Also ein deutlicher materieller Fehler des
A-Kampfgerichts, bestehend aus Kampfrichter A1 (Benjamin Bango/ESP, und
von der FIG eingesetzt!!) und
A2-Kampfrichter Oscar
Buitrago (Kolumbien), wobei der A1-Kampfrichter die Leitung des
Schwierigkeitskampfgerichts hat. Diese hatten dann den ermittelten
Ausgangswert dem Chairman Georg Beckstead/USA den ermittelten AW
vorgelegt, der ihn allerdings auch bestätigte....(?) Fehler kommen vor, wie auch in anderen
Sportarten.
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Nun kann man den unter schärfster Beobachtung und Kontrolle stehenden Kampfrichtern
sicher auch "Subjektivität" oder "Absicht" oder
"Parteilichkeit" vorwerfen... aber gerade den
Schwierigkeitskampfrichtern, deren Arbeit am ehesten und exakt
verifizierbar ist...?
Da böte sich doch vielmehr der andere, der B-Bereich als
die viel günstigere Szenerie zur minimalen und kaschierbaren
subjektiven Manipulation an!
Solcherart Vorwürfe erscheinen als unlogisch, als unsachlicher
Vorwurf! Die beiden
haben einen Fehler gemacht. Sie haben etwas falsch bewertet, ja, wenn
auch nicht nachvollziehbar warum. Alles
andere bleibt Unterstellung! Warum aber bestätigt der Chairman diesen
Fehler...?
Die Turnregeln besagen: Wertungen sind
Tatsachenentscheidungen!
Daraufhin wurden jedenfalls die Endnoten gebildet, die laut Wertungsregeln
Tatsachenentscheidungen sind! Auch ein vom Fußballschiedsrichter
gegebenes Tor ist eine Tatsachenentscheidung. Und auch wenn der Ball
nur Millimeter hinter der Torlinie war - oder auch nicht - er hat
entschieden, fertig! Wo käme man denn hin, wenn man nach dem Spiel oder
14 Tage später dieses
Resultat revidieren wollte...!
Warum kommen also die Koreaner mit ihrem sachlich zwar richtigen Einwand
aber erst nach Ende des Wettkampfes...? Hätten sie sich noch während
(!) des
Wettkampfes mit ihrer Beobachtung dieses zweifelsfreien materiellen
Fehlers an die Jury gewandt, hätte man eher noch etwas verhandeln oder
korrigieren können.
So aber heißt es: Einsprüche gegen Wertungen sind unzulässig! Wo
käme man da hin, wenn jeder, dem eine Wertung nicht passt, Protest
erheben könnte. Man fände nie mehr unangefochtenen Sieger!
Nochmal: Es war ein menschlich möglicher Fehler. Der kann passieren. So
wurden beide betroffenen Kampfrichter auch nicht bestraft sondern sie
wurden einfach nur ohne weitere Sanktionen nicht mehr im Gerätefinale
eingesetzt. Jedwede unsachliche Polemik, dass da ein US-amerikanischer
Deal gelaufen sei in den der in Ohio/USA lebende Kolumbianer verwickelt
ist, ist so hanebüchen, weil viel zu offensichtlich, und durch nichts zu
beweisen, dass er nur als unsachlicher Anwurf behandelt werden kann.
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YANG, Tae Young,
setzte Achtungszeichen schon bei den Pre-Olympics
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Warum also eine Anhörung vor dem
Internationalen Sportgerichtshof CAS?
Im Falle dieser Mehrkampfentscheidung ist sie jedenfalls nicht
nachzuvollziehen, weil die Regeln der Sportart diese Art Nachverhandlung
eigentlich nicht vorsehen.
Es ist zwar traurig, dass dieser Fall gerade beim bedeutendsten aller
Wettkämpfe geschieht, aber Paul Hamm hat spätestens mit Überreichung
der Medaille Gold zu Recht erhalten, wenn auch sportlich sein Sieg (im
Nachhinein) leider in Frage gestellt ist.
Einzig eine persönliche Entscheidung des Paul Hamm in Einsicht dieser
schlichten Tatsache, sein Gold aus "Fairnessgründen" und
freiwillig zurück zugeben,
könnte und sollte hieran etwas ändern...
Ein Vergleich zur Trampolinsituation vor drei Jahren (Irina Karawajewa (RUS)
gibt wegen eines offensichtlichen mathematischen Fehlers Gold an Anna
Dogonadze (GER)) hinkt, denn:
Will man diesem Superathleten aber "Unmoral" vorhalten, wenn
er auf der Grundlage geltender Regeln es nicht tut, denn der Unterschied
zwischen beiden Top-Athleten betrüge 0,051 Punkte...?
Die Probleme liegen ganz woanders!
Hier stehen ganz andere Zusammenhänge in der Kritik, solche, die eine
viel zu geringe Differenzierung der Leistungen der Topturner zulassen,
die dann bei solchen minimalen Differenzen, wie oben beschrieben, große
Folgen haben.
Hier ist der Weltverband gefragt, und dessen Technische Komitees!
In diesem Zusammenhang muss auf einen Umstand verwiesen werden, der einen
Olympiazyklus zurück liegt:
Als damals nämlich die TK's der Männer und Frauen ihre neuen und
überarbeiteten
Wertungsbestimmungen zur Bestätigung vorlegten, lag der Code der
Männer bei Erfüllung der Grundanforderungen bei 8,60
Punkten,
und der der Frauen bei 9,00 Punkten. Hier sprach FIG-Präsident Bruno
Grandi damals ein verhängnisvolles "Machtwort" im
Sinne der Vereinheitlichung und
man "einigte sich auf salomonische 8,80, aber mit eben diesen
Folgen:
Während es bei den Frauen somit sehr schwer wurde, einen 10,0 Ausgangswert zu
erreichen (zur WM in Gent 2001 schaffte das am Boden nur eine Turnerin -
zuletzt in Athen 17), schoben sich bei den Männern, schon damals
(besonders am Pauschenpferd und an den Ringen) die Höchstwertungen
zusammen und führten in Athen folgerichtig zu einer kaum noch zu
differenzierenden Leistungen vieler Athleten. Dies gelang bei den Frauen
deshalb besser, weil sie eben diese zwei Zehntel mehr zur
Differenzierung und die Männer zwei Zehntel weniger hatten.
Wertungswelt - aus den Fugen geraten!
So also ist zunächst die Wertungswelt der internationalen Turnerei
ziemlich aus den Fugen geraten.
Eigentlich sollten in wenigen Wochen beim FIG-Kongres in Atalya (TUR) die neuen
Wertungsbestimmungen von den TK's vorgelegt und beschlossen werden.
Danach wollte man sofort im Anschluss in Frankfurt in Klausur gehen und
die druckfertigen Materialien vorlegen - die Zimmer waren schon
gebucht... nun ist alles abgesagt, storniert
Auch die geplanten interkontinentalen Lehrgänge der Kampfrichter - der
der Männer Mitte Dezember in Leipzig und der der Frauen im Januar 2005
in Osaka - abgesagt!
Grundlegende Änderungen werden nun vehement gefordert, selbst das
Wertungsdenkmal 10,0 wird wieder in Frage gestellt. Grandi will in
Antalya eine grundlegende Analyse vorlegen, will neue Prinzipien des
Aufbaus der Wertungen vorschlagen...!?
Schwierigkeitstabelle und Zeitregel
Kommt hier nicht ein latentes Problem einfach nur wieder zum Vorschein,
was schon vor über einem Jahrzehnt schwelt und von den konservativen
Kräften der Landesverbände immer wieder verhindert wurde?
Das traditionelle Prozedere eines aller vier Jahre und immer wieder
erfolgenden Ab- und Umbewertungsprozesses ist längst nicht mehr
zeitgemäß, behindert Bewertung, Verständnis und Transparenz der
Sportart in einer inzwischen unerträglichen Weise.
Längst ist also ein für alle Zeiten festzuschreibender Elemente-
(Schwierigkeits-) Katalog erforderlich!
So ist ein Salto eben immer ein Salto, der wird objektiv weder leichter
noch schwieriger. Nur wenn er verändert wird, bekommt er eine andere
Schwierigkeit, bis hin zu Dreifachsalti mit Drehung(en), die aber in
ihrer Graduierung objektiv beschreibbar und klassifizierbar sind - in
einem Katalog der Elemente!
Dann aber steht tatsächlich die 10,0 als Höchstwert zur Debatte. Dann
nämlich liegt es an der subjektiven Auswahl der nach bestimmten
technischen und ästhetischen Regeln zu kombinierenden Übungen der
Sportler, welchen Ausgangswert man anzubieten hat; der kann dann eben
auch über der 10,0-Grenze liegen.
Berechtigter Weise hat man dann die Angst vor dem Uferlosen. So muss man
also sofort die Grenzen des Zumutbaren definieren und oft aber liegen
Lösungen im Einfachsten:
So führe man doch an allen Geräten klar definierte Zeitregeln auf der
Basis bisheriger Erkenntnisse und Gerätspezifika ein, so wie sie am
Boden längst gang und gäbe sind. Verstöße gegen die Zeitregeln
werden bestraft und führen zu erheblichen Rückstufungen.
In der geschicktesten, ästhetischsten (B-Note) Auswahl der mehr oder
weniger schwierigen Elemente und deren Verbindungen (A-Note) definiert
sich dann der am Gerät mögliche Ausgangswert, auch über 10,0.
Weltbestleistungen (Schwierigkeits-Weltrekorde) wie beim Trampolinturnen
wären dann möglich.
Verpflichtung gegenüber der Öffentlichkeit
Bisher schien es, als waren die mit der Modifizierung der
vierjährlichen Codes de Pointages beauftragten Technischen Komitees
primär mit der möglich besten Klassifizierung der Leistung an sich
beschäftigt.
Moderne Wertungsbestimmungen im Medienzeitalter haben aber die
erstrangige Pflicht auch gegenüber einer für die Sportart zu
gewinnenden Öffentlichkeit und der dafür zu nutzenden medialen
Mechanismen und Kanäle. Bewertungen sportlicher Abläufe müssen vielen
verständlich, nachvollziehbar, logisch, transparent sein.
Tun sie das nicht und drehen die TK's die "Schraube der
Spitzfindigkeiten" im bisherigen, traditionellen Sinne weiter, wird
es weiterhin solche und andere Fälle wie oben geben und die Medien
wenden sich den erklärbareren Dingen des Lebens zu und da gibt es zunehmend mehr und mehr....!
Im übrigen gab
es da außer dem "Fall Hamm" in Athen noch andere
Wertungsprobleme, Nemow, Jowtschew,
Tampakos, Maras... sie alle sind auf den gleichen Umstand der
ungenügenden Differenzierung von Spitzenleistungen
zurückzuführen.
Eckhard Herholz |
Gab es überhaupt
einen "Fall Nemow"...?
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