Ist der deutsche Turnsport noch zu retten...?
03-OKT-2004

Wertungsproblematik: Hamm - Yang, Tae Young
- Ein Kommentar zur olympischen Mehrkampf-Entscheidung der Männer 2004 -

- von Sandra Schmidt

> dazu: >...DTB-Stellungnahme

 

Kampfrichter sind ...
„... nette Leute“, antwortete Fabian Hambüchen in der letzten Ausgabe der Zeitschrift "LEON*.
Er hat – bislang - allen Grund zu einer solchen Annahme. Dass Kampfrichter zumindest wenn sie als solche agieren, nur sehr bedingt „nette Leute“ sind, haben die Turnwettbewerbe in Athen gezeigt. So viele offizielle Proteste hat es noch nie gegeben: Korea und Kanada, Bulgarien und Russland legten Einsprüche ein, die teilweise immer noch vom CAS (Court of Arbitration for Sport) untersucht werden.

Zur Erinnerung:
Die Goldmedaille im Mehrkampf ging durch einen Fehler – sie schrieben ein E-Element (Belle) einfach als D-Element (Morisue) auf - des A-Kampfgerichts an den US-Amerikaner Paul Hamm und nicht an den wahren Sieger Yang Tae Young aus Korea. Sicher Zufall, dass der FIG-Oberkampfrichter am Barren George Beckstead aus den USA ist, und auch Oscar Buitrago, A-Kampfrichter kolumbianischer Staatsangehörigkeit in Ohio/USA lebt. Ein Schelm, wer böses dabei denkt?

Die Kampfrichter haben ihre Arbeit gut gemacht, in diesem Fall vielleicht zu gut, denn auffallen soll es ja nicht. Auch die deutschen (Turn-) Medien haben über die „Wertungsskandale“ berichtet. Folgende Frage hat niemand gestellt: Was wäre geschehen, hätte ein deutscher Turner in dieser Situation gestanden?

Der Job eines international tätigen Kampfrichters ist es, durch die Welt zu reisen und dabei etwas für sein Land zu tun. Wer glaubt, das hätte etwas mit dem ‚Sport an sich’ oder gar einer ethisch-moralischen Haltung der Fairness zu tun, ist – höflich formuliert – naiv.

Wer glaubt denn ernsthaft, dass Hambüchen das Finale am Reck erreicht hätte, ohne dass die deutschen Kampfrichter – namentlich Jörg Fetzer und Siegfried Funk – seit Jahren für diesen talentierten Jungen Politik machten? Auch hier zur Erinnerung: 39 Turner der Qualifikation zeigten einen 10er-Ausgangswert, gleich sieben Turner erhielten eine 9.737, mit der Hambüchen als letzter ins Finale einzog und mit nur 0,1 Punkten weniger, war man nicht mehr den 6. sondern den 28. Rang.

Der internationale Zirkus der Turnerei funktioniert so und nur so.
Tampakos Gold, Nemows 5. Platz und Dragulescus lächerliches Bronze sollten Beleg genug dafür sein, dass es im Turnen nicht allein um Leistung, sondern um ‚gute’ Kampfrichterarbeit geht. Die haben auch die genannten deutschen Kampfrichter geleistet – Kompliment! Heuchlerisch oder dumm sind allein diejenigen, die in Deutschland jetzt über die Wertungen von Hamm, Dragulescu, Nemov oder Tampakos klagen, aber nicht gleichzeitig einsehen, dass ein Fabian Hambüchen wohl nicht in diesem olympischen Reckfinale mitgeturnt hätte, ohne die ‚Vorarbeit’ seiner Kampfrichter im Rücken. Um hier nicht falsch verstanden zu werden – dies schmälert nicht Hambüchens Leistung. Auch dafür gilt: Kompliment!

Aber er selbst und vor allem einige Kommentatoren und die üblichen allwissenden Redner vom DTB-Präsidenten bis zu Hambüchens Vater sollten einsehen, dass dies nicht zuletzt der ‚zuverlässigen’ Arbeit von Jörg Fetzer und Siegfried Funk geschuldet ist. Und ich persönlich möchte wetten, hätten sie an George Becksteads Stelle gesessen, sie hätten genau das gleiche getan und in Deutschland hätte sich niemand darüber beschwert.
Autor: Sandra Schmidt  

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