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Einige Anmerkungen zu einer
Rezension der Terminologie des Gerätturnens von Arnold und Leirich im
Leon vom Dezember Nr. 06, Seite 27
<< von Prof. Dr. Detlef SCHMIDT, (Unterschleißheim, den 30.01.2006)
Frau
Sandra Schmidt veröffentlicht
im Leon 2005, Nr. 6 auf Seite 26 und 27 zwei Buchbesprechungen, die
unterschiedlicher nicht sein könnten. Auf der einen Seite werden die Materialien für die Trainerausbildung
im Gerätturnen von veröffentlicht
im Leon 2005, Nr. 6 auf Seite 26 und 27 zwei Buchbesprechungen, die
unterschiedlicher nicht sein könnten. Auf der einen Seite werden die Materialien für die Trainerausbildung
im Gerätturnen von Flavio
Bessi vorgestellt
und wohlwollend behandelt, wie man das von einem Buch eines Turners für
Turner erwartet. |
Auf der anderen Seite steht die
Besprechung der Terminologie des Gerätturnens von
Klaus
Arnold und Jürgen
Leirich, bei
der man sich des Eindrucks nicht erwehren kann, dass es sich nicht um
ein Vorstellen sondern um einen Veriss handelt,
der in der Aussage unsachlich und im Stil von der ersten bis zur
letzten Zeile gehässig wirkt.
Es wird mir nicht klar, was die Autorin dazu veranlasst und wo der
konstruktive Ansatz ihrer Kritik liegen könnte.
Dabei dreht es sich in dem Büchlein um ein für das Fachgebiet Gerätturnen
durchaus ernstzunehmendes Anliegen, um seine Terminologie und deren
theoretische Grundlagen.
bei
der man sich des Eindrucks nicht erwehren kann, dass es sich nicht um
ein Vorstellen sondern um einen Veriss handelt,
der in der Aussage unsachlich und im Stil von der ersten bis zur
letzten Zeile gehässig wirkt.
Es wird mir nicht klar, was die Autorin dazu veranlasst und wo der
konstruktive Ansatz ihrer Kritik liegen könnte.
Dabei dreht es sich in dem Büchlein um ein für das Fachgebiet Gerätturnen
durchaus ernstzunehmendes Anliegen, um seine Terminologie und deren
theoretische Grundlagen.
Kritisch
muss durchaus eingeräumt werden,
dass
es für das Buch sicher nicht besonders förderlich war, dass sich die
Autoren auf die Turnelemente der Veröffentlichung aus den 70er Jahren
beziehen und nur exemplarisch auf einige Konventionalausdrücke des Code
de Pointage eingehen. Auch die fehlerhafte Beschreibung eines Elements
ist sicher nicht entschuldbar, sie ist aber eben auch keine Katastrophe,
weil nicht die Terminologie den Fehler verursachte sondern die
fehlerhafte Interpretation.
Da die o.g.
Kritikerin
offensichtlich die Bedeutung einer einheitlichen
Turnterminologie nicht sieht, möchte ich aus meiner Sicht einige
Aspekte hervorheben, die durchaus dafür sprechen, eine einheitliche,
deutsche Turnterminologie zu fördern und weiterzuentwickeln.
- Also, turnen kann man
auch so, ohne ein anspruchsvolles Gebilde wie eine Fachsprache und
in der Turnhalle versteht man sich auch, aber in jeder Halle mit
anderen Begriffen, Abkürzungen und einem bestimmten, zum Teil auch
noch mundartlich gefärbten Jargon. Aber schlimmer wird es schon,
wenn man die eigenen vier Wände verlässt und sich mit anderen
Turnfreunden verständigen will. Da prallen die verschiedenen
Bezeichnungen aufeinander und wenn es gar darum geht, eine
Ausschreibung für einen Wettkampf, Normen für Leistungsüberprüfungen
oder bestimmte Tests zu veröffentlichen, beziehungsweise
wissenschaftliche Publikationen
zu schreiben. Dann kommt es zu Ratlosigkeit und Wildwuchs, Missverständnissen
und Fehlinterpretationen. Konventionalausdrücke, obwohl schön
kurz, helfen da auch nicht weiter, denn sie stehen nur für einen
Teil der Turnelemente und haben zum Bewegungsablauf wenig Bezug.
Dabei leben wir im Informationszeitalter. Kommunikation wird groß
geschrieben und das setzt natürlich voraus, das jeder die Sprache
des anderen versteht. Weitaus einfacher ist es, wenn alle die
gleiche Sprache sprechen. Und hier setzt der Vorteil einer
einheitlichen Fachsprache für das Gerätturnen an. Wir haben mit
der Terminologie des Gerätturnens ein
Werkzeug, oder moderner ausgedrückt ein „tool“ das uns
die Kommunikation miteinander,
auf allen Ebenen der Praxis und der Fachwissenschaft erlaubt.
Es kommt nur darauf an, dieses Werkzeug wieder bekannt zu machen,
sicher auch, es den neusten Trends im Gerätturnen anzupassen und
seine fachwissenschaftlichen Grundlagen weiterzuentwickeln.
- Diese Anliegen ist nicht
neu. Die ersten Bezeichnungen von Turngeräten und Übungen gehen
auf Friedrich Ludwig
Jahn zurück. Das muss ja nun, unabhängig von der subjektiven
politischen Einschätzung Jahns anerkannt werden. In der
„Neuzeit“, in den fünfziger Jahren des vorigen
Jahrhunderts machten sich Benedix
und Mügge damit verdient, dass
sie 1952 die „Die Bezeichnungen der Gerätübungen“
herausgaben. 1967 folgte A. Bertram mit seinem Buch „Die
deutsche Turnsprache“. Beide Arbeiten waren ein Fortschritt,
ihnen fehlten aber noch das theoretische Fundament. Deshalb gingen
in den 60er Jahren K. Rieling
und seine Mitarbeiter J. Leirich und
R. Hess, daran,
wissenschaftliche Grundlagen für eine Terminologie des Gerätturnens
zu schaffen. Sie fragten nach den übereinstimmenden Merkmalen in
der Bewegungsstruktur der Turnelemente und nach den ihnen
zugrunde liegenden
Gesetzen. Sie stießen auf die strukturellen Merkmale von solchen
Elementen und ordneten nach diesen klassenbildenden Merkmalen die
Turnelemente in Bewegungsklassen ein. Was ist näherliegend, als
dann zu folgern, was einer gleichen Klasse angehört, sollte auch
gleich benannt werden. Mit dieser so einfachen wie genialen
Konstruktion war sowohl die bis heute gültige Grundlage für die
Klassifizierung von Turnelementen als auch die Voraussetzung für
ihre Bezeichnungen im Rahmen
der Terminologie des Gerätturnens geschaffen.
3.
Jede Sportart hat den Anspruch, wenn man sie wissenschaftlich
betrachtet, auch über eine eigene Fachsprache zu verfügen und hier
haben wir den großen Vorteil, auf Traditionen in Deutschland aufbauen
zu können, wie sie wohl in kaum einem anderen Land vorhanden sind. Ich
sehe darin auch keinen alten „jahnschen“ Bart, sondern einen
Vorteil, der darin besteht, dass man über die Bezeichnung der
Turnelemente auch gleich eine Vorstellung über den Bewegungsablauf
vermittelt bekommt. Da sind wir im Vorteil, wenn ich uns mit Judo
vergleiche, wo jeder Schüler ohne zu murren die japanischen Ausdrücke
in seinem Dojo oder auf seiner Tatami lernen muss, um die Gürtelprüfungen
zu bestehen oder wenn wir auf die Aerobic blicken, wo man ohne „bodycrunches“
und „leftlegs“ nicht auskommt.
- Nun zum Verhältnis der
Turnterminologie zum Code de Pointage.
Hier gehen unsere Auffassungen anscheinend grundlegend auseinander.
Wenn die Autorin schreibt, „dass die
Grundlage für jeden kommunikationswilligen Kampfrichter die in der
dreisprachigen (engl./franz./dt.) Ausgabe des Code de Pointage
verwendeten Begriffe sein müssen“ ( Leon 2005 Nr. 06, S. 27,
Spalte 1, Z. 9 v. unten), dann geht
sie von einer falschen
Position aus, weil sie nicht erkennt, das es sich bei der
Terminologie des Gerätturnens um die Grundlage für die Bezeichnung
der Turnelemente aller Ebenen handelt und die Kommunikation der
Kampfrichter nur ein Anwendungsgebiet darstellt. Die große Menge
der sogenannten wertlosen Teile wird im Code de Pointage gar nicht
behandelt. Das aber ist das Übungsgut des Breitensports und auch
der Jugendklassen im Leistungssport. Es muss also neben dem Code de
Pointage ein weiteres Instrument geben, nach dem alle, auch die
einfachen Turnelemente zweifelsfrei bezeichnet werden können. Sie
beachtet aber auch nicht, dass die deutschen Bezeichnungen der
Elemente in den Fassungen des Code de
Pointage, die bis 2005 gültig waren, immer auf der Grundlage
der deutschsprachigen Turnterminologie erarbeitet und bei höherschwierigen
Elementen entsprechend abgeleitet wurden. Für den gegenwärtig
vorliegenden Entwurf des Code de Pointage, der ab 2006 gültig
werden soll, existieren bisher nur drei Fassungen in englischer,
französischer und spanischer Sprache und nach meiner Kenntnis wird
es das Anliegen der deutschen Fachleute sein, eine entsprechende
deutsche Fassung auf der Basis der gleichen Grundlagen wie bisher zu
herauszubringen. Also auch hier wird
eine terminologische Grundlage benötig, zumal im
internationalen Raum häufig auf eine verbale Kommunikation
verzichtet und auf bildliche Darstellung zurückgegriffen wird.
5.
Für den großen Bereich der breitensportlichen Wettkämpfe
im DTB besteht natürlich ein Bedarf, die erforderlichen
Wettkampfunterlagen wie Aufgabenbücher
und Ausschreibungen von Pflicht-, A- und B-Übungen usw.
terminologisch eindeutig zu fixieren. Jedenfalls ist man sich in der
Technischen Komitee Gerätturnen darüber im Klaren, dass nach
Fertigstellung des Aufgabenbuches und der Pflichtübungen eine
terminologische Überarbeitung ansteht.
6.
Wenn das Gerätturnen in der studentischen Ausbildung und in
der Schule unter anderem zu Gunsten der „Spaßsportarten“ stark
an Boden verloren hat ist das aus der Sicht des Gerätturnens als
Grundsportart mit ihren unbestritten hohen Werten für die Körperliche
Bildung natürlich sehr bedauerlich. Aber das eine vernünftige
Anwendung der Terminologie, immer dann, wenn es darum geht
etwas zu veröffentlichen, dadurch in Frage gestellt wird, halte
ich für falsch.
7.
In der Übungsleiterausbildung streben wir nach höchster
Qualität und haben Qualitätsstandards für die äußeren und inneren
Bedingungen der Ausbildung fixiert. Fachliche Qualität für die Übungsleiter-
und Trainerausbildung im Gerätturnen heißt hier aber auch, die
Grundlagen der Turnterminologie zu beherrschen. Wäre es nicht ein großartiges
Ergebnis, wenn alle Übungsleiter ab
morgen, die gleichen Bezeichnungen der Elemente verwenden würden und
sich auf diese Weise verstehen, Bewegungsvorstellungen anregen und
methodische Konsequenzen für
den Lernprozess ableiten könnten ?
Zum Abschluss
gibt es für mich eigentlich nur eine Konsequenz, die Turnterminologie
als Fachsprache des Gerätturnens und ihre Grundlagen, die Systematik
der Turnelemente unter Berücksichtigung der Anforderungen des
Hochleistungssport und der Belange des Breitensports weiter zu
entwickeln und zu verbreiten, damit die Kommunikationsbasis im
Fachgebiet erhalten bleibt. Die Zuständigkeit für dieses
Aufgabengebiet liegt sicher bei der Sportwissenschaft, für die
Umsetzung ist der Fachverband verantwortlich.
(Nachbemerkung:
Bei späteren
Berührungen mit objektbezogenen Programmiersprachen der EDV ist mir
aufgefallen,
dass hier das gleiche Prinzip herrscht, Objekte werden auf Grund ihrer
Eigenschaften bestimmt, nur dass in der Programmierung der Begriff der
Eigenschaften zum Teil präziser, zum Teil weiter gefasst wird.
Jedenfalls wäre es interessant, dem Gedanken zu folgen und die
Turnelemente auf Grund ihrer Merkmale so zu verschlüsseln, dass sie
EDV-mäßig bearbeitet werden könnten. Wir wissen ja, dass im
Wasserspringen jeder Sprung eindeutig durch eine Kennziffern beschrieben
wird.)
Prof. Dr.
Detlef SCHMIDT,
(Unterschleißheim, den 30.01.2006)
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