Die
Kunstturnweltmeisterschaften 2002 im
ungarischen Debrecen haben in deutlicher Weise die Schwächen und Mängel
der Wertungsvorschriften (WV) im Männerbereich bestätigt. Die WV sind ungenau, ungerecht, unverständlich und damit medien- und publikumsfeindlich und außerdem offen für Manipulationen. Bereits in den Beiträgen von Gisela Bader vom 10.10.2002 und von mir selbst an dieser Stelle (25.09.2002, GYMforum) wurde dies festgestellt. In Ergänzung dazu hier einige Beispiele zu Debrecen. 1) Bei Durchsicht der Siegerlisten ergibt sich folgendes Bild: Boden: Von Rang 1 bis 7 = Differenz 0.150 Punkte Pauschenpferd: Von Rang 1 bis 7 = Differenz 0.162 Punkte Ringe: Von Rang 1 bis8 = Differenz 0.175 Punkte Sprung: Von Rang 1 bis 8 = Differenz 0.606 Punkte Barren: Von Rang 1 bis 7 = Differenz 0.325 Punkte Reck: Von Rang 1 bis 6 = Differenz 0.075 Punkte. Diese Zahlen sprechen für sich. Genauigkeit und Gerechtigkeit lassen sich hiervon nicht ableiten. Eine veränderte Wertung um 0.05 bzw. 0.10 Punkte kann die gesamte Rangfolge auf den Kopf stellen. Eine andere Wertung mit größeren Abweichungen ist bewusst oder unbewusst in überflüssiger Weise auch nach der WV möglich. Das haben wir Jahrzehnte lang erlebt. Die Fixierung auf die Maximalnote 10.0 verschärft die Sache zusätzlich. 2) Offensichtlich wurde auch diesmal nicht in allen Fällen der Richtige zum Weltmeister gekürt. Große Diskussionen löste z.B. das Finale am Pauschenpferd zwischen Urzica und Xiao Quin aus. Viele Insider sahen den Chinesen vorne. Auch an den Ringen haben einige den Heimvorteil für Csollany als Grund für seinen Sieg gegen Jowtschew gesehen. Dagegen erschien der Sieg von Maras am Reck als völlig unverständlich, auch dann, wenn nach der derzeitigen WV bereits 1 Flugelement ausreicht. Diese Misere der ständigen Diskussionen über den jeweils wahren Sieger ist einer der gefährlichsten Faktoren für unsere Sportart. Publikum und Medien reagieren mit Unverständnis, wenn sie merken, dass dort geschoben und betrogen wird. Abgesehen von der Tatsache, dass noch immer nicht die genaue Wertigkeit einer Leistung und eine bessere Leistungsdifferenzierung in Punkten festgestellt wird, sondern gemäß einer Mindestanforderung von der Maximalnote 10.0 ausgegangen wird, erscheint hier als Problem das zu große Übergewicht der B-Kampfrichter. Diese machen dann jeweils den Weltmeister unter sich aus. Eine unhaltbare Situation. Resümee Der letzte sich in Deutschland noch mit Turnen befassende Sender "Eurosport" hat erfreulicher Weise ausführlich aus Debrecen gesendet. Dabei wurde durchaus durch die Kommentatoren Sigi Heinrich und den kompetenten Silvio Kroll fachgerecht erläutert und ergänzt. Insider werden sich wohl schmunzelnd zurückgelegt haben, wenn beide den Zuschauern versucht haben zu erklären, warum diese oder jene Übung höher bewertet wurde oder dieser und nicht jener Turner Weltmeister wurde. Dabei wählten sie aus erklärten Gründen (siehe 1 und 2) das simpelste aller möglichen Mittel: Vielleicht hatte der Turner A einen Ausgangswert von 10.60 Punkten gegenüber Turner B von nur 10.50 Punkten..... Dies könnte den Ausschlag gegeben haben!! Bernard Schwermann |
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