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Offener Brief Liebe Turnsportgemeinde, mein Name
ist Stacy Maloney. Sie kennen mich vielleicht als
langjährigen Trainer von Paul und Morgan Hamm an der "Swiss Turners
Gymnastics Academy" in Wisconsin. Ich muss unbedingt über einige
unglaublich wichtigen Dinge sprechen, die uns alle in der
Turngemeinschaft betreffen! Unser
aller Leben in dieser Sportart ist dabei, sich zu verändern und ich
weiß nicht, ob bereits alle von Ihnen begreifen, was das für
negative Veränderungen sein werden! Der Internationale Turnerbund
FIG ist gerade in der Schlussphase der Neufassung der
Internationalen Wertungsbestimmungen (Code), die die Abschaffung des
traditionellen 10er-Systems bedeutet. Ein nach oben offener Code
soll kommen, das heißt, da ist keine Grenze mehr, wie hoch ein
Turner punkten kann. Die Schwierigkeiten werden zwischen 0,1 und
1,0 bewertet und zwischen A- und G-Teilen beschriftet. Eine
Turnwertung soll sich dann aus der Addition zweier Komponenten
zusammensetzen, der "Ausführung" (- max. 10 Punkte) und der Addition
der 10 schwierigsten Wertteile plus möglicher Bonus-Punkte durch
Verbindungen. |
Dieses neue System wird drei Dinge
bewirken: >> Erstens, wird es eine extreme
Zunahme von Schwierigkeitsteilen in einer an sich schon brutalen und
gefährlichen Sportart fördern - und uns in den Bereich eines
Extremsports bringen. Zusätzlich zu der gigantischen Erhöhung der
Wahrscheinlichkeit ernsthafter Verletzungen unserer Turner, wird
dieser neue offene Code auch dem Turnen seine ästhetische Schönheit
rauben.
>>
Zweitens, wird es zu einer
Desorientierung der Zuschauer führen, deren einziger Anhaltspunkt
bei dem, was sie bei einer Veranstaltung sehen, ist, wie nahe eine
Wertung an die 10,0 rankommt. Darüber hinaus wird das neue
Wertungssystem die Öffentlichkeit verwirren, da dieses es den
Turnern sogar ermöglicht, bei einem Wettkampf zurückzufallen oder
ganz abzuspringen, sich zu erholen, dann wieder aufzustehen, eine
Masse an Schwierigkeiten gedrängt zu präsentieren und damit zu
gewinnen! Mit dem neuen nach oben offenen Code könnte es für einen
Turner möglich sein, einen Mehrkampf zu gewinnen, ohne überhaupt
alle 6 Geräte geturnt zu haben. Wie soll die Öffentlichkeit, unsere
Kunden, darauf reagieren? Ich kann dies nicht beantworten. Man
könnte mal versuchen, beim Fußball das Bewertungssystem zu ändern
und zu sehen, was die Leute machen. Leider werden in unserem Fall
beim Turnen die Leute schlicht und einfach abschalten.
>>
Drittens, denken Sie darüber nach, wie eine solch
grundlegende Veränderung Ihre eigene Arbeit beeinflussen wird -
stellen Sie sich mal vor, dieses allen Eltern und Kindern zu
erklären. Es wird höchstwahrscheinlich unsere Existenz in
negativer Weise beeinflussen.
"Dieses System wird eine extreme Zunahme von
Schwierigkeitsteilen in einer an sich schon brutalen und
gefährlichen Sportart fördern - und uns in den Bereich des
Extremsports
bringen." |
Wie könnte dies
passieren? Weil niemand den Mut hat,
die Stimme zu erheben und irgendwas dagegen zu unternehmen. Ich
hoffe, dass man zumindest nicht ohne Kampf
untergeht.
Bitte leiten Sie diesen Brief weiter an
alle Trainer, die Sie kennen. Alle, die schweigen, sind für den
neuen "nach oben offenen" Code, da kein Widerstand das ist, was die
FIG-Eiferer brauchen, um diesen erfolgreich durchzubringen (bitte
beachten Sie, die FIG setzt sich über ihre eigene weltweite Umfrage
hinweg, in welcher 88% der Teilnehmer für den Erhalt des momentanen
10,0- Codes waren). Also handeln Sie jetzt oder bereiten Sie sich
auf den "Tag des jüngsten Gerichts"- Code vor. Handeln Sie heute! Genau jetzt!
Am Ende möchte ich
alle Turner, Turnerinnen, Trainer und Turn-Enthusiasten weltweit,
welche diesen neuen Code nicht haben wollen, ermutigen,
aufzustehen und inbrünstig ihre Meinungen ihrem jeweiligen Verband
mitzuteilen. Eine Stimme hat viel Macht, wenn sie mit Ehre,
Leidenschaft und Mut widerhallt.
Mit dem größtem Respekt, Stacy
Maloney Maloney,
ein ehemaliges Mitglied der US- Nationalmannschaft, war 13 Jahre
lang Trainer von den Medaillengewinnern bei Weltmeisterschaften und
Olympischen Spielen Paul und Morgan Hamm. Momentan ist er
Cheftrainer und Besitzer des Clubs "Swiss Turners Gymnastics" in
Milwaukee, Wis. Er wurde vom US- Turnverband USAG als Trainer des
Jahres 2003-2004 für das Männerturnen
ernannt.
Übersetzt von Lisa Worthmann |