Auch wenn in der Sportart
Kunstturnen die Startplätz für die Olympischen Spiele anhand des Mannschaftsergebnisses
der vorangegangen Weltmeisterschaften vergeben werden, ist Kunstturnen eine
Einzelsportart, d.h. das Mannschaftsergebnis ermittelt sich aus der Addition von
Einzelergebnissen. Die deutsche Mannschaft
belegte den 15.Rang bei den Weltmeisterschaften im Oktober 1999 in der VR China und hat
damit die Qualifikation als Mannschaft verfehlt (Platz 1-12). Aufgrund der erreichten
Mannschaftsplazierung stehen Deutschland aber zwei Einzelstartplätze nach den Kriterien
des Internationalen Turnerbundes (FIG) zu.
Vom Nationalen Olympischen Komitee für Deutschland wurden
auf Vorschlag des Deutschen Sportbundes folgende Kriterien eines Leistunggsnachweises bei
den Europameisterschaften im Mai 2000 für einen möglichen Einzelstart bei den
Olympischen Spielen festgelegt:
- Platz 10 im Mehrkampf
oder
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- Platz 6 in einem Gerätefinale
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Alle Verantwortlichen waren sich
einig, daß diese Kriterien für die deutschen Turnerinnen eine sehr hohe Anforderung
darstellen, zumal
- ein gleichwertiges Ergebnis bei den letzten 5
Europameisterschaften seit 1990 nicht mehr erreicht werden konnte, und
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- Platz 10 im Mehrkampf aufgrund der Tatsache, daß die
Weltelite im weiblichen Kunstturnen mehrheitlich aus Europa stammt, nur schwer
realisierbar sein würde.
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Die Turnerinnen haben trotzdem
bei den Europameisterschaften im Mehrkampf die Plätze 12 und 15 belegt (- detaillierte
Einzelanalyse wurde vorgelegt).
ANTRAG:
Der Deutsche Turner-Bund bittet trotzdem darum, die beiden Turnerinnen Birgit
Schweigert und Dagmar Fehrenschild nach SYdney zu entsenden. Folgende Gründe sollten
dabei berücksichtigt werden:
Deutschland ist das Mutterland des
Kunstturnens. Es sollte auch bei den Frauen vertreten sein.
Der Deutsche Turner-Bund hat jahrelang unter
der nationalen und internationalen Kritik am Kunstturnen der Frauen gestanden. Die
deutschen Kunstturnerinnen haben in mehrfacher Hinsicht ständig darunter leiden müssen.
Daher hat der Deutsche Turner-Bund über die
Finanzierung durch das Bundesministerium des Innern mit Hilfe des Bundesinstituts für
Sportwissenschaft eine Studie zu "Belastungen und Risiken im Kunstturnen der
Frauen"durchführen lassen, um durch eine wissenschaftliche Untersuchung Klarhei
über die Problematik zu gewinnen.
Die seinerzeit plakativ in der veröffentlichten Meinung angeführten Behauptungen,
daß die jungen Kunstturnerinnen "Belastungen ausgesetzt seien, wie Kinder in den
Bergwerken des 19.Jahrhunderts" konnten sowohl retrospektiv als auch prospektiv im
orthopädisch-biomechanischen Bereich restlos widerlegt werden.
Die sich aus der seinerzeit bereits laufenden Studie ergebende
Anschlußuntersuchungen über die psycho-sozialen Aspekte konnten ebenfalls zu Beginn
dieses Jahres zum Abschluß gebracht werden und stellt den handelnden Personen in dieser
Sportart ein positives Testat unter der Maßgabe des humanen Spitzensports aus.
Vor diesem nunmehr auch wissenschaftlich fundiert abgesicherten Hintergrund und der
Tatsache, daß es der Deutesche Turner-Bund war, der auch das internationale Technische
Reglement insbesondere hinsichtlich der Erhöhung des Startalters international von 15 auf
16 Jahren durchsetzen konnte, käme die Nichtentsendung von Turnerinnen zu Olympischen
Spielen quasi einem "Abbruch" der nachgewiesenen Aufwärtsentwicklung der
Turnerinnen gleich.
Der Deutsche Turner-Bund sieht sich vor der allgemeinen Öffentlichkeit
gerechtfertigt, vor den Eltern und Kindern sowie vor den Verantwortlichen der Politik,
daß er einen Hochleistungssport im Kunstturnen der Frauen und Mädchen unter einer
humanen Ethik bereits im Kindesalter anbietet und fördert. Die Teilnahme an den
Olympischen Spielen als höchstes Ziel aller Athleten sollte auc für die uns anvertrauten
jungen Turnerinnen möglich bleiben, dami weiterhin auch für die Nachwuchsförderung ein
wichtiger Anreiz bestehen bleibt.
(DTB-Argumente vor NOK-Präsidium)
(Siehe auch "Die gläserne Turnerin..."; Argumente der
Fam.Schweigert, die dem DTB vor der NOK-Sitzung zugearbeitet wurden.) |