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12-Oct-2000

ANALYSE DER OLYMPISCHEN TRAMPOLINPREMIERE 2000
- von FIG-TK Präsident Horst Kunze (Rinteln, Germany)

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Meine TK-Kollegen und ich waren natürlich auch   überwältigt von der Zuschauerresonanz im Superdome von Sydney. Über 10.000 begeisterte Zuschauer, das ist schon was.  Das unsere Athleten diesem Druck standhalten konnten und exzellenten Sport boten, beweist eigentlich nur ihre Klasse und zeigt, daß sie ins olympische Programm gehören.
Der erste olympische Wettkampf:

Auch der Wettkampfausgang hätte in einem Drehbuch ja nicht besser geplant werden können. Meine Sorge, daß das Zuschauerinteresse während des Wettkampfes abnehmen könnte, weil wir den Wettkampfablauf auf zwei Stunden planen mußten und dazu noch total auf das Fernsehen abgestimmt, erwies sich - da alle Zeitlupen auch in der Halle zu sehen waren - als unbegründet. Schön das dies alles vor den Augen des Exekutiv Komitees der FIG und den IOC-Vertretern geschah. Wir haben ihnen ja einiges zu verdanken und konnten auf diese Weise das in uns gesetzte Vertrauen rechtfertigen. Nach zwei Tagen der hochgehenden Emotionen haben wir uns dann wieder besonnen und eine recht nüchterne Analyse vorgenommen.

Der Wettkampfablauf:

Mir war immer klar, daß es eigentlich nicht angehen kann, daß wir einen Großteil des Programms mit Einturnen bestreiten. Dies läuft sämtlichen Planungen zuwider, die wir für die Finalveranstaltungen unserer Weltmeisterschaften durchgesetzt haben. Das SOCOG wollte aber unsere Wettkämpfe an zwei Abenden je zweistündig im Superdome verkaufen und so einigte ich mich bereits 1998, noch vor der Auflösung von FIT, mit SOCOG auf diesen Programmablauf. Ich war bis zuletzt skeptisch, daß
das Publikum über die ganze Veranstaltung hin interessiert bleiben würde, daß es so begeistert reagierte, ist für mich ein Phänomen von Olympia oder vielmehr der Zuschauer in Sydney, die auch bei anderen Veranstaltungen, die ich besuchen konnte, ähnlich mitgingen. Ob dies auch in Athen so ablaufen wird, steht noch in den Sternen. Wir hoffen ja noch auf eine Aufstockung unserer Teilnehmer, auch vielleicht auf die Einbindung des Synchronturnens, das wir  vor den Siegerehrungen präsentieren konnten und   das gut bei den Verantwortlichen beim IOC und FIG angekommen ist.

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Das Leistungsniveau:

Das war mit dem Finale einer Weltmeisterschaft gleichzusetzen, die letzten World Cups deuteten schon an, daß alle Qualifikanten hart gearbeitet hatten!

Die Kampfrichter:

Ich würde sagen, wir hatten ein glückliches Händchen mit der Nominierung der Haltungskampfrichter. Die Vorbereitung vor Ort lief bestens, allen Kampfrichtern war klar, daß auch sie auf dem Präsentierteller stehen.
Auch nach eingehender Videoanalyse des Wettkampfes müssen wir sagen, sie haben ihre Sache gut gemacht, wenn auch Stimmen von  ein oder zwei Wettkämpfern laut wurden, die meinten, manchmal etwas schlechter als andere weggekommen zu sein.
Letztlich sind wir, bei noch so guter Schulung, von subjektiven Bewertungen abhängig, obwohl sich alle Kampfrichter, dessen bin ich sicher, bemüht haben, so objektiv wie möglich zu sein.

Der Qualifikationsmodus:

Bei nur 2 x 12 Wettkämpfer(innen) sehe ich auch in der Zukunft keinen anderen Modus. Es bleibt nur zu überlegen, ob wir nicht für alle Qualifkationsplätze den Ländern die Nominierung freigeben, nicht nur für die Länder, die zwei Plätze im Finale der WM belegen. Ob an der Anzahl der Teilnehmer etwas zu verändern ist, werden Verhandlungen der FIG mit dem IOC zeigen.

Die Medien:

Selten - abgesehen von den Welt Cups in Deutschland unter dem ehemaligen DSF-Vertrag  - wurde eine Veranstaltung so minutiös mit dem Fernsehen zusammen geplant und  noch nie wurde mit so vielen Kameras aufgenommen. Wie ich schon eingangs sagte, trugen die Zeitlupenaufnahmen in der Halle mit dazu bei, die Begeisterung des Publikums zu erhalten.
Was aber wurde weltweit davon gezeigt ?
BBC 2 zeigte den Wettkampf am Freitag live!
In Rußland lief die gesamte Veranstaltung des zweiten Wettkampftages - in Deutschland ein kurzer Bericht vom ersten Wettkampftag, dann war ein vollständiger Bericht am Samstag geplant, die Kommentatoren waren auch da, brachen aber ab, als sich herausstellte, daß der deutsche Wettkämpfer nicht im Finale war.
Was sonst international gelaufen ist, darüber  werden wir noch die Statistiken der weltweiten Übertragungen bekommen, auch das IOC wird diese natürlich studieren. Die schreibende Presse war nach der Meinung der Medienvertreterin der FIG außerordentlich gut vertreten, ebenso die Photographen. Die Berichte von GYMmedia habe ich schon in Sydney auf dem Computer verfolgt.

Als Fazit kann man sagen, daß es uns gelungen ist, unsere attraktive Sportart gut in Szene zu setzten und zu verkaufen, wofür wir natürlich unseren Athleten, die dies mit ihren Leistungen möglich gemacht haben, nicht genügend danken können, aber sie werden es natürlich vor dieser gewaltigen Kulisse auch gespürt haben, daß sie ankamen. Ob und wie weit unsere von uns geliebte Randsportart, das sehen wir ganz nüchtern so, bei den Medien und dem IOC angekommen ist, wird die nächste Zukunft erweisen, wenn es in die Vorbereitungen und Verhandlungen für Athen geht.

Zur Wertung des Abschneiden deutscher Trampoliner...:

...natürlich tue ich das ungern, weil ich ja im DTB keine verantwortliche Position mehr habe und damit  selbst außerhalb der Kritik stehe. Aber vielleicht ganz wertneutral aus der Sicht des TK Präsidenten, der alle Wettkämpfer - so viele waren es ja nicht - in Sydney per Handschlag begrüßte und sich mit allen unterhalten hat:
Anna Dogonaze-Lilkendey war, für jeden in der Nähe offensichtlich, krank. Ihre Leistung im Vorkampf, die ihr die Führung und damit die letzte Startposition im Finale einbrachte, war eigentlich, nach den Tagen mit Fieber, phänomenal und zeigte, wie gut ihre Vorbereitung gewesen sein muß! Wer aber ihr Gesicht nach der Vorkampfkür auf dem Bildschirm gesehen hat, wußte, daß sie völlig erschöpft sein mußte und konnte eigentlich nicht auf ein zweites Wunder wie im Vorkampf hoffen, zumal sie für einen Medaillenrang, nach den Leistungen der drei Führenden zu diesem Zeitpunkt, noch einmal voll angreifen mußte. Ich ziehe den Hut vor ihrer Leistung!

Michael Serth hat nicht schlecht geturnt, die Pflicht gehörte zu den besten Übungen, nur hat er wohl den Startplatz 1 in der Kür unterschätzt, nicht daß die Kampfrichter noch zurückhaltend in der Wertung waren, dies kann durchaus geschehen, war aber in der Pflicht nicht der Fall und wohl auch in der Kür unerheblich. Er hat jedenfalls den anderen nichts „vor den Latz geknallt“, sondern nur sicher und gut geturnt. Zu hoch oder zu tief gepokert, wie sich herausstellte, da die anderen Mitbewerber um einen Finalplatz um jedes Zehntel Pünktchen kämpften. Pech für Michael mit 2/10 Punkten das Finale zu verpassen, in das er nach der Papierform und dem Stand seiner Vorbereitung sicherlich gehörte.
Vom Abschneiden, sprich Platzierung,  der beiden deutschen Teilnehmer in Sydney, kann man sicherlich nicht auf die Situation im Trampolinturnen in Deutschland schließen. Ich meine, die deutschen Trampoliner gehören noch immer zur Weltspitze. Dies zeigte ja auch die Qualifikation für Sydney. Zwei Finalplätze bei den Frauen bei der letzten WM gab das Recht zur freien Nominierung. Der Finalplatz bei den Herren wurde durch einen zwölften Rang untermauert.

Es qualifizierten sich eben nicht, wie bei einigen anderen Nationen, die Nummer 18 oder 23, weil nur jeweils ein Athlet pro Nation zugelassen ist und damit  15 bis 20 bessere ausfallen müssen.

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16. - 22. October 2000

Die 17. Europameisterschaften in Eindhoven, Holland, im Oktober 2000, werden dies wieder ins rechte Licht rücken. Ich erwarte bei Frauen und Männern zwei starke deutsche Mannschaften.


Zur Situation bei den Turnern (in Deutschland. die Red.) kann ich nur wenig sagen.
Mir hat der Artikel von Herrn Bauch gefallen. (Anm. Red.: siehe GYMforum: "Turnen hat Zukunft", von Rolf Bauch, langjähriger internationaler Kampfrichter)

Ich bin der Meinung, der DTB sollte sich international mehr in die Diskussion um den Code of Points einmischen. Dieser entfernt sich immer mehr vom Turnen, wie es vielleicht in Deutschland verstanden wird. Ein kontinuierlicher Aufbau, über verschiedene Altersstufen hinweg,  erscheint nicht mehr möglich. Viele Techniken, Übungsteile und Handlungsfertigkeiten sind nicht mehr gefragt. Eine Konzentration auf Bonuspunkte, um den Ausgangswert 10,0 zu erreichen, kann vielleicht nur noch in wenigen Nationen, mit wenigen Spezialisten und noch weniger Vereinen, erreicht werden. Dies wird dem Turnen in Zukunft die Basis entziehen. Irgendwann vielleicht auch die Medien.

Horst Kunze
Präsident des Technischen Komitees Trampolinturnen
der FIG

Rinteln, 12-Oct-200 

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Update: 12-Oct-2000