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TURNEN hat ZUKUNFT!
( - ein Beitrag von Rolf Bauch, langjähriger
internationaler Kampfrichter, Potsdam)
Die
von GYMforum aufgeworfene Frage "Ist der deutsche Turnsport noch zu retten...?"
ist tatsächlich provokant. Beabsichtigt wird damit aber sicherlich zu überlegen, nicht
ob, sondern w i e das deutsche Turnen (Gerätturnen) wieder vorangebracht werden kann.
Dafür hat der Deutsche Turntag 1998 in seiner "Lübecker Erklärung" eine
Richtung gewiesen:
1. "Kinderturnen
zum Markenzeichen der Turnbewegung" zu entwickeln und
2. Unsere
"Kernsportart Gerätturnen" wieder zur unverzichtbaren Grundsportart werden zu
lassen.
Es wäre eventuell noch deutlicher gewesen, anstatt Gerätturnen "TURNEN" zu
formulieren.
Damit könnte den zuständigen Instanzen der Kultusministerien in den
Bundesländern unsere Forderung unterstrichen werden, dass die "Turnstunde" in
den Sportunterricht jeder Schule gehört, schon deswegen, weil damit die Verminderung von
Haltungsschäden und anderer gesundheitlicher Defizite bei unseren Jüngsten gefördert
werden kann.
Den Forderungen entsprechend hat der Turntag in Lübeck die neue Satzung des DTB, nach
langer Diskussion, beschlossen. Hauptsächlich wird damit eine wesentliche Veränderung
und Verbesserung der Struktur unseres großen Bundes angestrebt. Der Anachronismus
Kunstturnen wurde dadurch beseitigt. Sicherlich nicht nur deswegen, weil andere große
Verbände von vornherein auf solche Konstrukte verzichtet hatten und etwa
"Kunstfußball" oder "Kunstleichtathletik" nicht betrieben haben,
sondern erkannt wurde, dass die Aufspaltung unserer Sportart viel mehr geschadet als
genutzt hat. Die Starterfelder bei Deutschen Meisterschaften, erst recht bei den
Qualifikationen in einer Vielzahl unserer Landesverbände, sprechen diesbezüglich eine
deutliche Sprache.
Es ist nötig und sollte zu schaffen sein, dass in allen Turnvereinen tatsächlich geturnt
wird.
Die neue, einheitlichere Struktur kann dabei helfen, diese Basis zu verbreitern und die
Perspektiven für das deutsche Turnen zu verbessern. Das verlangt aber von unseren
Vereinen, dazu in der Lage zu sein, und die Aufgabe übernehmen zu können,
"Kinderturnen" als Markenzeichen der Turnbewegung zu entwickeln. Da werden noch
verschiedene Auffassungen aufeinanderprallen und das übliche Kompetenzgerangel auch nicht
so leicht ad acta zu legen sein. Die Leitungen des DTB sollten aber energisch daran gehen,
die Sache sowohl systematisch als auch ökonomisch voranzubringen.
Im Turnen muss früh begonnen und entwickelt werden, da braucht es auch frühes Fördern
(Investieren).
Den aktuellen Fördersystemen des deutschen Sports nur nachzueifern, reicht nicht
aus. Das hat einer unserer Nachwuchs-Honorartrainer recht zutreffend beschrieben:
"Wir sind in unserer Sportart und ihrer Besonderheit nicht in der Lage, mit der
Förderung erst einzusetzen, wenn die Leistung schon erbracht ist. Sonst könnten wir
unseren Landwirten auch vorschlagen, mit dem Mästen der Gänse erst zu beginnen, wenn sie
fett sind." Was soll das heißen?
Die Turnförderung muss im Verein beginnen und das
DTB-Stützpunktsystem verbreitert werden.
Diese "vereinsneutrale
Talentförderung" stellt dem DTB eine große Aufgabe. Der mit beinahe 5 Millionen
Mitgliedern zweitgrößte deutsche Spitzenverband kann sie lösen. Wo geturnt wird, finden
auch Wettkämpfe statt. Die unterschiedlichen Programme dafür haben eine Erneuerung bzw.
Weiterentwicklung nötig. Manches kann vereinfacht werden, um klare Verhältnisse in den
Altersbereichen und der Leistungsorientierung zu schaffen. In gleichen
Altersbereichen aber zentrale Wettkämpfe als Meisterschaften für "weniger
Trainierende" im Gegensatz zu "viel Trainierenden" anzubieten, dürfte
dafür nicht geeignet sein. Die willkürlichen Unterschiede sind doch gerade eines der
Probleme, mit der neuen Satzung beseitigt werden sollen.
Echte Meisterschaften, der Schüler, der Jugend, der Junioren, der Senioren und
Altersmeisterschaften, wie in anderen Sportarten längst selbstverständlich, die
muss es
bald geben. Eine Hilfestellung dafür kann eine überschaubare und weitest einheitliche
Bewertung gut leisten. Das nutzt unserer Popularität, verhindert ein weiteres Vertreiben
der Öffentlichkeit und Medien und füllt die Turn- und Wettkampfhallen.
Die deutsche Turnbewegung und ihre
Leistungen sind nicht am Ende.
Das deutsche Turnen ist also noch zu retten und das war wohl auch vom "GYMforum"
mit seiner Fragestellung beabsichtigt.
Rolf
Bauch/Potsdam |