Cottbuser Nachlese
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"Mädels, lasst Euch nicht unterkriegen....."

( - zur Motivation im deutschen Frauenturnen und zu den deutschen "Erbsenzählern"
von Hans-Jürgen Zeume und Eckhard Herholz)

. ..... diese Aufmunterung an das deutsche Frauenturnen kam am Rande der Cottbuser Turnbühne von Angelika Keilig, in den siebziger Jahren als Fräulein Hellmann selbst eine der weltbesten Turnerinnen. ( u.a. Sprung-Europameisterin 1973, WM-Mehrkampf-Dritte 1974 und olympisches Silber mit dem DDR-Team 1972).
Sie war aus dem Ostseebad Zinnowitz gekommen, um wieder mal ganz eng am Turnen dran zu sein. Nach den WM 1994 hatte man für die Nationalmannschafts- Choreographin keinen Platz mehr im Team. Ihre menschliche, mütterliche Art, mit den Mädels umzugehen, war eines ihrer Merkmale neben ihrer hohen Kreativität und ihrem ungebremsten Engagement. Heute verdingt sie sich als Fitnesstrainerin in einem großen Hotel, um Mann und zwei Kinder ernähren zu können. Turnerinnen-Schicksal. Aber sie gehört auch dem Beirat des Turnfestes 2002 bei. Den Kopf hat sie niemals hängen gelassen. Das ist nicht ihre Natur.

Cottbus 2000
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Ljubow Burda-Andrianowa und
Angelika Keilig-Hellmann

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"Ich mache weiter, weil ich das Turnen liebe", sagte z.B Gritt Hofmann, die heute in dem gleichen Hohenschönhausener Saal trainiert wie einst die Angelika, die eine der ausdrucksstärksten Turnerin war, die das deutsche Turnen je besaß und später auch seine beste Choreographin. "Du schaffst das vielleicht", machte auch Yvonne Pioch der kleinen Katja Abel Mut und fuhr zu deren Wettkampf, wenn diese auch nur außer Konkurrenz turnte, nach Cottbus. Yvonne hatte nach ihrer Rückkehr aus Atlanta 1996 die Mädchen mit ihren Berichten angespornt, auch einmal auf olympischer Bühne zu turnen. Sie war die vorläufig letzte deutsche Olympiaturnerin. Die ersten waren jene Mädchen von 1936, die damals in Berlin die Goldmedaille gewannen....

Dieser Zusammenhalt der alten Meisterinnen mit den "letzten Mohikanerinnen" ist imponierend. Die Mädchen von heute merken, daß man sie nicht im Stich läßt, daß man sich für sie noch interessiert, auch wenn die Olympia-Normen des Bundes-Ausschusses für Leistungssport BL des DSB und des NOK für Deutschland unrealistisch und lebensfremd sind!
Eigentlich sind sie unfair und erinnern verdammt an die knallharten Zeiten des ewald'schen DDR-Systems. Würde und Größe scheinen keine Rolle mehr zu spielen, die scheinen Medaillen- und Erbsenzähler nicht zu kennen, sonst würden sie nämlich berücksichtigen, dass die Karrieren der jugendlichen Turnerinnen äusserst kurz sind, dass diese höchste und komplexe Aufwendungen betreiben, um sich den Anforderungen zu stellen und dass ein Fernbleiben vom olympischen Podeste das gänzliche Aus vom internationalen Turngeschehen bedeuten würde.

Vergleichbare olympische Normen in der Leichtathletik etwa, für Werferinnen oder im 100m-Lauf,  reichten u.U. nicht einmal für Zwischenäufe bzw. - vorrunden. Von den deutschen Turnmädels aber verlangt man bei der ungeheuren europäischen Leistung-Dominanz unrealistische Finalplatzierungen zur EM im Mai in Paris unter den besten Sechs (!) pro Gerät, bzw. unter den Top Ten im Mehrkampf.
Die Erläuterung solcher Zusammenhänge für die Damen und Herren des NOK -in dem schliesslich auch ehemalige Olympioniken sitzen - sollte umgehend zur Chefsache des DTB-Präsidenten gemacht werden!

Apropos, Motivation: Birgit Schweigert, das Kölner Mädchen aus dem Bergischen Land, hat am Wochenende fern von Cottbus für Aufsehen gesorgt. Es war kein Erbsenknall, das war schon eine kleine Leuchtrakete. Die Nachricht von ihrem Mehrkampfsieg in Pottsville/USA über Olympiasiegerin und Ex-Weltmeisterin Oksana Tschussowitina/UZB platzte in das Cottbuser Abschlußbankett!

Was nun?

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Sind die deutschen Mädels aufgewacht, haben sie erhobenen Hauptes erkannt, daß man nicht aufgeben sollte? Fast scheint es. Dagmar Fehrenschildts Barrenfinale-Einzug und Katja Abels feine Balkenübung - wenn auch ausser Konkurrenz im Cottbuser Weltcupfinale, die ihr sonst die gleichen Finalrechte eingeräumt hätten -  sind zwei weitere Mutmacher.
"Mädels, lasst Euch nicht unterkriegen." Ein couragiertes Wort  einer Grandè Dame des Turnens an die junge Meisterin und die anderen leisen Hoffnungen, von der Spree und aus dem Hoffnungstal.

Hans-Jürgen Zeume/Eckhard Herholz

Zur Problematik "deutsche Olympianorm" erreichte uns ein Statement der
TK-Vorsitzenden des DTB Ursula Koch:


Ursula Koch
- Vorsitzende des Technischen Komitees Frauen des Deutschen Turner-Bundes

"Die enorm hohe Norm zur Qualifikation zweier deutscher Turnerinnen für die Olympischen Spiele ist demotivierend und ernüchternd. Als TK-Vorsitzende der Turnerinnen werde ich alles in meiner Macht stehende unternehmen, um die zwei international erturnten Olympiaplätze zu besetzen. Nur 4 Nationen in der Welt haben sich in China 1999 die Möglichkeit erturnt, zwei Einzelstarterinnen nach Olympia zu schicken. Es wäre fatal für das deutsche Frauenturnen, nicht an den Start zu gehen. Der Anschluß an das Weltniveau darf nicht verloren gehen. Unsere besten Turnerinnen haben schon in diesem jahr auf den internationalen Turnieren beweisen können, dass sie Deutschland würdig vertreten werden. Unsere Absicht und verbandpolitisch unterstrichenes Ziel, die Karrieren der Turnerinnen zu
verlängern wird durch das Ansetzen fast utopischer Normen zunichte gemacht. Dieses müssen und wollen wir verhindern."

Ursula Koch

 

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29-03-2000
- ehe -