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![](bauch_rolf_01.jpg)
Rolf Bauch, Potsdam
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Rolf
Bauch ist der mit Abstand
dienstälteste internationale
Kampfrichter, besitzt 11 Brevets (K.-H. Zschocke und Boris
Schachlin besitzen 8 Brevets) und ist Ehrenkampfrichter der
F.I.G..
Von 1958 bis 1996 war er als Kampfrichter 9x bei Olympischen
Spielen (Rom bis Atlanta), 14 Mal bei Weltmeisterschaften und
zweimal im Weltcupfinale eingesetzt. Dazu kommen noch zahlreiche
EM bei Senioren und Junioren.
Von 1962 bis 1990 war er oberster Kampfrichter des DTV der DDR,
arbeitete 10 Jahre als Vorsitzender des Trainerrates (männl.+
weibl.) uns war über 30 Jahre lang Cheftrainer des ASK Potsdam.
In dieser Zeit errangen Potsdamer |
Athleten 22 Medaillen bei
Olympischen Spielen, Welt- und Europameisterschaften. Bekannteste
Turner sind Olympiasieger Holger Behrendt und die Weltmeister Jörg
Behrend und Ralf Büchner. |
Der Präsident der
UEG Klaus Lotz hat sich nach seiner Wiederwahl beim 18. Kongress der UEG
zum absteigenden Trend unserer Sportart geäußert und aufgefordert, dem
entgegenzuwirken.
Zu den aktuellen
Unzulässigkeiten, die der Attraktivität des Turnens schaden, gehören
auch die zu „komplizierten Wertungsvorschriften“. Sie tragen
tatsächlich dazu bei, das Interesse und die Begeisterung des Publikums
und der Medien am Kunstturnen zu vermindern, obwohl das natürlich nicht
beabsichtigt ist.
Die Wertungsvorschriften in der jetzigen
Struktur existieren eigentlich erst seit 1964. Damit konnten
Auffassungsdifferenzen, die zu Fehlurteilen bei den Wettkämpfen Führten,
weitgehend beseitigt werden. Neben der Objektivierung und
Vereinheitlichung stand seitdem als Grundsatz in jeder Überarbeitung
(bisher zehnmal!),
dass Ziel und Zweck der
Wertungsvorschriften darin bestehen, für alle Ebenen, regionaler und
internationaler Wettkämpfe, ein objektives Mittel zur Bewertung von
Wettkampfführungen bereitzustellen, um damit zu einer einheitlichen
(totalen) Bewertung im Gerätturnen zu kommen, die weltweit angewandt
werden soll und kann.
Bedauerlicherweise
hat sich beinahe jede Neufassung der WV weiter von diesem Ziel entfernt
und dazu beigetragen, eine einheitliche Anwendung in Frage zu stellen.
Diese Problematik ist längst
erkannt. Überlegungen darüber, wie ideale Wertungsvorschriften endlich
zustande gebracht werden können gibt es. Neben vielen Turnexperten, die
sich dazu geäußert haben, sind die Standpunkte Hardy Finks (CAN) , TKM-Mitglied
und vorher, von 1996 bis 2000 Präsident des Technischen Komitees der
Männer der FIG, sehr
interessant.
In einem OTA-Beitrag: „Quo vadis
Wertungsvorschriften“ wurde bereits einmal über künftige und dauerhafte
Wertungsvorschriften nachgedacht und das „additive
Schwierigkeitssystem“ angesprochen.
Darüber ließe sich reden. Aber
vorher muss erkennbar werden,
warum alle Korrekturen, das gemeinsame Ziel verfehlt haben, dauerhafte,
einfacherer und anwendbare Vorschriften zu erarbeiten.
Die Wertungsvorschriften sind dafür überfordert
und falsch eingesetzt. Schließlich handelt es sich bei ihnen nur um
Regeln, nach denen die Übungen der Aktiven im Wettkampf beurteilt werden.
Wertungsvorschriften
stellen weder den Leistungsentwicklungsplan des Gerätturnens, noch die
Trainingsplanung dafür dar, obwohl sie darauf Einfluss haben können,
sogar negativen!
Die immer stärkere Monotonie der individuellen Wettkampfübungen
der Turner bestätigen das deutlich.
Wenn die Überforderung der Vorschriften
als solche akzeptiert wird, ist ihre ständige Veränderung nicht mehr
notwendig. Es handelt sich sowieso immer nur um die Anpassung an die
Schwierigkeitsentwicklung nach Abwertung von Übungselementen. Alle
anderen Bewertungsfaktoren sind an der Komplizierung der Vorschriften
nicht beteiligt, sie konnten sogar so vereinfacht werden, dass
Wertungsdifferenzen weiter vermindert wurden.
Die für die Wertungsvorschriften verantwortlichen Gremien haben - mit Verlaub
- die Probleme längst erkannt. Es gehört aber Mut dazu, die ständige
Modernisierung des Turnens anzustreben, ohne die Grundsätze zu umgehen,
die Grundlage der Leistungsstruktur unserer Sportart sind und bei der
Leistungsbeurteilung eine Rolle spielen sollten.
Was geturnt wird, der materielle Wert der
Wettkampfübung ist wichtig, aber die technische Ausführung, die
Gestaltung der Kombination und die damit erzielte Wirkung sind ein
wesentlicher Unterschied zu Disziplinen, bei denen die Leistung gemessen
wird. Unsere Wertung nach Punkten erreicht zwar nicht die letzte
Exaktheit, sie hat jedoch den Vorzug, dass sie von der Leistung des
Aktiven mehr erfasst, weil auch die ästhetischen Faktoren eine Rolle
spielen können und nicht nur ein neuer Rekord erzielt werden soll.
Diese
Grundsätze der Bewegungslehre deuten auch darauf hin, dass die Summe von
Einzelteilen weniger ist als das Ganze. Die Aufteilung der Kampfgerichte in
A und B erscheint daher fraglich, erst recht wenn eine Begründung dafür
lautet, dass es sich sonst um eine Überforderung der Kampfrichter
handele. Was machen wir denn dann mit dem Publikum oder den Medien, bei den
wir uns doch besser vermarkten wollen als es uns bisher gelungen ist...?
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Unsere Probleme mit den
Wertungsvorschriften bleiben solange unlösbar, solange die
Schwierigkeitstabellen instabil sind. Ständige Abwertungen tragen dazu
bei, Turner und Zuschauer aus den Wettkampfhallen zu vertreiben. Das
erscheint nicht weniger starke Turnnationen zu belasten. Die Absage der
chinesischen Turner zu den Weltmeisterschaften 2001 in Gent muss damit
nicht in Verbindung stehen – aber immerhin!
Die einseitige
Konzentration der Wertungsvorschriften auf die Schwierigkeit muss auch
beseitigt werden. Das hätte zur Folge, Virtuosität und Originalität
wieder in in die Bewertung einzubeziehen, um die Monotonie zu bekämpfen.
Sicherlich ist auch zu prüfen, ob der Umfang der Kampfgerichte in der
heutigen Form unbedingt erhalten bleiben muss.
Letztlich soll noch
erwähnt werden, dass die Wertungsvorschriften eigentlich wenig mit
Wettkampfprogramm und Wettkampfausschreibung zu tun haben. Das bleibt
national, regional und international den jeweiligen Veranstaltern überlassen
und kann durchaus verschieden sein. Mit der Bewertung hat das kaum etwas
zu tun. Die sollte mit stabilen und lange gültigen Regeln vereinfacht
werden, damit man sie überall beschleunigt anwenden kann.
Jeder echte
Fortschritt in diese Richtung kann bewirken, die Kritik des Präsidenten
der UEG an der absteigenden Tendenz unserer attraktiven Sportart zu
mildern und die hausgemachten Probleme mit den Wertungsvorschriften zu
vermindern.
Rolf
Bauch
Potsdam, 200
Copyrights: gymmedia
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