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01/2000

Das Fachorgan OTA stellte in seiner neuesten Ausgabe 1/2000 4 grosse Interviews in den Mittelpunkt:
  • Mit Waleri Belenki  ( "Turnen ist mein Leben"),
  • mit der TK-Vorsitzenden Ursula Koch ("In Zukunft aus alten Fehlern lernen"),
  • mit Katrin Kewitz ("Nach Karlsruhe war die Luft 'raus...") und
  • mit Christa Herrmann ("Es hat mir echt Spass gemacht..."):
      
       
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Als erste Reaktion auf die beiden letzteren Interviews erhielten wir den folgenden FORUM-Beitrag von Hans-Jürgen Zeume:

Abschied mit Abrechnungen

In der neuesten Ausgabe der Zeitschrift "Olympisches Turnen aktuell" haben zwei Frauen in drastischen Sätzen eine Abrechnung mit dem Deutschen Turner-Bund vorgenommen, die zehn Jahre nach dem Vereinigungs-Prozess ein neues Selbstbewußtsein der früheren DDR-Bürger signalisieren. Sie haben gewissermaßen Klartext geredet.
Christa Herrmann, im vereinten deutschen Turnen als Kampfrichter-Chefin wirksam, führte in einem Interview aus: "Ich hasse das Materielle, das in den Leistungssport eingezogen ist. Es geht alles nur noch um Geld, das finde ich schrecklich. Zu DDR-Zeiten waren die Turnerinnen ja noch motiviert. Wenn man in der Nationalmannschaft war, konnte man irgendwo hinreisen. Kam man mal raus. Bei Italien weiß ich, dass die Turnerinnen voll von ihrem Verband unterstützt werden. Da stehen alle dahinter! Unsere Turnerinnen haben überhaupt keine Lobby im DTB. Ich habe zum Beispiel zu keinem Länderkampf der Damenmannschaft unseren Präsidenten, den Generalsekretär oder den Sportdirektor, Herrn Willam, gesehen. Sehr schade für uns."
Aus der Sicht der Turnerinnen, die im Quartett nach den WM ihren Rücktritt erklärten, schilderte Katrin Kewitz (SC Berlin) das bornierte Auftreten des Sportdirektors während der WM-Tage. "Dann hat der Herr Willam mich als "Zicke" beschimpft und gedroht, "wenn das so weitergeht, dann kriegst Du keine Kadergelder mehr!" Ich hatte mich zu schnell aufgegeben, aber so’n Typ bin ich halt. Willam, der weiß doch gar nicht, wieviel Arbeit dahintersteckt, der war in der ganzen Zeit nur einmal beim Training."


Christa Herrmann hatte seit den WM 1970 in Ljubljana als Betreuerin der DDR-Riegen und internationale Kampfrichterin einen riesengroßen Fundus Erfahrungen sammeln können. Auf den der früheren Cheftrainerin im SC Einheit Dresden legte man im DTB nach dem Anschluß des DTV keinen Wert: "Es war deprimierend, wie alles zusammenrutsche, was einmal wichtig war. Immerhin hatte ich schon 32 Trainerjahre auf dem Buckel und war von heute auf morgen arbeitslos! Ich habe dann ein Jahr ein ABM-Projekt aufgebaut - "Mutter und Kind Turnen" - ein völlig neues Gebiet für uns, aber es hat mir sehr viel Spaß gemacht, und ich betreue heute noch zirka 60 Kinder im Alter von 2 bis 5 Jahren.."

Katrin Kewitz will künftig mit einer Showgruppe für die modernen Formen des Turnens werben und einmal Sportjournalistin werden. Ihr Entschluß, aufzuhören, war gefallen, als Cheftrainer Dieter Koch bei der WM-Pressekonferenz die Turnerinnen beschimpfte und sich selbst aus der Kritik heraus nahm. "Meine Eltern haben danach einen Brief an Dieckert geschrieben, den Präsidenten, dass das so nicht geht, uns die ganze Schuld zu geben. Aber der hat nur so Blaba zurückgeschrieben, der hat ja auch kaum Ahnung von der Sportart, der weiß ja kaum, wer wir sind."

An ziemlich versteckter Stelle fanden wir im jüngsten "OTA"-Journal diese Meldung: "Im Rahmen der Siegerehrung der Schweizer Meisterschaften 1999 im Kunstturnen gab es für Dieter Hofmann eine besondere Würdigung. Der ehemalige Cheftrainer der einst so erfolgreichen DDR-Riege und jetzige Cheftrainer des Kunstturnzentrum Liestal/Schweiz, wurde für seine langjährigen Verdienste bei der Entwicklung des internationalen Kunstturnens mit dem Ehrendiplom der FIG ausgezeichnet. Die Ehrung (der Weltturnföderation) wurde stellvertretend durch den Präsidenten des Schweizerischen Turnverbandes, Paul Engelmann, vorgenommen." - Von einer ähnlichen Ehrung für Herrn Willam ist uns nichts bekannt.

(Berlin, den 22.02.2000  / Hans-Jürgen Zeume)

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