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Artikel vom 14. 01.2000

Tausche Stress
gegen gute Laune

Die 17-jährige Berliner Turnerin Katrin Kewitz hat ihre
hoffnungsvolle Karriere wegen Perspektivlosigkeit beendet

Michael Kölmel

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Katrin Kewitz trägt ihre roten Haare jetzt kürzer: Die schulterlange Frisur wirkt jugendlicher, weniger streng als der Pferdeschwanz. Lachend, entspannt und gut gelaunt sitzt sie am Tisch und erzählt von ihrem – für Außenstehende überraschenden – Abschied vom Kunstturnen. "Joh", bestätigt die 17-jährige Schülerin, "’s geht mir jetzt viel besser."
Zwölf Jahre harten Trainings liegen hinter der Turnerin vom TSC Berlin, zwölf Jahre mit bis zu 30 Stunden Training in der Woche, mit zwölf Stunden Turnhalle und Schulbank jeden Tag. Harte Arbeit, die aber durch Erfolge entlohnt wurde: Bei den deutschen Jugend-Meisterschaften 1997 gewann sie alle Titel, wurde von allen gelobt und als deutsche Hoffnung gepriesen. In den beiden darauf folgenden Jahren errang Kewitz vier weitere nationale Titel, nahm 1998 in St. Petersburg bei der Europameisterschaft und im vergangenen Oktober an der Weltmeisterschaft inTianjin teil.

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Kewitz: "..'s geht mir jetzt viel besser."

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Wendepunkt Weltmeisterschaft
Im Rückblick betrachtet, stellt gerade die WM in China Höhepunkt sowie abrupten Wendepunkt in der Karriere der gebürtigen Görlitzerin dar. Mit dem festen Vorsatz, sich mit der Mannschaft für die Olympischen Spiele in Sydney zu qualifizieren, hatten Kewitz und ihre Mitturnerinnen die weite Reise angetreten; hohe Erwartungen insbesondere von der Funktionäre hatten sie begleitet.
Neben der Olympia-Norm ging es in China auch um die Sportförderung sowie die Kompetenzfragen im Verband und im Trainerstab. Ein Druck, mit dem die Frauen nicht umgehen konnten, der aber auch nicht von Bundestrainer Dieter Koch von den Athletinnen fern gehalten wurde.

Das Unternehmen scheiterte: Lediglich Platz 15 im Wettstreit der Nationen sprang heraus, und zur sportlichen Enttäuschung gesellte sich auch noch die menschliche, als Cheftrainer Koch den Frauen mangelnden Einsatz und die alleinige Schuld am Versagen gab. Zwar hat sich Koch im Dezember entschuldigt, zwar haben andere Trainer und Fachleute die Frauen in Schutz genommen und Koch gemaßregelt, doch für Kewitz war der Fall erledigt. "Wenn wir Sydney geschafft hätten, hätte ich auf alle Fälle weitergemacht", blickt Kewitz zurück. "Doch dann auch noch die
Situation mit dem Teamchef ..."
Spontan wollte sie im Oktober alles hinwerfen; "keine Lust mehr", so lautete die Selbstdiagnose, die jeder bestätigen konnte, der in jenen Tagen in der Halle in Hohenschönhausen beim Training zusah. "Sehr launisch war ich da, konnte mich einfach nicht mehr motivieren." Im kleinen Kreis überredeten sie ihre Trainer um Steffen Gödicke, wenigstens dieSaison zu Ende zu turnen. Aber Ende Dezemberwar dann endgültig Schluss.

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Überhöhte Olympia-Norm
"Bis zuletzt haben wir versucht, sie umzustimmen", sagt Olympiastützpunkt-Trainerin Heidrun Effler enttäuscht. Doch die unrealistischen Kriterien des Nationalen Olympischen Komitees für die zwei Einzelstartplätze für Sydney zerschlugen den Trainern jegliche Argumente: Ein Platz unter den ersten zehn im Mehrkampf oder unter den ersten sechs in einem Einzelfinale bei der EM im April 2000. Da muss schon alles optimal laufen; auch für Katrin Kewitz, die sich durchaus Chancen am Sprung oder am Boden ausrechnen durfte.

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Kewitz: Wozu das Ganze...?

"Wozu das Ganze?", fragte sich Kewitz und fand für sich die Antwort im Beenden der Laufbahn. "Da ackerst du dich sowieso nur wieder ab und schaffst es dann doch nicht." Noch einmal wollte sie das nicht erleben. "Das wäre wie bei der WM." Nun turnt sie nur noch, wenn sie Lust dazu hat, und wenn nicht, "dann gehe ich eben direkt nach Hause." Das deutsche Turnen hat mit Katrin Kewitz eine sehr ausdrucksstarke Akteurin verloren. Die aber hat ihre gute Laune wieder gefunden; man sieht es ihr an.      (Michael Kölmel)

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Kewitz, Pioch, Hofmann -
Good bye, deutsches Frauenturnen...?

(Bln.Ztg., Artikel vom 15. Januar 2000, Hervorhebungen, Bildunterschriften GYMmedia, Fotos GYMview Berlin)

Am 25. Januar erklärte mit Yvonne Pioch eine weitere Berliner National-Turnerin Ihren Rücktritt vom aktiven Leistungssport. Lesen Sie dazu das GYMmedia-Exclusiv-Interview:
"ENDE DER BEDENKZEIT - ENDE DER KARRIERE"

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