Kunstturnen gegen die Uhr

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BERLIN, 9. Februar 2000

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Gritt Hofmann und Katja Abel versuchen nach ärztlich verordneter Zwangspause, sich für Olympia zu qualifizieren
- von Michael Kölmel


...zwei schnelle Schritte, eine Radwende mit anschließendem Doppelsalto rückwärts gehockt - mal in den Stand, mal nicht
 Um diesen Rondat-Abgang sicher zu bewerkstelligen, wird noch viel Fleiß nötig sein. Zu lange turnte Gritt Hofmann nicht mehr am Schwebebalken, zu lange dauerte die ärztlich verordnete Zwangspause.

Noch steht sie eher auf wackeligen Beinen...

Ein Jahr durfte Hofmann ihrem Sport nicht nachgehen, und genauso lange muss sie trainieren, will sie zu alter Leistungsstärke zurückkehren.
Das ist die Faustregel im übungsintensiven Kunstturnen - beschleunigen lässt sich das kaum. Gritt Hofmann muss das derzeit erfahren, eine Turnerin, die 1997 vier von fünf nationalen Titeln gewann und bei der Europameisterschaft 1998 Rang 14 belegte.

 Und dasselbe gilt für ihre Freundin Katja Abel, die bei der deutschen Junioren-Meisterschaft 1998 am Barren und im Mehrkampf alle hinter sich ließ.

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Unterschiedliche Prognosen

Im Herbst 1998 war vorerst Schluss für die beiden Berliner Kunstturnerinnen: Bandscheibenprobleme, lautete die Diagnose für die Schmerzen im Rücken.

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Gritt Hofman: Die "Künstlerin"
(..malt gern)

Doch so eindeutig die Leiden damals waren, so unterschiedlich fielen die Prognosen der befragten Fachleute aus: Ein bis zwei Wochen Ruhe, so der eine Arzt; ein bis zwei Monate, so ein anderer; ein bis zwei Jahre, meinte gar der dritte. Sicher war nur, die Pause musste sein. Gritt Hofmann und Katja Abel absolvierten ein fünf Wochen dauerndes Rehabilitations-Programm in Ulm. 

Danach standen Ausdauer- und Kraftübungen auf dem Programm - ob der Rücken je eine Rückkehr an die Geräte erlauben würde, wussten sie damals nicht. "Allein hätte ich die Situation nicht durchgestanden", sagt Katja Abel, wenn sie sich an die Zeit der Ungewissheit zurückerinnert. 

"Wir haben uns gegenseitig unterstützt und motiviert", bestätigt Gritt Hofmann. Ihr Durchhaltevermögen, das sich durch die Hoffnung auf eine Teilnahme an den Olympischen Spielen in Sydney nährte, wurde im Herbst 1999 belohnt. Gemeinsam konnten sie wieder in Berlin-Hohenschönhausen trainieren: zunächst vorsichtig, dann intensiver - zum Glück schmerzfrei. "Gritt und Katja sind sehr ehrgeizig und kampfstark", begründet ihr Trainer Steffen Gödicke das fast nicht mehr für möglichgehaltene Comeback.

Doch so sehr sich der Leiter des Berliner Kunstturn-Stützpunkts nach dem Rücktritt von Yvonne Pioch und drei weiteren Spitzenturnerinnen darüber freut, wieder zwei talentierte Athletinnen aufbauen zu können, so sehr bedauert er es, dass den beiden die Zeit davonläuft. Denn während der Krankenzeit von Abel und Hofmann verpasste die deutsche Mannschaft die Qualifikation für Sydney. Nun haben deutsche Turnerinnen nur noch bei der Europameisterschaft im Mai in Paris die Möglichkeit, sich für Sydney einen Einzelstartplatz zu ergattern.

Langsame Fortschritte

Beim Anturnen gegen die Zeit hat im Moment die 16-jährige Katja Abel bessere Chancen als die 19-jährige Gritt Hofmann. Schneller beherrscht die Jüngere wieder die Übungsteile, leichter fällt ihr das Verbinden der Elemente:

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Abel, Gödicke

Wenn alles optimal läuft, kann sie sich im März beim Grand Prix in Cottbus erstmals wieder internationalen Kampfrichtern vorstellen. Die erfahrenere Gritt Hofmann dagegen macht langsamere Fortschritte und sie hadert etwas mit dem Entschluss, die damals überfällige Pause nicht früher begonnen zu haben. "Wenn ich gewusst hätte, dass sich die Mannschaft nicht qualifiziert, hätte ich früher pausiert."

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Katja Abel:
Grand Prix Start in Cottbus

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So kommt die Qualifikation früher als erwartet, und die Norm des Nationalen Olympischen Komitees scheint unerfüllbar zu sein. Doch für Hofmann und Abel gilt: Wer nach einem Jahr zurückkehrt, weiß auch eine geringe Chance zu schätzen.
Aufgeben, das kam für beide nicht in Frage.

(Artikel der "Berliner Zeitung vom 9. Februar 2000)
Fotos: GYMview Berlin,Matthias Wendt
- bearbeitet: GYMmedia / - ehe -
-09-02-2000

Lesen Sie dazu auch
- ein Interview mit Gritt Hofmann, geführt von unserer GYMmedia-Mitarbeiterin Anke Schönfelder, 
  selbst mehrfache Deutsche Turnmeisterin: "Ich will für mich turnen" vom 14.03.2000)

- zum Comeback von Katja Abel: " Meine besten Freunde sind Balken und Barren.." (06-03-2000)
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