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Eckhard
Herholz- GYMmedia-Chefredakteur
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Am
Rande der Deutschen Sportakrobatikmeisterschaften im südhessischen
Hattingen wurde der Dopingfall eines Mitglieds der
Vierer-Herrengruppe der DJK-SG Wasseralfingen am letzten
Oktober-Wochenende 2004 bekannt.
Nach Trainingskontrolle im Sommer wurde eine positive A-Probe
bei Jens Quitte festgestellt.
Dieser Fakt wurde durch die Nationale Dopingagentur NADA bereits
am 14. Juni dem zuständigen Deutschen Sportakrobatikbund DSAB
mitgeteilt...
Auf den am 17. Oktober veröffentlichten Meldelisten fehlte
daraufhin die Gruppe... wurde aber zur Meisterschaft am 29./30.
Oktober als startberechtigt zugelassen – und als Deutscher
Meister gekürt! |
Unbedarftheit
oder Absicht ? Wie man im DSAB mit Dopingproblematik umgeht
Der DSAB hat sogar eine
Dopingbeauftragte, laut Verbands-Website wird sie gar unter „Mitglied
des Präsidiums“ geführt, ist sie aber nicht.
Sie selbst hat zunächst von diesem Fall auch gar nichts gewusst
und nur per Zufall in einem Telefonat beiläufig davon gehört.
Doch zunächst die Fakten der Reihe nach:
- Am 14.06. 2004 informiert die NADA den DSAB über eine positive
A-Probe des Sportlers Jens Qittte bei von der DJK-SG
Wasseralfingen einer Trainingskontrolle.
- Bei einer - Wochen danach (!!) - im Sommer in Pfungstadt
stattfindenden Präsidiumstagung stand dieser Fall weder auf der
Tagesordnung, noch wurde er erwähnt, noch erhielt die
„Dopingverantwortliche“ irgend einen Bescheid.
- Am 9. September wohl soll eine erste Information von Vizepräsident Dieter
Mertes an andere (?) Präsidiumsmitglieder gegangen sein.
- Erst am 27. September – mehr als ein Vierteljahr nach Kenntnisgabe
– bei einem Treffen von Präsidiumsmitgliedern am Rande der Deutschen
Juniorenmeisterschaften in Bad Blankenburg (25.09.), kam es durch Druck
des 3. Vizepräsidenten Dr. Johannes Eismann (Leipzig), der
selbst bis zum 22. September nichts wusste, zu einer „vorläufigen
Sperre“; diese Tatsache wurde per Post an die Präsidiumsmitglieder
versandt.
Die „Dopingbeauftragte“, die Riesaer
Ärztin Frau Dr. Sabine Frank-Behrendt erhielt auch hiervon keine
Mitteilung. Sie erfuhr davon im oben genannten Telefonat, so ganz
nebenbei...!
Darauf drängte sie auf ein Gespräch mit der NADA, das dann mit Werner
Kasper (DSAB-Lehrwart), dem Athleten und einem NADA-Vertreter (Dr.
Augustin) am 22.10. stattfand – 4 Monate und 4 Tage nach der ersten Mitteilung (!!) Vizepräsident Bernd
Hegele – selbst bei diesem NADA-Kontakt nicht dabei – versandte
die daraufhin getroffene
„vorläufige Regelung“ an die Präsidiumsmitglieder - aber wiederum
nicht an die Dopingbeauftragte, die davon aus dritter Hand ein Fax
bekam!
(Nachfrage bei dem NADA-Vertreter Dr. Augustin ergab, dass dieser Termin
nicht der 22.10. sondern der 15. 10. war, was allerdings so dem
Präsidenten Becker nicht mitgeteilt wurde...???)
Mit der Begründung, dass von diesem Gespräch noch bis heute kein
Protokoll vorhanden sei, blieb die Festlegung einer 4-monatigen Sperre
des Athleten, -rückwirkend zum 14.6. - bestehen. Allerdings wies der
NADA-Vertreter noch einmal eindeutig darauf hin, dass für Sperren und
Strafmaß ausschließlich der Verband verantwortlich sei, und auch dazu
von dem Sitzungsbericht diesbezüglich keine Ableitungen zu erwarten
seien!
Ein ursprüngliches Maß
von 8 Monaten war von Vize-Präsidenten Bernd Hegele „auf 50%
reduziert“ worden (- keiner weiß warum und auf welcher Grundlage?).
Dies wurde den Präsidiumsmitgliedern erst eine Woche vor den
Meisterschaften per E-Mail mitgeteilt - und siehe da, fröhlich nahm der
nunmehr wieder startberechtigte Vierer pünktlich und quietschvergnügt
die Medaillen eines Deutschen Meisters entgegen!
Alles nicht so schlimm, sagt sich da sicher jener Athlet, der Arges im
Sinn hat – meine Funktionäre werden’s schon richten, wenn ich
weiter fleißig trainiere ...alles nur halb so schlimm!
Ehrenamtlichkeit als Feigenblatt und
Schlimmeres....
Durchweg alle Befragten in
diesem Falle verwiesen auf ihre „Ehrenamtlichkeit“ ihrer Funktion,
auf akute Zeitnot deshalb und dass man das doch alles nur in seiner
Freizeit mache, und das dauere dann eben seine Zeit. Und überhaupt
seien deshalb alle Materialien und Ordnungen des Verbandes noch in
Arbeit – in den bislang gültigen kommt der Begriff Doping nicht vor,
sieht eine Wettkampfordnung keinerlei Sanktionen vor, eine Rechts- oder
Disziplinarordnung existiert nicht. Wie überhaupt ermittelt man Strafmaße
im DSAB......?
Bei den Recherchen nach den Hintergründen dieses Falles wurde gar dem
Autor dieses Beitrages bei ersten Nachfragen „gedroht“ und ihm Behinderung in der
Berichterstattung angekündigt....!!
Immerhin handelte es sich bei dem missbräuchlich verwendeten Präparat
um ein Medikament, dass der Delinquent nicht versehentlich genommen
haben k a n n, ist es doch
in Deutschland ausschließlich zur Behandlung von Brustkrebs bei Frauen
zugelassen – in Nebenwirkung allerdings bewirkt es auch Zunahme des
Muskelquerschnitts... ein Schelm, der Arges dabei denkt.
Ein Vergleich ...
Nun gab es vor fünf Jahren bereits einmal solch eine Doping-Bewährungsprobe
im Fall der für Riesa startenden und heute in Dresden lebenden
Sabine Schäfer.
Die hatte damals zur Behandlung von Nierenproblemen und
Wasseransammlungen ein Diuretikum verschrieben bekommen, in Unkenntnis,
dass dies auf der Verbotsliste stand. Derart positiv getestet bei den
Deutschen Meisterschaften handelte der DSAB damals sofort und rigoros:
- Aberkennung und Rückgabe der Meistermedaillen sofort und am Tag
danach,
- Startverbot zu den Mannschaftsmeisterschaften, 1 Jahr Sperre...
Erst nach vielen Anträgen, Eingaben und Schreiben bekam die Sportlerin
die Chance zu einer Anhörung, die Sperre wurde reduziert auf
9 Monate, 750,- DM Strafe kamen dazu.
Vergleicht man dies mit dem aktuellen Fall, muss man höchst verwundert
sein:
Was damals tatsächlich als ein Versehen im medizinischen Alltag nicht
auszuschließen war, ist dieses Mal nun wahrlich extrem anders.
Ein derartiges Mittel wird und kann nicht versehentlich verordnet oder
eingenommen worden sein, gehört es doch in eine ganz andere
Medikamenten-Kategorie!
Welcher Teufel reitet die DSAB-Funktionäre
- zu einem solch verschleppten Verfahren, einer solch milden
Strafe und dazu noch zu deren 50%igen Reduzierung des Strafmaßes zu
greifen...?
Man muss wissen, dass dies scheinbar alles vorbei am Präsidenten des
Verbandes, Kurt Becker, geschah. Aus akuten Krankheitsgründen lässt
der nämlich – kontrolliert
durch Posteingangs- und Postausgangsbuch - derzeit alle Post ungeöffnet
weiterleiten an seine Vize-Präsidenten Dieter Mertes und/oder Bernd
Hegele, konnte also
selbst nicht Kenntnis haben und wurde auch erst in Kenntnis gesetzt, als
er nämlich die Starterlaubnis geben sollte.
Beide Kompetenzträger des Verbandes sind schier unerreichbar und
reagieren auch nicht auf hinterlassene Rückrufbotschaften.
Auch hier ein Schelm, der folgende Schlüsse
zieht:
Wenn Würtembergs Sportler in Kürze keine Vierer-Gruppe zu den
Deutschen Mannschaftsmeisterschaften aufbieten können, bedeutet dies
eine arge Schwächung gegenüber den sportlichen Gegnern aus
Sachsen....!
Es bleibt nur zu hoffen, dass dies nur eine – allerdings von wissenden
Insidern im Ernst ausgesprochene Vermutung – n i c h t dem
Handlungshorizont der Sportfunktionäre des DSAB entspricht. Dann nämlich
wäre dieser Fall, der eh schon schlimm genug ist, von einer noch
weitaus schlimmeren Dimension.
Zumindest eine zum Himmel schreiende Unbedarftheit der Verantwortlichen
eines deutschen Sportverbandes in Dopingfragen verlangt nach
dringlichsten Klärungen.
Eckhard Herholz
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