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Dr. Sabine Frank-Behrendt
- DSAB-Dopingbeauftragte -
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Seit
den Deutschen Meisterschaften der Meisterklasse 2004 wird
nun auch offiziell über den Dopingfall Jens Quitte diskutiert.
Als Antidoping-Beauftragte des DSAB (seit März 04) berührt
mich dieser Fall sehr. Mittlerweile hat sich darüber auch so
viel Wut aufgestaut, dass ich nun öffentlich Stellung beziehen
möchte.
Als Sportmedizinerin hatte ich die Funktion des
Antidoping-Beauftragten des DSAB übernommen.... |
"Fünftes
Rad" am Wagen des DSAB...?
... frisch zur Tat schreitend musste ich
jedoch feststellen, dass es nicht sehr viel zu tun gab. Eingeführt
wurde ich in dieses Amt seitens des Präsidiums nie. Adressen habe ich
mir selber gesucht. Auf eine aktuelle Kaderliste wartete ich mit
mehreren Bitten mehr als vier Wochen. Die Deutschen Schüler und
Jugendmeisterschaften nutzte ich, Trainer und Verantwortliche über
Neuerungen in Sachen Doping zu informieren und stellte mich als
Ansprechpartner zur Verfügung. Erstmals fiel mir im Mai 2004 vor der WM
auf, dass keinerlei Listen über Dauerpräparate von den Athleten existierten. Das versetzte mich schon in
Alarmstimmung, da die von mir betreuten Sportler ihre Medikamente
ordnungsgemäß gemeldet hatten. Als dann Herr Dieter
Mertes (Vizepräsidend Finanzen u. Verwaltung, DSAB) an die
WM-Teilnehmer die Antidoping-Erklärungen versandte, mit dem Hinweis
"unterschrieben an ihn zurück", bekundete ich ihm gegenüber
meinen Unmut, da er nicht verlangen könne, dass Minderjährige ohne
spezielle Aufklärung dies unterschreiben sollten. Er würde alles nur
ehrenamtlich machen und Herr Bernd Hegele
(Vizepräs. Sport, DSAB) hätte ihm diesen Auftrage erteilt.
Wieder einmal kam ich mir überflüssig vor.
Wie
eine Dopingbeauftragte im DSAB mit Doping zu tun bekommt...
Am 27. 6. 2004 erhielt ich
dann einen Anruf von Herrn Hegele, der mir mitteilte, dass Herr Jens
Quitte das Medikament "Tamoxifen" nehmen würde und
ob ich eine Ausnahmeregelung finden könne. Ich prüfte das Medikament
und nahm auch Rücksprache mit dem Dopinglabor in Kreischa. Doch
Tamoxifen darf nicht eingenommen werden, weil durch dieses Antiöstrogen
Anabolikaeinnahmen vertuscht werden können. In Deutschland ist das
Medikament nur für Frauen nach Brustkrebserkrankungen zugelassen.
Selbst wenn es Herr Quitte von einem Arzt für andere Zwecke erhalten
hat, muss er von diesem genau darüber informiert werden. Herr Quitte hätte
sich also erkundigen müssen, zumal er als Nationalmannschaftsmitglied
die Dopingerklärung ohne Rückfragen akzeptiert und unterschrieben hatte.
Meine Ergebnisse teilte ich sowohl Herrn Hegele als auch Herrn Quitte am
28. und 29.6.2004 mit.
Dass Herr Quitte zu diesem Zeitpunkt bereits positiv getestet war, wurde
mir als der doch Dopingbeauftragten von beiden Personen nicht
mitgeteilt !!!
Der unerklärliche dunkle Gang der Dinge...
Bist zum 9.9.2004 passierte überhaupt
nichts. Mit großer Wahrscheinlichkeit wäre auch bis heute nicht Licht
ins Dunkel gekommen, wenn mich nicht ein Präsidiumsmitglied wegen eines
(anderen) Präparates kontaktiert hätte. Nur in einem Nebensatz fragte
er mich, ob ich wüsste, dass Herr Quitte positiv getestet sei.
Daraufhin besorgte ich mir sämtliche Unterlagen von der NADA (Nationale
Dopingagentur, Bonn), die nach dem Versenden eines positiven Testes (bereits
am 14.06.2004!!) weder vom Verband noch vom Sportler eine Rückmeldung
erhalten hatten. Der Fall lag also in der Schwebe.
Als ich Herrn Mertes telefonisch zur Rede stellte (10.9.2004),
hieß es, dass die Post solange beim kranken Präsidenten gelegen hätte....
– was schlichtweg eine Lüge war. Nach langen vergeblichen Versuchen,
konnte ich mit Herrn Hegele am 22.9.2004 sprechen.
Verkettung unglücklicher Umstände...?
Die Verschleppung des Dopingfalles läge an der "Verkettung unglücklicher
Umstände". Als ich ihn fragte, warum er mir im Juni bei seiner
Anfrage nicht gesagt hätte, dass Herr Quitte bereits positiv getestet
ist, bekam ich zur Antwort, dass er gedacht hätte, ich wüsste es
bereits.
Das stellen sich mir schon einige Fragen:
- Wie kann ich von etwas wissen, was mir stetig vorenthalten wird
(bewusst – zu dieser Erkenntnis bin ich jetzt gekommen). Die Aussage
von Herrn Hegele beweist, dass er bereits am 27.6.2004 (s.o.) von dem
Testergebnis unterrichtet gewesen sein musste.
- Auf mein Drängen, wer denn nun eine Sperre veranlassen muss, sagte
Herr Hegele das er das Präsidium zusammenrufen würde. Auch hier wusste
er ganz genau, dass er als Vize-Präsident verantwortlich war, die
Sperre auszusprechen, denn das dürfen weder die NADA noch die
Antidoping-Beauftragten.
Ein unverständliches Strafmaß für Doping pur
Am 27.9.2004 erfolgte nach mehr als dreimonatiger Verzögerung endlich
die "vorläufige" Sperre.
Am 22.10.2004 nahm der betroffene Sportler Jens
Quitte ein Gespräch bei der NADA war. Zu diesem Gespräch
wurde ich als Antidoping-Beauftragte ebenfalls n i c h t
hinzugezogen.
Der DSAB wurde durch Herrn Werner Kasper
vertreten. Ohne, dass Ergebnisse dieser Aussprache auch nur einem
Mitglied der Führungsebene bekannt sind, wurde übereilig von Herrn
Hegele eine E-Mail am 21.10.2004 über ein Ergebnis von der Sitzung vom
22.10.2004 !!! verfasst und an alle Präsidiumsmitglieder verschickt.
(selbst am 1.11.2004 war bei der NADA noch kein Protokoll zu erhalten,
also n a c h den Deutschen Meisterschaften!)
Darin beteuert er die Unschuld von Herrn Quitte, der "lediglich ein
Mittel genommen hätte, dass den Muskelquerschnitt aufbaut". In
den Augen eines Sportmediziners ist das Doping pur und belastet
Herrn Quitte um so mehr.
Angeblich hätte die NADA durchblicken lassen, dass man, ausgehend von
der letzten Dopingstrafe (-sieben Monate), 50 Prozent abgezogen
werden könne, womit ein Strafmaß von vier Monaten verbleibt, die rückwirkend
vom 14.6.2004 aus gültig sind.
Dieser rechnerischen Logik kann ich nicht
folgen!
Ich weiß nur, dass damit Herr Quitte eigentlich überhaupt
keine Strafe erhielt. Wohl dem, dem sich da nicht die Haare sträuben!
Nun haben wir wissentlich gedopte Deutsche Meister. Mir steht nicht zu,
darüber zu urteilen. Leid tut mir nur, das der langjährige Präsident Kurt
Becker, von seinen Vertretern (Vize-Präsidenten) falsch
informiert wurde und deshalb die Starterlaubnis für die deutsche
Meisterschaft letztes Wochenende gab.
Präsident hintergangen - Kurt Becker im
Nachhinein entsetzt!
Nach einem persönlichem Gespräch vom 28.10.2004 mit mir, war
Kurt Becker entsetzt über seine Entscheidung. Wir waren dabei,
kurzfristig Ergänzungen für die Satzung des DSAB über den Umgang mit
Doping und Dopingsündern zu erstellen.
Leider erlitt Herr Becker am 30.10.2004 wieder einen schweren gesundheitlichen
Zusammenbruch und musste ins Krankenhaus eingeliefert werden. Die
Aufregung der letzten Tage wird auch ihren Beitrag dazu geleistet haben.
Das gesamte DSAB-Präsidium sollte sich fragen,
ob es ihrer würdig ist, dass sie so den DSAB vertreten!
Die Schwarzen Peter werden hin und her geschoben, Lug und Trug haben
Einzug gehalten, worüber ich sehr traurig bin.
Kompetente Leute werden an den Rand gedrängt, um eine Änderung im Führungsstil
nicht vornehmen zu müssen. Ich hoffe inständig, dass sich diese Dinge
ändern, damit wir besten Gewissens unseren Kindern und
Nachwuchssportlern die Grundidee des Sports auch in Zukunft noch
vermitteln können.
(Zwischentitel und Hervorhebungen:
gymmedia) |