29. März 2011  
Berlin, Germany  
Gerätturnen

*VORSCHAU: Europameisterschaften im vorolympischen Jahr

Die 33. Auflage der Männer und die 32. Auflage der Frauen der bevorstehenden Turn-Europameisterschaften in Berlin werden seit 2005 (Debrecen) zum vierten Mal im Zweijahresrhythmus als sog. "Einzelmeisterschaften" ausgetragen:
Statt des Team-Wettbewerbs steht der im Turnen so wertvolle Mehrkampf auf dem Programm, ebenso wie die Finals an den einzelnen Geräten.
Die Männer begannen 1955 in Frankfurt/M.. Danach richteten die Bundesrepublik noch einmal 1979 (Essen) und das vereinte Deutschland 2000 in Bremen kontinentale Meisterschaften aus, während die einst führende Frauenturnnation DDR überhaupt nur einmal Gastgeber, 1961 in Leipzig, war. ...

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Adalbert Dickhut, Helmut Bantz, Deutschlands erste Europameister 1955 in Frankfurt, Sprung und Barren

Bei Europameisterschaften der Frauen war es nicht nur aus Berliner Sicht Ingrid Lehmann-Föst, die bei den II. Europameisterschaften im polnischen Krakow als erste Deutsche überhaupt Medaillen gewann: zweimal Bronze an Sprung und Stufenbarren.
Der erste deutsche EM-Sieg folgte dann zwei Jahre später in Leipzig durch die Leipzigerin Ute Starke (Sprung), wo aber Ingrid Föst mit Bronze die erste Mehrkampfmedaille gewann, mit Spungsilber den deutschen Doppelsieg absicherte und insgesamt vier Medaillen gewann.
Je viermal trugen sich später Janz und Gnauck als Europameisterinnen in die Siegerlisten ein - eine einmalige historische Erfolgsbilanz, die momentan in der deutschen Hauptstadt im Frauenturnen allerdings keine aktuelle Fortsetzung findet.

Bei den Berliner Männern
platzte der EM-Knoten wesentlich später:
Die erste EM Medaille gewann 1977 in Wilnius der spätere Weltmeister am Pferd, Michael Nikolay, den ersten EM-Titel (Boden) holte 1981 in Rom Olympiasieger Roland Brückner
Ausgangssituation bei den Männern
Zweifellos wird mit dem Mehrkampf
der hochwertigste Titel vergeben, den es im modernen Kunstturnen gibt.

Witali Scherbo (BLR) - 12-facher Europameister. 20-facher EM-Medaillengewinner an der Spitze der ewigen Bestenliste

In der Serie der europäischen Champions stehen solche Turnlegenden wie Witali Scherbo (1990 - 1996), Dmitri Bilosertschew (1983/'85), Viktor Klimenko (1969 - '75), Igor Korobtschinski (1989 - '94) oder Iwan Iwankow (1994 - 2006) als jeweils zweimalige Mehrkampf-Europameister an der Spitze. Da Deutschlands bislang einziger Mehrkampfchampion Fabian Hambüchen (Mailand, 2009) fehlt, trägt nun hier in Berlin der Brandenburger Philipp Boy (Cottbus) den keineswegs leichten Rucksack des Mitfavoriten auf den Titel; schließlich tritt er als der aktuelle Vize-Weltmeister der Allrounder an (Rotterdam 2010).
Im zur Seite soll der Bayer und Deutsche Mehrkampfmeister Marcel Nguyen stehen, der nach seiner Fußverletzung wieder einen
bedeutenden Mehrkampf bestreiten will. Robert Weber (TSV Ehmen), Thomas Taranu (KTV Straubenhardt), als Jüngster Sebastian Krimmer (TSG Backnang; 20) und Lokal-Matador Brian Gladow (SC Berlin) als Debütant gehen an einzelnen Geräten an den Start.

Hier
wird es denn auch eine bunte Mischung aus etablierten Favoriten und den jungen Wilden geben - irgend welche Vorhersagen sind im Kunstturnen eher vage ...:
Das ewige Barrenduell zwischen Mitja Petkovsek und Yann Cucherat etwa, der nimmermüde kleine Grieche Vlasios Maras bekommt es am Reck sicher nicht nur mit Vize-Weltmeister Epke Zonderland (NED) oder auch Philipp Boy (4. WM) zu tun.
Die Ringe-Oldies Yuri van Gelder (NED) und der bulgarische "Methusalem" Jordan Jowtschew werden das Feld ebenso nicht kampflos räumen, wie sich auch am Pferd der britischen Youngster Louis Smith nach zwei Vize-Titeln endlich gegenüber den Ex-Champions Berki und Koczi durchsetzen will.
Am Boden fehlt zwar Deutschlands Titelverteidiger Matthias Fahrig, aber dem aktuelle Weltmeister Eleftherios Kosmidis aus Griechenland steht mit Anton Golotsutskow auch ein zweifacher Europameister gegenüber, .
Ob aber schon die Ex-Junioren-Champions des Vorjahres, wie Max Whitlock (1. Boden, 1. Pferd, 2. Mehrkampf), Sam Oldham (beide GBR; 1. Mehrkampf, 1. Reck) oder der armenische Sprungchampion Artur Dartyan entscheidend in den Medaillenkampf eingreifen können, bleibt abzuwarten. Vielleicht kommen da diese Meisterschaften vor Olympia 2012 noch zu früh...

Wie sich Gastgeber Deutschland in Szene setzen wird
, hängt vom konkreten Geräteeinsatz ab, den der Bundestrainer Andreas Hirsch erst nach dem letzten Testwettkampf gegen eine Europaauswahl in Dessau (2. April) vornehmen wird...

Ausgangssituation bei den Frauen
Wer hier Mehrkampf-Europameisterin werden will, muss sicher die aktuelle Weltmeisterin von Rotterdam, die Russin Alina Mustafina schlagen. Alle anderen Spekulationen haben vor den Qualifikationsrunden am 6. April wenig Sinn.

Bei den Frauen sind sieben frühere Europameisterinnen gemeldet: Vanessa Ferrari (Mehrkampf & Boden 2007), die elegante Sandra Izbasa (Boden '06), Deutschlands und der Welt "Grand Dame" des Turnsports, Oksana Chusovitina (Sprung ('08), Ariella Kaeslin (Sprung '09), Jana Demjantschuk (Balken '09) sowie Beth TWEDDLE (3x Barren seit 2006; 2x Boden seit '09). Die Britin nimmt als nunmehr alleinige Rekordhalterin der EM-Geschichte zum 9. Mal seit 2002 an einer Kontinental-Meisterschaft teil.
Das Team Deutschland setzt seine Hoffnungen neben Chusovitina (an Sprung und Balken) vor allem auf die Deutsche Mehrkampfmeisterin Elisabeth Seitz, die zuletzt in Cottbus und Paris ansprechende Weltcup-Ergebnisse am Stufenbarren erzielte, sowie auf die wiedergenesene Ex-Meisterin Kim Bui mit dem größten Erfahrungsschatz.
Nach erfrischendem Challenge-Cup-Debüt in Cottbus erhält auch EM-Neuling Nadine Jarosch (TV 1860 Detmold) eine Berlin-Chance.
Der Youngster wird sogar gemeinsam mit der Deutschen Meisterin Elisabeth Seitz den kompletten Mehrkampf bestreiten.