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60. DEUTSCHE KUNSTTURNMEISTERSCHAFTEN der DAMEN 2000
Ein bemerkenswertes Jubiläum, von dem kaum jemand spricht

. TRADITIONEN, STATISTIKEN, WERTE.....

Zum 60. Mal Deutsche Kunstturnmeisterschaften der Damen statt und keiner hat's bemerkt!
Weder der sonst doch so sehr auf Tradition bedachte Deutsche Turner-Bund noch die mit der Ausrichtung beauftragten Leipziger Gastgeber scheinen dieses Jubiläum für historische Reminiszensen oder andere öffentlichkeitswirksame Massnahmen als Anlass nehmen zu wollen.
Wird doch derzeit die Öffentlichkeit mit ganz anderen "statistischen Bedeutsamkeiten" beschäftigt und gefüttert:
68% der Spielzeit sollen doch "Ribbecks Buben"  tatsächlich im Ballbesitz gewesen sein, bei ihrem klanglosen Ausscheiden ohne Sieg in der EM-Vorrunde.....und akribisch wurden Schüsse aufs und neben das Tor, wurden Spielparameter selbst der unbedeutendsten Art digitalisiert und für die mediale "Fussballewigkeit" gespeichert .....

Was sind dagegen schon ein paar Welt- oder Europameistertitel, Weltcup- oder Olympiaerfolge, die z.B. Leipziger Turnerinnen wie Starke, Zuchold, Kräker in der Geschichte geholt haben.
Dabei ist der Gastgeber der Deutschen Jubiläumsmeisterschaften die einzige deutsche Stadt, die einst 1961 eine Europameisterschaft durchgeführt hat und die nun - ebenfalls wie keine andere deutsche Stadt - bereits zum 15. Mal Deutsche Meisterschaften im Kunstturnen durchführt, auch in vielerlei Hinsicht historisch interessant:

Hier fanden sowohl im Jahre 1921 die allerersten Deutschen Meisterschaften
der Männer und Frauen statt, wie auch der Wiederbeginn nach dem II.Weltkrieg mit den ersten DDR-Meisterschaften ein Leipziger Ereignis war. Dabei schaffte Charlotte Scholz vom damaligen Verein Lok Ost Leipzig einen nationalen Rekord, als sie zwischen 1949 und 1953 5x in ununterbrochener Reihenfolge DDR-Mehrkampfmeisterin wurde, ein Rekord, der erst 1972 von Karin Janz wieder erreicht wurde, allerdings einmal unterbrochen - 1968 -  durch die Leipzigerin Erika Zuchold!
Bereits 1941, bei der Kriegsmeisterschaften in Passau, holte sich mit Charlotte Walther zum ersten Mal eine Leipzigerin den deutschen Mehrkampftitel. Der viefachen Siegerin Charlotte Scholz folgten Roselore Sonntag (Stöbe) 1956, 1957 und 1959, dann 1964 Erika Barth, die als Erika Zuchold noch zweimal erfolgreich war (1966 und 1968) und die als erste Flick-Flackspringerin und Weltmeisterin (1970) auf dem Balken weltweit bekannt wurde und geblieben ist.
( GYMmedia-Service: Alle Deutschen Mehrkampfmeisterinnen der Geschichte)

Nach einer langen berliner und halleschen Meisterschafts-Serie kam dann mit Steffi Kräker  1977 die fünfte und bislang letzte Messestädterin in den Besitz einer deutschen Turn-Mehrkampfkrone......

Nach der politischen Wende war es nur noch Cindy Klemrath von der TuG Leipzig, die sich sowohl im nationalen (Bronze 1996 in Langenhagen) wie auch internationalen Massstab als Auswahlturnerin etablieren konnte.

Ein wenig eigenartig ist diese Stille um das Frauenkunstturnen im Mutterland dieser Sportart schon, vor allem aus der Sicht eines bevorstehenden Deutschen Turnfestes 2002, sollte man doch annehmen, dass die historischen Daten im Zusammenhang mit der bevorstehenden Meisterschaft ein in der Stadt seit 1999 etabliertes Organisationskomitee willkommene Fakten zur Propagierung des Turnsports im allgemeinen und des Kunstturnens im Besonderen sind.
Man sollte sich schon wundern, wenn man dort davon keinerlei Notiz nähme.

Hat man sich in Deutschland bereits damit abgefunden, dass mit diesen ersten Deutschen Meisterschaften im neuen Jahrtausend der Anspruch "Spitzensport" nichts mehr mit deutschem Frauenkunstturnen zu tun haben soll....?

Vielleicht muss die deutsche Spass- und Fun-Gesellschaft einfach nur wieder den Leistungsbegriff für junge Leute in diesen Zeiten neu definieren, attraktiver darstellen, als echte Herausforderung beschreiben. Das ist mehr, als nur die plakative Scheinwelt des Stardaseins, oft nur begrenzt auf wenige Elitesportarten und deren mediale Reduzierung auf Siegertypen. Vielleicht muss man wieder stärker den Weg als das Ziel beschreiben und vielleicht widmen sich dann auch wieder mehr Jugendliche auch solchen sportlichen Disziplinen, bei denen man fast ein Jahrzehnt braucht, um in Historie oder Statistiken einzugehen....

Eckhard Herholz/GYMmedia

( GYMmedia-Service: Alle Deutschen Mehrkampfmeisterinnen der Geschichte)

 

PRESSEVORSCHAU

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BERLIN, 22. Juni 2000

Unvermindertes Pensum für eine vage Chance
- von Barbara Klimke

. Turnerinnen hoffen auf Nachsicht beim NOK

Einen ruhigen Sommer, so war zu vermuten, könnten die Kunstturnerinnen in diesem Jahr verbringen.
Im Mai hatten die 16-jährige Dagmar Fehrenschild und Birgit Schweigert, 18, bei der Europameisterschaft als letzte Kandidatinnen die Olympianorm nicht erfüllt; seitdem schien festzustehen: In Sydney wird keine Artistin des Turner-Bundes (DTB) auf dem Schwebebalken Salti springen. Erholung aber wurde nicht gewährt. "Wir ziehen das Training diesen Sommer durch, entsprechend den ursprünglichen Trainingsplänen", erklärte Dieter Koch, der Teamchef der Kunstturnerinnen, vor der deutschen Meisterschaft an diesem Wochenende: "Birgit Schweigert und Dagmar Fehrenschild bereiten sich weiter auf Olympia vor."  Trotz ist keinesfalls die Triebfeder für das unverminderte Pensum. Koch hofft auf den 3.
August, wenn das Nationale Olympische Komitee über mögliche Nachnominierungen von Turnerinnen berät. Der DTB werde "offiziell eine Eingabe an die Nominierungskommission" stellen, sagte Pressesprecher Wolfgang Steiger: "Der Verband ist es den Turnerinnen schuldig, zumindest den Versuch zu unternehmen." Zwar glaubt Sportdirektor Wolfgang Willam, es sei schwer, das NOK noch umzustimmen. Koch aber nennt Argumente, die für seine Athletinnen sprechen. Fehrenschild erreichte bei der EM keines der geforderten Gerätefinals, doch am Barren verpasste sie die Qualifikation nur um sechs Hundertstel Punkte. Im Mehrkampf, Rang zehn war Pflicht, belegten Fehrenschild und Schweigert die Plätze 16 und 12. Koch rechnete vor: "Es war das beste Ergebnis bei einer EM seit 1990." Dass die Turnerinnen der DDR besser waren, steht außer Frage.
Auch Koch spricht nur von einer "theoretischen Olympia-Chance", eines aber stellte er klar: Es gebe keine Möglichkeit für eine andere Athletin außer dem genannten Duo, sich für Sydney noch zu empfehlen, denn die NOK-Kriterien bezogen sich auf die EM. Bei der nationalen Meisterschaft am Sonnabend und Sonntag in Leipzig bringt kein Überschlag Fehrenschild und Schweigert in eine bessere Position.
Dafür bietet der Wettbewerb jenen eine Gelegenheit, ihr Können unter Beweis zu stellen, die definitiv nicht zur Reisegruppe nach Australien zählen. Die 20-jährige Gritt Hofmann und Katja Abel, 17, aus Berlin gehören für Koch zum Kreis der Favoritinnen. Beide haben eine einjährige, ärztlich verordnete Zwangspause hinter sich. "Sie werden sich in Leipzig
zurückmelden", verspricht der Berliner Bundestrainer Steffen Gödicke. Gritt Hofmann konnte Teamchef Koch kürzlich überraschen, weil sie sich schon nach kurzer Trainingszeit als Ersatzturnerin für das EM-Team qualifizierte. Katja Abel kehrte in dieser Woche von einem Wettkampf in Mexiko ( COPA GIMNASTICA 2000 ) zurück, wo sie Platz sieben im Mehrkampf und Rang drei am Balken erreichte. Einen erholsamen Sommer gönnen auch sie sich nicht. Ihr Wochenpensum an den Geräten beträgt 25 bis 28 Stunden.

Barbara Klimke/Berliner Zeitung

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Leipzig, 21.06.2000
Auslaufmodell oder Anlaufpunkt?
. Turnerinnen bei DM in Leipzig vor neuer Standortbestimmung
Tropische Temperaturen herrschten gestern im Turnleistungszentrum Bergisch-Gladbach vor den Toren Kölns. "36 Grad sind ein bisschen derb. Deshalb haben wir nur eineinhalb Stunden trainiert, dann sind die Mädchen duschen gegangen und ab nach Hause", beschreibt Dieter Koch das von ihm verordnete Hitze-Sonderprogramm. Trotz der bevorstehenden deutschen Meisterschaften am Wochenende in Leipzig verzichtete der Bundestrainer und Coach von Mitfavoritin Dagmar Fehrenschild auf das sonst mehrstündige Normalpensum. "Qualität vor Quantität", so lautet das Kochsche Rezept.
Welche Zutaten aber empfiehlt der verantwortliche Trainer, damit aus internationalen Ergebnissen mit fadem Beigeschmack wieder ein (Turn-)Menü wird, das hier zu Lande mundet? "Nach der Meisterschaft werden wir mit etwa 30 Mädchen des Jahrgangs '88 und älter den Olympiakader für 2004 formieren. Deshalb ist Leipzig, gewissermaßen als Vorleistung, ganz, ganz wichtig für die neue Standortbestimmung", sagt Dieter Koch, dessen Schützling ebenso wie die Kölnerin Birgit Schweigert zur EM das Olympia-Ticket knapp verpasst hatte. Die Hoffnung liegt nun beim Nationalen Olympischen
Komitee, das im August über den "Problemfall Turnen" entscheiden wird. Das Athen-Konzept 2004 orientiert sich dabei stark am Sydney-Programm, welches bekanntlich nicht fruchtete. "Der zeitliche Rahmen war zu kurz. Nach dem Olympia-Aus der Mannschaft '96 und der neuen Konzeption vergingen fast zwei Jahre. Ehe dann die Veränderungen im Trainingsprozess und Leistungsaufbau griffen, war die entscheidende WM in China da", so Koch.
Neubeginn also.

Er soll auch mit einer dünnen Talente-Decke (Koch: "Die Basis ist nicht riesengroß. Deshalb müssen wir behutsam mit den Talenten umgehen und sie mehr individuell fördern") und unter nach wie vor amateurhaften Bedingungen (die Schule besitzt Priorität) gelingen. Anderswo, etwa in Frankreich, geht man professionell vor, präsentiert sich modern, frisch und überholt die Deutschen. "Das Dilemma besteht darin, dass Turnen aufwändig und kostenintensiv ist. Es dauert lange, bis Erfolge da sind. Doch Sponsoren wollen schnelle Erfolge sehen", glaubt Leipzigs Trainer Walter Bernasch. Als Meisterschafts-Gastgeber erfährt sein Turnclub gerade eine absolute Pechsträhne. Verletzungen haben die eigene Teilnehmerzahl auf zwei Mädchen minimiert. Von diesem Duo ist Conny Schütz eigentlich auch noch nicht wieder fit. Aber die 15-Jährige will wenigstens am Barren antreten.  Der Bundestrainer schätzt die Einstellung der Lokalpatriotin: "Conny hat Biss, ihre Motivation stimmt. Ich hoffe, dass sie sich bald wieder stabilisiert." Laut Koch ist die Leipzigerin für den neuen Olympia-Kader erste Wahl, ebenso wie ihre Teamkollegin Katja Stieler. Die jungen Damen werden noch ganz schön schwitzen.

Kerstin Förster/LVZ

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Leipzig, 22.06.2000

Dem deutschen Turnen fehlen Lobby und Einigkeit
Olympiasieger Klaus Köste als Ehrengast bei DM in Leipzig

. Zwei Sprünge, ein großes Gefühl. 1972 wurde der Leipziger Klaus Köste in München Olympiasieger im Pferdsprung.
1990 ging der Turn-Profi in die Luft und kehrte per Fallschirm wohlbehalten zur Erde zurück. Damals als Himmelsstürmer an seiner Seite: Reck-Weltmeister Eberhard Gienger. "Wir haben symbolisch den Sprung in die deutsche Turn-Einheit vollzogen. Der Weltmeister West und der Olympiasieger Ost. So einen Moment vergisst man nicht", erinnert sich der 57-Jährige an den Nervenkitzel. Angst? "Im Flugzeug habe ich ein Interview gegeben. Ich glaube, ich habe noch nie so viel Blödsinn erzählt wie in diesem Gespräch. Das war ein deutliches Zeichen für meinen Schiss. Als ich rausgesprungen bin, war die Angst weg. Dann habe ich nur noch ein herrliches Gefühl empfunden", beschreibt Köste die Schirmherrschaft, die dem Profi Eberhard Gienger vor kurzem fast das Leben gekostet hätte. "Wir sind telefonisch in Kontakt. Er ist guter Dinge und meint, dass er bald wieder Riesenfelgen zeigen kann", weiß der Leipziger.
Zehn Jahre nach dem gemeinsamen Sprung-Abenteuer und der Chance, miteinander voranzukommen, sieht Köste jedoch das deutsche Turnen am Boden. "Bei den Männern ist es vielleicht noch ein bisschen günstiger. Die haben einen Andreas Wecker, ein Glücksfall. Sein Engagement für die Nachwuchsleute mit den Wecker-Boys ist eine herrliche Sache", meint Klaus Köste, der am Wochenende als Ehrengast die deutschen Meisterschaften der Kunstturnerinnen in Leipzig anschauen wird.

"Im Frauenturnen ist es nicht gelungen, gute Talente behutsam nach oben zu führen. Es steht immer weniger Zeit für das wichtige Grundlagen-Training zur Verfügung, und es fehlt die Rundum-Betreuung. Mit dem jetzigen
System habe ich keine Hoffnung, dass sich etwas ändert", kritisiert der ehemalige Cheftrainer der SCL-Turnerinnen. Diese brachten - von den Meistertrainern Helmut Gerschau und Roselore Sonntag betreut - mehrfach Olympia-Medaillen mit nach Hause. Heute haben Jahns Jünger keine Lobby. Im Schulsport ist das Turnen zur Sonder-Übung geworden. "Wettkämpfe werden kaum registriert, weil das dort Gezeigte und die Wertungen fürs Publikum nicht nachvollziehbar sind. Der Blick in die Welt bringt genau das Gegenteil ans Licht. "International hat das Turnen einen riesigen Stellenwert. Die Wettkämpfe bei Olympia sind lange vorher ausverkauft", so Köste.
Bewegung komme nur dann in deutsche Hallen, wenn eine Gala geboten wird. Aerobic, Turnen, Trampolin, Akrobatik und Gymnastikauf einer Bühne.
"Der größte Fehler war, die Turn-Bestandteile so extrem zu trennen. Die Risse müssen wir kitten, vor allem zwischen Kunst- und allgemeinem Turnen", betont Klaus Köste. Er ist auf dem Sprung - als Turnfest-Beiratsmitglied Leipzig 2002.

Kerstin Förster

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- ehe -
23-06-2000

 

 

 

 

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