30-SEP-2001

67. Deutsche Turn-Meisterschaften der Männer
67th German Championships, Artistic Gymnastics, Men
- Dessau, 28. - 30. September 2001

 

Resultate Gerätefinals
Results Event Finals, Men
Aus Dessau berichten Reinhard Linder (Text/Fotos) und Eckhard Herholz

BODEN / Floor Exercises

   

NAME

Verein

TOTAL

1

Kwiatkowski, Sven KTV Chemnitz 9,125

2

Pfeifer, Sergej TK Hannover 8,937

3

Zapf, Stephan TV Haslach 8,850

4

Tschernitschek, Rene SV Halle 8,725

5

Uebel, Jens KTV Chemnitz 8,625

6

Berczes, Christian SV Halle 8,300
7 Juckel, Robert SC Cottbus Turnen 8,025
8 Spiridonow, Jewgeni TV Bous 8,000
 

>> Der für die Weltmeisterschaften in Gent nominierte Stephan Zapf (EnBW KTV Stuttgart) eröffnete das Gerätefinale mit einer fulminanten Übung am Boden. In seine Übung mit dem Ausgangswert von 9,6 baute er in der ersten Bahn einen Strecksalto mit Doppelschraube ein. Zum Abschluss seiner fast fehlerfreien Übung brachte er einen Doppelsalto rückwärts sicher in den Stand. Verdient belegte er am Schluss mit 8,85 Punkten Rang drei.

>> Mit einer ähnlich aufgebauten Kür, die dank eines Gogoladse um ein Zehntel schwieriger war, zog Sven Kwiatkowski (KTV Chemnitz) an dem Schwaben vorbei. Der schon in der WM-Qualifikation überlegene Mann turnte technisch sehr sauber und erhielt mit 9,125 Punkten als einziger eine Neuner-Wertung, womit er sich den Titel sicherte.

>> Eine anspruchsvolle Übung mit Doppeltwist präsentierte der Hannoveraner Sergei Pfeifer, die ihn auf Rang zwei brachte. Ob er bei den Weltmeisterschaften an den Start gehen wird, hängt vom Genesungsverlauf seiner Schulter und der Belastungsverträglichkeit in den nächsten Wochen ab. 
>> Titelverteidiger René Tschernitschek (SV Halle) ging volles Risiko ein, für das er nicht belohnt wurde. Seine erste Akrobatikbahn schloss er mit einem Doppelsalto vorwärts ab, bei seinem Doppeltwist musste er sich in den Liegestütz retten.
>> Die attraktivste Kür hatte zweifellos der 19-jährige Robert Juckel (SC Cottbus) zusammengestellt mit einem eineinhalbfachen Twist. Doch gleich zum Auftakt brachte er seinen Doppelsalto vorwärts nicht in den Stand, so dass er hinter Jens Uebel KTV Chemnitz) und Christian Berczes (SV Halle) auf Platz 7 landete. 
>> Achter wurde der erst seit zwei Monaten in Deutschland lebende Jewgeni Spiridonow, der demnächst als Eugen Degenhardt für die TG Saar starten wird.

PAUSCHENPFERD / Pommel horse

>> Ein strahlender Valeri Belenki (EnBW KTV Stuttgart) feierte einen überlegenen Sieg an seinem Paradegerät Pauschenpferd. Trotz schmerzender Schulter nahm er einen "Mogilniy" in seine Übung auf und schraubte damit den Ausgangswert auf 10 Punkte hoch. Motiviert bis in die Haarspitzen durch seine Nominierung für die Weltmeisterschaften turnte er sauber durch und erhielt völlig verdient 9,463 Punkte.

 

NAME

Verein

TOTAL

1

Belenki, Valeri ENBW KTV Stuttgart 9,463

2

Andergassen, Thomas MTV Stuttgart 9,175

3

Tschernitschek, Rene SV Halle 9,100

4

Kwiatkowski, Sven KTV Chemnitz 8,620

5

Pfeifer, Sergej TK Hannover 8,525

6

Spiridonow, Jewgeni TV Bous 8,450
7 Toba, Marius TK Hannover 8,375
8 Juckel, Robert SC Cottbus Turnen 8,025

>>Zweiter wurde sein Mannschaftskamerad Thomas Andergassen mit 9,175 Punkten, gefolgt vom Hallenser René Tschernitschek. Pech hatte Sven Kwiatkowski, der bereits am Anfang beim dritten Russenwendeschwung vom Pferd fiel. Anschließend turnte er sicher durch, doch reichte es nur für den vierten Platz. Ein Russenwendeschwung wurde auch Sergei Pfeifer zum Verhängnis, der gerade noch vor Jewgeni Spiridonow, Marius Toba und Robert Juckel den fünften Platz erreichte.

 

RINGE / Still Rings

   

NAME

Verein

TOTAL

1

Toba, Marius TK Hannover 9,600

2

Andergassen, Thomas MTV Stuttgart 9,100

3

Charkov, Sergej TV Dillingen 9,088

4

Zapf, Stephan TV Haslach 8,550

5

Spiridonow, Jewgeni TV Bous 8,050

6

Berczes, Christian SV Halle 7,650

Marius Toba (links) im GYMmedia-Gespräch:
 "Man muss sich mal vorstellen: Da entschuldigt sich der Cheftrainer doch tatsächlich fast bei mir und sagt, dass es ihm leid tut und er leider nichts machen könne!? Tja wer ist denn hier eigentlich der Chef und wer hat das Sagen...! Und als Trost teilt er mir mit, dass ich mir Hoffnung im nächsten Jahr im Mai auf einen EM-Einsatz machen könne...! Was soll denn dass, im September 2001?
... die momentanen Zustände im DTB sind aus meiner Sicht eine reine Katastrophe, und dabei habe ich dem DTB bisher immer die Kastanien aus dem Feuer geholt und über meine Leistungseinstellung kann sich bestimmt keiner beklagen.
Ich war wenige Tage (!) nach meiner Ellenbogen-OP der erste, der sich im Trainingslager in Kienbaum wieder mit voller Sechskampf-Bereitschaft vorgestellt hat."

(... mehr dazu lesen Sie in einem "Offenen Brief Marius Toba's auf der Website des
>> TK HANNOVER)

 

>> Der 33-jährige Marius Toba bleibt der Herr der Ringe!
Mit einer phantastischen Übung voll präziser Krafthalten setzte er mit 9,6 Punkten eine Marke, die wie eine Ohrfeige für den Deutschen Turner-Bund wirkte, der ihn nicht für die Weltmeisterschaften in Gent nominiert hatte!!

Obwohl man mit eigentlich mit 10 Turnern in die unmittelbare WM-Vorbereitung gehen wollte, tut dies Chef-Coach Hanschke nun demonstrativ nur mit 9 Turnern, und lässt ausgerechnet  d e n  Mann draußen, der schon bei Olympia per Telefon aus dem Urlaub an die Geräte gerufen wurde und dann einziger Deutscher im im olympischen Ringefinale war. Eher unwahrscheinlich, dass Marius Toba sich noch einmal für einen nicht auszuschließenden Notfall hergeben wird. Im Gegenteil: Zutiefst enttäuscht soll er Sportdirektor Wolfgang Willam um sofortige Entbindung vom DTB-Leistungsauftrag gebeten haben!
Nichts gegen den "Verjüngungsplan Athen 2004" - aber man kann aus sportlichen Gesichtspunkten einfach nicht die Alten, Etablierten mit ihrer überdurchschnittlichen Leistungsbereitschaft büßen lassen, für die mangelhaften  Leistungssportstrukturen des DTB und die als Folge dramatisch schwachen Leistungsfortschritte der jungen Turner !!)

Die Silbermedaille holte sich mit einer ruhigen Übung Thomas Andergassen knapp vor Altstar Sergei Charkow, der ebenfalls die Weltmeisterschaften am Fernseher verfolgen muss - eine Entscheidung, die er nach seiner Leistung in Dessau nicht nachvollziehen kann.
 
Stephan Zapf
hat sich an den Ringen verpokert. Erstmals wollte er eine Übung mit einem Ausgangswert von 10 Punkten zeigen, weshalb er sich aus der Schwalbe in die Stützwaage hoch drückte. Doch an anderer Stelle patzte er, beispielsweise bei einer Felge in den Handstand, so dass er mit nur 8,55 Punkten Vierter wurde. Hinter ihm landeten Jewgeni Spiridonow und Unglücksrabe Christian Berczes, dessen Riemchen riss, so dass er von Glück sagen konnte, dass er sich nicht ernsthaft verletzte.

Sprung / Vaulting Table

   

>> Keine Überraschung war die Goldmedaille am Sprung für René Tschernitschek vom SV Halle. Der Titelverteidiger zeigte als einziger im Finale zwei saubere Sprünge. Er begann mit einem Tsukahara mit halber Schraube, dem er einen sicher gestandenen Überschlag-Doppelsalto folgen ließ, für den er 9,475 Punkte kassierte.
>>
Am ehesten mithalten konnte Marius Toba, obwohl er sowohl bei seinem Roche, als auch bei seinem Kasamatsu Standschwierigkeiten hatte. Dritter wurde Robert Juckel, der neben Überschlag-Doppelsalto über keinen schwierigen zweiten Sprung verfügt und daher auf einen einfachen Tsukahara gestreckt zurückgriff.
Einen Tsukahara zeigte auch der Vierte Christian Berczes als zweiten Sprung, der mit seiner Spezialität, einem Überschlag-Strecksalto gerade einmal auf 9,2 Punkte Ausgangswert kam.

 

NAME

Verein

TOTAL

1

Tschernitschek, Rene SV Halle 9,1375

2

Toba, Marius TK Hannover 8,7375

3

Juckel, Robert SC Cottbus Turnen 8,7313

4

Berczes, Christian SV Halle 8,6688

5

Minameyer, Andreas TSV Mohnheim 8,5875

6

Uebel, Jens KTV Chemnitz 8,2375
7 Spiridonow, Eugen TV Bous 8,1938

Für den erst 18-jährigen Andreas Minameyer vom TSV Monheim wäre mit etwas Glück sogar ein Platz auf dem Treppchen drin gewesen. Zumindest sind ein Kasamatsu mit ganzer Drehung und ein Überschlag-Bücksalto mit halber Drehung Zeichen dafür, dass der Junge etwas kann. Leider stürzte er bei seinem Kasamatsu und kam mit insgesamt 8,588 nur auf den fünften Platz. 
Sechster wurde Jens Uebel mit einem verunglückten Überschlag-Bücksalto und einem Kasamatsu, Schlusslicht wurde Eugen Spiridonov.

Barren / Bars

   

NAME

Verein

TOTAL

1

Charkov, Sergej TV Dillingen 9,1875

2

Andergassen, Thomas MTV Stuttgart 8,900

3

Kwiatkowski, Sven KTV Chemnitz 8,837

4

Toba, Marius TK Hannover 8,625

5

Uebel, Jens KTV Chemnitz 8,350

5

Spiridonow, Jewgeni TV Bous 8,350
7 Berczes, Christian SV Halle 8,300
8 Michels, Torsten TV Piesbach 8,225
 

An den Holmen haben die Deutschen ein Problem, vor allem bei den Weltmeisterschaften. Denn Titelträger Sergei Charkov wird in Gent nicht dabei sein. 
Zwar sind auch seine 9,1875 Punkte international gesehen nicht konkurrenzfähig, die 8,9 Punkte des Zweitplatzierten Thomas Andergassen sind es aber noch weniger. Immerhin hatte dieser mit einem Doppelsalto in der Holmengasse wenigstens ein Knüllerelement zu bieten.
Noch wesentlich farbloser agiert Sven Kwiatkowski, der mit der einer Felge und einer Stützkehre auf einem Holm Dritter wurde. Ihm fehlen einfach die Inhalte an diesem Gerät (neben nicht ausreichenden Kraftfähigkeiten an den Ringen fehlen ihm diese zwei Geräte auch schmerzlich für ein international sehenswertes Mehrkampfresultat!)
Hinter sich ließ er Marius Toba, Jens Übel, Eugen Spiridonov, Christian Berczes und Torsten Michels.

* ... mehr zu Charkow:
>  "Verprellt", Artikel der Berliner Zeitung)

RECK / High Bar

   

Der erfolgreichste Akteur bei den Deutschen Meisterschaften heißt Sven Kwiatkowski. Nach seinem Titel am Boden holte er sich mit einer starken Kür, unter anderem mit Kovacs-ganze Drehung und Kovacs gestreckt die Goldmedaille am Königsgerät (9,475). 
>> Hauchdünn dahinter lag mit 9,463 Punkten Sergei Charkov. Der Saarländer bot eine Flugshow par excellence mit einem Ausgangswert von 10 Punkten. Er eröffnete mit Kovacs-Salto,  dem er eine Verbindung aus Tkatchev gestreckt, Tkatchev gegrätscht, Tkatchev gestreckt und Gienger-Salto folgen ließ.
... neben Toba (siehe Ringe) blieb mit Charkow auch ein  zweiter Deutscher Medaillengewinner und Gerätebeste am Reck (Weltmeister 1993) für die WM-Mannschaft unberücksichtigt. Charkow hat sogar juristische Schritte dagegen angekündigt.

Auf alle Fälle hat der DTB schon seit langem ein Hauptproblem: Das ist aber nicht die professionelle Leistungsbereitschaft der zweifellos alternden und irgendwann mal zum Kaschieren der eigenen Schwäche ins deutsche Turnen integrierten Weltstars, sondern es ist die für das Mutterland des Gerätturnens nahezu peinliche Konzeptionslosigkeit im Leistungssport. Sollten sich an dieser Stelle hier Proteste erheben, dass man doch ein Verjüngungskonzepte Athen 2004 habe, muss nachgefragt werden, warum ein an sich gutes Konzept nach einem Jahr lautstarker Ankündigungen so frustrierend ergebnislos bleibt!
(-ehe-)

Vom Publikum jedenfalls erntete Charkow frenetischen Beifall , das die Meisterschaften in Dessau an allen drei Tagen zu einem wahren Turnfest hat werden lassen.

 

NAME

Verein

TOTAL

1

Kwiatkowski, Sven KTV Chemnitz 9,425

2

Charkov, Sergej TV Dillingen 9,4625

3

Uebel, Jens KTV Chemnitz 9,1125

4

Berczes, Christian SV Halle 8,900

5

Neubert, Tom KTV Chemnitz 8,725

6

Zapf, Stephan TV Haslach 7,525
7 Juckel, Robert SC Cottbus Turnen 7,200
8 Toba, Marius TK Hannover 7,025

Dritter wurde Jens Uebel vor Christian Berczes und Tom Neubert. Stephan Zapf verkorkste seine Übung völlig,zum dritten Mal in drei Tagen und wird während der WM-Vorbereitung in Kienbaum noch gewaltig an seiner Kür feilen müssen. Ein unfreiwilliger Abgang warf Robert Juckel auf Platz 7 zurück.
Marius Toba
verließ gar ohne Abgang das Gerät.

Deutsche Nominierung für die WM 2001 in Gent

Cheftrainer Rainer Hanschke nominierte am Morgen des Finaltages für die 35.WM-Mannschaft 2001 in Gent/Belgien folgende Turner bereits fest: 
Sven Kwiatkowski, Thomas Andergassen, Stephan Zapf und Valeri Belenki.

Um die restlichen Startplätze sollen sich bei einem Ausscheidungswettkampf am 17.10. im Trainingscamp Kienbaum  Robert Juckel (SC Cottbus), Sergej Pfeifer (TK Hannover), René Tschernitschek, Christian Berczes (beide SV Halle) und Jens Uebel (KTV Chemnitz) bewerben.
Letztlich sollen nach dem Länderkampf gegen die Schweiz und Japan am 20.10.01 (17 Uhr, Freiburg) die Positionen 5 und 6 im Team sowie die Rolle des Ersatz-Turners festgelegt werden.

Deutsche Meisterschaften 2001 / German Championships 2001
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