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09.10.2000: Olympia-Nachlese
Wettkampfsystem Bundesliga als Chance für die
Nationalmannschaft
(- von Prof. Klaus Zschunke)
Im Zusammenhang mit dem mehr als bescheidenen Abschneiden der deutschen Nationalriege in
Sydney flackert nun auch die Diskussion um unser Wettkampfsystem
Bundesliga wieder auf. Der
Streit um das Für und Wider der Bundesliga dauert nun schon so lange, wie die
Kunstturn-Bundesliga existiert, nämlich 30 Jahre. Die
Befürworter verweisen auf die große Bedeutung des Wettkampfsystems für die Basis des
deutschen Kunstturnsports, während die Gegner Anzahl und Terminierung der Ligawettkämpfe
als Störfaktoren im Training der Nationalturner auf Weltmeisterschaften und Olympische
Spiele betrachten.
Vor jeder Weltmeisterschaft und besonders vor den Olympischen Spielen handelten die
für die Nationalmannschaft Verantwortlichen mit den Ligavertretern Kompromisse aus,
welche in der Regel auf Kosten der Liga gingen. So auch vor den Spielen von Sydney. Die
Vorrunden-Wettkämpfe der 1. Bundesliga wurden auf einen einzigen Wettkampf im April in
Dillingen minimiert. Die deutschen Nationalturner hatten dadurch zumindest kurzfristig
eine bundesligafreie Vorbereitungszeit auf den Höhepunkt Sydney zur Verfügung. Genützt
hat dies aber offenbar nichts. Wenn zweifelsfrei in der Vergangenheit, als das olympische
Programm (Zwölfkampf Pflicht und Kür) und das Bundesligasystem (Einzelgeräte nur Kür)
stark divergierten, der Trainingsprozeß auf internationale Höhepunkte durch die Liga
empfindlich beeinträchtigt wurde, gilt das heute so nicht mehr. International wird heute
genauso geturnt wie in der Bundeliga. Es gibt keine Pflicht mehr und die Turner brauchen
nicht mehr den Mehrkampf zu absolvieren.
Was also liegt näher, als die Bundesliga sauber
einzubinden und für die Nationalmannschaft zu nutzen?
Die Bundesliga muß kein Störfaktor sein, im Gegenteil, sie kann auch als Chance
für die Nationalmannschaft betrachtet werden, entsprechende Anreize für die
Nationalturner vorausgesetzt. Dies belegt auch das große Interesse aus dem Ausland.
Spitzenturner aus Osteuropa, allen voran die Ukraine mit gleich vier Olympiateilnehmern,
nutzen die Bundesligawettkämpfe für ihre Leistungsentwicklung. Und das dies nicht
negativ sein muß, bewiesen die Turner um Europameister Alexander Beresch, indem sie in
Sydney die sieggewohnten Russen auf Platz drei verdrängten.
(K. Zschunke)
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