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Zu diesem Thema meldete sich Dr.
Peter Kotzurek
Cheftrainer Schweiz, Männer

Dr. Peter Kotzurek
(rechts) mit Leon Chefredakteur A.Götze
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Hallo
Freunde des Turnens,
Ich habe lange überlegt, ob ich mich einmal zu Wort melden
sollte. Und nun surfe ich in meinen freien Stunden durch Netz ( da
mein kleiner Sohn noch schläft
! ) und möchte meinen Standpunkt zu diesem brisanten Thema
äußern.
Als
letzter Nationaltrainer Frauen der DDR konnte ich
Stückchen Turngeschichte
mitschreiben, und war an den Vereinigungsverhandlungen für
ein Gesamtdeutschland mit am Ball gewesen. Nach mühsamen Diskussionen
habe ich leider irgendwann das Handtuch
geworfen und bin dann Richtung Schweiz
gezogen.
Hier arbeite ich nun bereits seit 5. Jahren in einem der demokratischsten
Gefüge Europas und ich habe gestaunt, dass es hier möglich
ist, in basisdemokratischer Form alle an einen Tisch zu holen. |
Mittlererweile, durch die Anstrengungen
vieler Turnfanatiker in der Schweiz,
existieren 8 gut funktionierende regionale Leistungszentren und ein
Verbandszentrum, in welchen alle ( 15 Turner Männer / 10 Turnerinnen / 10
Rhythmische Gymnastinnen ) Hand in Hand in Magglingen arbeiten.
Und all dies in der Schweiz !!!!
Es gibt viele Wege, die nach Rom führen - ich weiß, aber gut wäre es,
wenn alle Beteiligten auf einem Weg und in
eine Richtung gehen. Ich denke, dass so
eine Nation dann schneller vorankommt. Ich
kann nicht und möchte nicht über das deutsche Turnen richten, jedoch
meine Erfahrungen in meiner 20 jährigen
Trainertätigkeit möchte ich als deutscher
Staatsbürger gern weitergeben.
Die
Arbeit wird nach wie vor in der Turnhalle realisiert
und dies sollte effizient,
zielorientiert und gemeinsam gemeistert werden. Ein INPUT von
außen ist für ein System nicht
schlecht. In der Schweiz arbeiten Rumänen,
Russen, Franzosen, Ungarn und Deutsche und bereichern sich
gegenseitig aus ihren Systemen und
kreieren ein "Schweizer Turnsystem" auf
Grundlage der Erfahrungen anderer Nationen. Ich denke, dass solch
ein Ansatz nicht schlecht ist. Nur die
Notwendigkeit dafür ist, dass die Ausländer
akzeptiert, gehört und unterstützt werden. Sie benötigen
Vertrauen und müssen in die Pflicht
genommen werden und dann werden sie auch
wachsen. |

Kotzurek (rechts) mit
dem Schweizer Nationalteam 1997, zuBeginn seiner Tätigkeit
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Ein Herumreiten
auf den Trainingsumfängen allein (36 Stunden pro Woche und
mehr ) ist fraglich und gefährlich. Es kommt
nicht auf die Quantität der Arbeit an,
sondern auf Intensität, Zielorientiertheit, Kontinuität, Beharrlichkeit
und Konsequenz einen eingeschlagenen Weg zu verfolgen.
Die größte Herausforderung für meine
Tätigkeit als Cheftrainer Männer der
Schweiz bestand und besteht darin, die Denkweise der Schweizer
Athleten zu ändern. Allein hätte ich es nie geschafft, aber durch
die Einflüsse und Zusammenarbeit aller im Kunstturnen der Schweiz beteiligten
Turnfreunde, ob in den Regionen oder im Verbandszentrum bis hin
zur Verbandsführung, haben wir eine Veränderung realisiert.
.......So, jetzt ist mein Sohn aufgewacht
und ich werde als Vater meinen Pflichten
nachkommen und die schönste Sache der Welt tun, nämlich mit meinem
Sohn spielen.
Ich wünsche allen Turnfreunden in
Deutschland viel Kraft, Mut und Entschlossenheit,
sich für die Sache schöpferisch zu streiten.
Peter Kotzurek
Schweizer Verbandstrainer Männerturnen
Magglingen/Schweiz, 26-April-2001 |