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Stuttgart:

Ein exotisches Pärchen...
oder
Belenki als Stabhochsprungtrainer

- von Ursula Kaiser -

. Wie ein Äffchen klettert Yvonne Buschbaum das dicke Seil hoch und schwingt - Beine oben, Kopf unten - hin und her. Waleri Belenki steht daneben und lobt die Stabhochspringerin von der LG VfB Kickers Stuttgart in den höchsten Tönen: "Das war toll, versuch es noch mal."
belenki_lustig.jpg (13147 Byte) Der Weltmeister am Pauschenpferd von 1991 und 1997 und die Junioren-Europameisterin   im Stabhochsprung Yvonne Buschbaum treffen sich in der Regel einmal die Woche im Kunst-Turn-Forum in Bad Cannstatt zur "Turnstunde".

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Yvonne: Seiltraining im Kunst-Turn-Forum Stuttgart

Aus dem Lautsprecher dudeln fetzige Rhythmen und Yvonne  ist eifrig mit ihren Übungen beschäftigt. Waleri Belenki wirft immer mal ein Auge auf sie. Ringe, Reck und Barren sind die interessantesten Geräte.

"Ich kann unheimlich viel lernen", schwärmt die Deutsche Meisterin von ihrem Gelegenheitstrainingspartner. Der hat in den vergangenen Monaten viel über Stabhochsprung gehört und gesehen. Dabei kann sich der Pechvogel auch ein wenig ablenken. Der Weltklasseturner ist derzeit außer Gefecht, besser gesagt, nur beschränkt bewegungsfähig. Er litt monatelang an einer Sehnenverletzung an der Schulter, versuchte sie mit klassischer Behandlungsmethode in Griff zu bekommen und musste letztendlich doch unters Messer. Dadurch ist die Europameisterschaft in Bremen gefährdet. Auch die Olympischen Spiele im September in Sydney sind in weite Ferne gerückt. Da ist ein wenig Ablenkung nötig. Damit der Leistungssportler nicht zu sehr ins Grübeln kommt. Waleri Belenki versucht langsam an frühere Leistungen anzuknüpfen. Mit vielen Beweglichkeitsübungen und Gymnastik. Dabei ist enorme Geduld gefragt. Doch zumindest hat er zusammen mit Yvonne Buschbaum und ihrem Trainer Ivan Macura-Böhm sowie seinem Coach Anatoli Jarmowski viel Spaß beim "beweglichen Stelldichein".

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Kunst-Turn-Forum Stuttgart:
Weltklasse-Bedingungen

Yvonne und Waleri - ein exotisches Pärchen auf sportlichem Parkett. Kennengelernt haben sie sich 1999 im damaligen Leistungszentrum der Turner in Ruit. "Ich bin nicht derjenige, der stur vor sich hinstiert und nichts anderes mehr wahrnimmt", erzählt Belenki. Da entstand schnell Kontakt.

Und der Turner gab der Leichtathletin wertvolle Tips. Offensichtlich haben sie angeschlagen. Denn während bei Waleri Belenki "Notprogramme" angesagt sind, wird Yvonne Buschbaum immer besser.

Die Junioren-Weltrekordlerin ist mit guten 4,30 m in die Hallensaison eingestiegen, wurde Mitte Februar mit 4,40 m Deutsche Hallen-Meisterin und wurde für die Europameisterschaften im belgischen Gent nominiert. Doch auch wenn Erfolg vorhanden ist, der Trainer hat noch einiges auszusetzen an seinem Schützling. "Sie macht noch viele Fehler im Bewegungsablauf", meint Ivan Macura-Böhm, der dem Turntraining einen hohen Stellenwert für das Stabhochspringen zugesteht. "Stabhochsprung ist eine Mischung aus Turnen und Leichtathletik", erzählt Ivan Macura-Böhm. "Der Anlauf mit dem Stab und der Absprung gehört zur Leichtahtletik, danach beginnt der turnerische Teil." Einen Salto mit Schraube sollte jede Stabhochspringerin beherrschen. Ebenso Hangaufschwung, Streckung, halbe Drehung.

buschbaum2jpg.jpg (17195 Byte) "Turnen nimmt 30 bis 40 Prozent vom Training ein", meint der Coach. Beweglichkeit ist Trumpf beim Überqueren der Latte. Beispiele ? Die australische Weltrekordhalterin Emma George war mal Zirkus-Artistin, Weltmeisterin Stacy Dragila (USA) hat sich früher dem Rodeoreiten gewidmet und die ehemalige Europa- und Weltrekordlerinrekordlerin Daniela Bartova (Tschechien)stand im Turnteam der WM 1991 von Indianapolis und war dort 33. des Mehrkampffinals, Vize-Weltmeisterin Angela Balachonowa (UKR) kam aus der Rhythmische Sportgymnastik.

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Yvonne Buschbaum muß sich Beweglichkeit erst aneignen. Sie ist eine gute Mehrkämpferin, der Hochsprung, Weitsprung und Hürdensprint nicht fremd ist, doch mit Turnübungen hatte die Springerin mit dem Stopelhaarschnitt früher nicht sonderlich viel am Hut. Aber auch passiv hat die 19-Jährige einen anderen Bezug und eine andere Einstellung zum Turnen als früher. "Ich weiß nun, was da dahinter steckt. Solche Kraftakte sind für Otto Normalverbraucher gar nicht nachvollziehbar ", so die Stuttgarterin. Am liebsten mag sie den Barren. "Da kann ich mich richtig auspowern". Die Verletzung von Waleri Belenki tut ihr sehr leid. Nicht nur, weil er ihr ein angenehmer und hilfreicher Trainingspartner geworden ist. Sie ist immer auf dem Laufenden, was seinen Gesundheitszustand angeht. "Wir haben die gleiche Physiotherapeutin, da kriege ich immer mit, wie es ihm geht. Es ist schlimm, wenn man monate- ja jahrelang auf ein Ziel hintrainiert und dann macht einem eine Verletzung einen Strich durch die Rechnung." Belenki lässt sich nicht entmutigen, obwohl er sich im Moment eigentlich längst für die EM im Frühjahr in Bremen vorbereiten sollte. "Wenn es nichts mehr wird, wechsle ich zum Stabhochsprung, ich weiß ja jetzt, wie`s geht", flachst der gebürtige Weißrusse, der seit 1992 in Stuttgart lebt. Während Belenki sich mit Hingabe den Gymnastik-Übungen widmet, die gerade noch möglich sind, hat Yvonne Buschbaum Seil, Barren und Reck mit dem Trampolin eingetauscht und "schwebt" zum Abschluß des Trainings "dem Himmel entgegen". Und das ist fast so schön wie Stabhochsprung.....

Ursula Kaiser