TK
Hannover
August 1992
An den Präsidenten des DTB, Herrn Prof. Dr. Jürgen Dieckert
Sehr
geehrter Herr
Prof. Dieckert,
wir
Aktiven, Teilnehmer an den Olympischen Spielen in Barcelona,
möchten uns einmal in
einer uns
leidigen Angelegenheit an Sie wenden. Das Verhalten unseres
Sportdirektors,
Eduard
Friedrich, während und im Umfeld der Olympischen Spiele
gibt Anlass zu Kritik
und
Verbitterung.
Wir
haben davon Abstand genommen, Herrn Friedrich schon während der
Spiele vor den
Medien zu kritisieren, ein Verfahren, das viele andere deutsche
Sportler bevorzugt haben. Wir sind der Meinung, dass dies
zunächst einer DTB-internen Klärung bedarf. Wir wenden uns
deshalb nun vertrauensvoll an Sie.
Ein vierter Platz bei Olympischen Spielen ist, auch wenn es mit
etwas Glück hätte mehr sein können, bei der engen Weltspitze
durchaus ein Erfolg. Herr Friedrich hingegen hat uns nach dem
Wettkampf ignoriert, kein Gruß, kein Wort des Trostes oder der
Anerkennung.
Nicht einmal
bei der Siegerehrung des Reckfinales und wahrscheinlich schon
während dieses
Finales, das Andreas
Wecker auch hätte Gold bescheren können, war Herr
Friedrich in der Wettkampfhalle. Er zog es vor, die Gastlichkeit
des Deutschen Hauses in Anspruch zu nehmen. Nach unserem
Wettkampf gab es nur unberechtigte Kritik seinerseits. Wir
hätten uns schlecht vorbereitet, so mancher würde den
westlichen Lebensstil nicht vertragen.
Dabei hat Herr Friedrich keinerlei Kenntnis davon, wie wir uns
vorbereitet haben, und schon gar nicht davon, wie wir leben.
Kontakt zu irgendeinem von uns Aktiven hat er nie gesucht.
Während der langen und harten Wochen der UWV ( unmittelbare
Wettkampfvorbereitung ) hat er nicht ein einziges Mal, weder in
Frankfurt noch in Kienbaum, bei uns hereingeschaut und sich
informiert. Er hat uns zugemutet, diese Vorbereitung ohne einen
Arzt durchzuführen, was letztlich zum Ausfall von Marius
Toba und auch bei mir zu einigen Problemen geführt hat. Ein
solches Vorgehen war schlichtweg unverantwortlich. Ein einziges
Mal haben wir Herrn Friedrich bei unserer Vorbereitung, leider
aus nicht allzu großer Entfernung, gesehen, nämlich beim
Mittagessen ( 12 Uhr ) während eines Lehrgangs in Frankfurt,
das wir an diesem Tage ausnahmsweise in ‚Bubis’ Restaurant
einnahmen. Dort hat er, ohne sich um uns zu kümmern, seine Zeit
an der Bar verbracht. Etwas, was uns alle befremdet hat.
Auch im organisatorischen Bereich gab es wieder unschöne
Pannen. Es trägt nicht zur Stabilisierung der Mannschaft bei,
wenn man kurz vor Wettkampfbeginn erfährt, dass vergessen
worden ist, die Teilnehmerliste termingerecht bei der
Wettkampfleitung abzugeben.
Es
kann nicht Aufgabe des Cheftrainers sein, dies dann noch schnell
auszubügeln. Die Aktiven hätten diesen sicherlich mehr
gebraucht. Auch unsere Rückflüge nach Deutschland waren nicht
organisiert. Unsere Abreise aus Barcelona verlief deshalb etwas
chaotisch. Solche Dinge wären ja noch zu verdauen, wenn es sich
um Einzelerscheinungen handeln würde.
Wir
hingegen
haben das Gefühl, für Herrn Friedrich nichts weiter als
Marionetten zu sein, die gut funktionieren müssen und die man
lieblos ausmustert, falls es einmal nicht ganz so läuft, wie
der Herr Sportdirektor sich das zusammengereimt hat. Wir setzen
uns mit viel Aufwand und Mühe für unseren Sport ein, und wir
erwarten, dass gerade der Sportdirektor dieses erkennt und
verantwortungsvoll für uns tätig ist.
Eduard Friedrich versagt aus unserer Sicht in vielen Bereichen,
einmal ganz abgesehen von seinem, auch in Barcelona nicht
vertuschbaren, Alkoholproblem.
Wir möchten Sie deshalb bitten, uns im Rahmen Ihrer
Möglichkeiten zu helfen und über Alternativen nachzudenken.
Mit
freundlichen Im Namen der deutschen Nationalmannschaftsturner
Ralf Büchner,
im August 2002 |