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Liestal/Schweiz. «Wollen wir uns
weiterhin bemühen, im Kunstturnen international dabei zu sein? Macht es überhaupt Sinn,
den dazu nötigen enormen Aufwand zu leisten?» fragt Dieter
Hofmann, der Cheftrainer am Nordwestschweizerischen Kunst- und
Geräteturnzentrum, herausfordernd in die Runde. «Wenn wir ja sagen, dann muss es ein Ja
mit allen Konsequenzen sein.» Der frühere Cheftrainer der DDR-Kunstturner ist bei seinem
erklärten Lieblingsthema angelangt, der Mentalität, die er in allen modernen
Industrienationen beobachtet:
Man sagt ein bisschen ja. Doch das reicht
Hofmann nicht. Sport, speziell Leistungssport, habe in der Öffentlichkeit noch lange
nicht das Ansehen erlangt, das ihm zukomme. Kunstturnhalle
wird erweitert
Hofmann verwendet das Bild einer Blume, bei der jedes Blütenblatt für
einen Faktor steht, der erfüllt sein muss, damit für Kunstturner optimale Bedingungen
herrschen. Und am Ende des Pressetermins in der Liestaler Turnhalle Schauenburg, der ohne
aktuellen Anlass anberaumt worden war, legt Hofmann die Folie auf, die in vier Stichworten
zusammenfasst, was benötigt wird, um überhaupt an Spitzensport denken zu können: |
![hofmann_obi00.jpg (26739 Byte)](../images/hofmann_obi00.jpg)
Dieter Hofmann, Coach der
Schweizer
Junioren beim OBI-Cup in Berlin (1.April 2000)
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![](../images/liestal1.jpg)
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Die bauliche Infrastruktur; die Koordination von Sport
und Beruf oder Ausbildung; medizinische Betreuung; schließlich ein Trainerteam. In
Liestal, dem Zentrum der Nordwestschweizer Kunstturner, sind diese Voraussetzungen
erfüllt, und es überrascht kaum, dass gegenwärtig gleich fünf Turner des Zentrums
(Emanuel Senn, Alan Helfenstein, Philipp Krähenmann, Marco Jäggi und Michael Pletscher)
dem Schweizer Junioren-Kader angehören. |
Zu kleine Trainingsstätte
Überdies verfügt man dank der erst 1991 erbauten kantonalen
Kunstturnhalle auch über eine ideale Trainingsstätte, die allerdings bereits aus allen
Nähten platzt.
Nun soll der schon lange geplante und diskutierte Anbau, ein «Zwilling»
der jetzigen Kunstturn-Halle, realisiert werden, dank welchem dem Kunstturnen doppelt so
viel Quadratmeter zur Verfügung stehen werden. In den nächsten Wochen wird das Baugesuch
eingegeben, und noch in diesem Jahr soll mit dem Bauen begonnen werden. Die Kosten von 3,5
Millionen Franken hat man zur Hälfte gedeckt, diverse in Aussicht stehende
Subventionsbeiträge in der Höhe von über einer Millionen nicht eingerechnet. Zudem wird
in diesen Tagen eine Spendenaktion gestartet.
Schule und Medizin
Ideale Voraussetzungen wurden für die Nordwestschweizer Turner auch in
schulischen und medizinischen Belangen geschaffen. Die Höhere Wirtschaftsschule Basel
(vormals Huber Widemann) ermöglicht den interessierten Sportlern ein reduziertes Pensum. |
![](../images/liestal2.jpg)
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«Denn neben 30 Stunden Training und dem Pendeln hat es für ein normales Schulpensum
keinen Platz mehr», sagt Marianne Schäfer, Direktorin der HWS und einst
Vorstandsmitglied des Schweizerischen Turnverbandes, «hier können die Privatschulen eine
Nische füllen.» Mit den Sportklassen, die nun in den beiden Basler Halbkantonen
geschaffen werden, bemüht sich ab nächstem Schuljahr sogar der Staat um die
Jugendlichen, die auf die Karte Sport setzen. Medizinisch werden die Kunstturner von Dr.
Peter Jenoure von der Rennbahn-Klinik Muttenz betreut. Auch wenn Jenoure gestern betonte,
dass Kunstturnen dem Körper weit weniger schade, als dies immer wieder behauptet wird, so
müsse ein Körper, der noch im Wachstum ist und wöchentlich 20 Stunden trainiert wird,
doch gut beobachtet werden.
Hofmanns Art...
Dass der vierte Punkt, engagierte Trainer, die die Turnenden optimal
betreuen, in Liestal auch erfüllt wird, brauchte niemand zu erwähnen. Als nämlich die
NKL-Funktionäre nach der Pressekonferenz auf das bisher Erreichte und die neuen Projekte
anstießen, stand Dieter Hofmann längst wieder in der Halle und wies seine Talente an.
Das ist seine Art, auf seine Eingangsfrage zu antworten.
(Jürg Gohl, Baseler Zeitung;
Hervorhebungen und Fotos: GYMmedia Berlin)
...lesen Sie auch den GYMmedia-Report vom
20.03.2001:
"Ein
außergewöhnliches Jubiläum".
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