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Artikel vom 14. Dezember 1999

Der im Schatten aufblüht

Dmitri Nonin hat sich neben Andreas Wecker zu einem Klasseturner entwickelt

Michael Kölmel

BERLIN, 13. Dezember. Während die Techniker in der Max-Schmeling-Halle die Geräte der DTB-Gala zusammenpacken, geht der Run auf den Turn-Star des Abends, der Stadt, ja, der Republik los: Andreas Wecker wird umringt von Fans, die Autogramme oder einfach ein paar Worte erheischen wollen. Von Teenies dagegen unbehelligt steht keine zwei Meter davon entfernt ein unbeeindruckter Dmitri Nonin. Nichts Neues für ihn, es ist wie immer. Wecker im Licht und Nonin in seinem Schatten.
"Das ist normal", sagt der aus der Ukraine stammende 20-Jährige nüchtern, "ich habe noch nicht die Erfolge wie Andreas." Dabei gewann Nonin bei den Europameisterschaften 1998 überraschend die Bronzemedaille am Reck. Und bei der WM in diesem Jahr belegte die deutsche Nachwuchshoffnung am gleichen Gerät einen wenig beachteten neunten Rang – vor Wecker.

Genug Gelegenheit also, um mit der Missachtung zu hadern oder das Schattendasein zu loben. Nonins Art ist das aber nicht. "Ich habe dieses Gefühl, mittendrin zu sein, noch nicht erlebt." Ohne Neid kommentiert er den Rummel um seinen Teamkollegen. "Ich weiß nicht, ob es einfach oder schwer ist."

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Dmitri Nonin (SC Berlin)

Eleganz im Scheinwerferlicht

Während andere Turner am Sonntag durch ihre kraftvollen Sprünge Beifall auslösten, bestach der schwarzhaarige Nonin im Scheinwerferlicht der DTB-Gala erneut durch seine Eleganz. Nur durch diese Ausstrahlung konnte er auch mit einer vergleichsweise einfachen Kür am Reck seinen größten Erfolg feiern. Es ist ästhetischer Genuss, wie seine langen Beine flüssig durch die Lüfte schwingen, die eng anliegende Hose dabei glitzert und jede Bewegung perfekt sitzt.

Im Alter von sechs Jahren erlernte Nonin in seiner Heimatstadt Dnepropetrowsk, 400 Kilometer südöstlich von Kiew, seine Künste. Als seine Eltern 1991 nach Berlin zogen, blieb ihm keine Wahl. Schwierig war sein Anfangsjahr in Deutschland: Das soziale Umfeld verloren, durchlebte er ohne jegliche Deutschkenntnisse eine schwierige Zeit. Zu allem Übel musste er auch noch mit dem Turnen pausieren. "Keine Sprache – keine Freunde, das ist die Devise", erinnert sich der Sportler, der nun seit 1992 für den SC Berlin seine Figuren zeigt. Aber mittlerweile fühlt sich Nonin wohl in Berlin, beherrscht die deutsche Sprache und kann versichern, dass die Entscheidung seiner Eltern richtig war.

In eineinhalb Jahren absolviert er an der Werner-Seelenbinder-Schule das Abitur, danach soll in der Sportfördergruppe der Bundeswehr die Konzentration ganz auf dem Sport liegen. Viele rechnen damit, dass Nonin, der derzeit vor und nach der Schule trainiert, dann noch weiter nach vorne kommt. Das Potenzial ist sicher vorhanden.

Für Olympia noch schwieriger

So weit aber denkt Nonin selten; zunächst gilt seine Aufmerksamkeit den Olympischen Spielen 2000. "Ich muss noch attraktiver und noch schwieriger turnen", weiß der 20-Jährige. Um sich, wie schon bei der WM, für die deutsche Mannschaft zu qualifizieren, arbeitet Nonin im Moment an neuen Elementen. "Wahnsinn", dachte er, als Studentenweltmeister Alexander Beresch in der Schmeling-Halle einen Kovacs-Salto mit Schraube zum Besten gab, die vielleicht schwierigste Figur. "Aber die Elemente müssen sicher sitzen und zu mir passen."

Auf Grund der anderen Statur kann sich Nonin auch von Wecker nur begrenzt etwas abschauen. "Tipps gibt er mir. Und mit ihm zu trainieren, das ist ein enormer Ansporn." Die Konkurrenz – "den muss ich kriegen" – ist eine fruchtbare. Nonins Fortschritte der letzten Jahre zeigen: Im Schatten des 30-jährigen Wecker lässt es sich gut turnen. Der zehn Jahre jüngere Nonin ist kein empfindliches Pflänzchen, eine Gefahr, dass er verwelkt, ist nicht zu erkennen.

Artikel vom 14. Dezember 1999
(Berliner Zeitung)

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