Ist der deutsche Turnsport noch zu retten...?
21-Apr-2004-

Licht und Schatten...

Paul Rupp, Saarbrücken

 

Meine Meinung... 
- von Paul Rupp

"Ist das Tal der Tränen bereits durchschritten...? - war der Titel von Eckhard Herholz Kommentar zum Abschneiden der Deutschen Juniorenturner und Aktiven bei den Europameisterschaften in Ljubljana.
Ich kann mich diesem Urteil nur anschließen und möchte aus meiner Sicht noch einige Bemerkungen zum Abschneiden unseres Juniorenteams beitragen.

Ohne die hervorragenden Leistungen der anderen Jungs zu schmälern, war der Juniorenerfolg geprägt durch die beiden Ausnahmeathleten Fabian Hambüchen und Waldemar Eichorn. Fabian war so stark, dass er ohne den Fehler am Pauschenpferd das Einzelfinale hätte gewinnen können. Auch Eichorn war auf den Punkt topfit. Er turnte im Mannschaftskampf an fünf Geräten einen Schnitt von 9,124 Punkten und hätte mit diesem Ergebnis – die Ringewertung des letzten Länderkampfes hinzugezählt - den vierten Platz im Einzelmehrkampf erreicht. Ein Ergebnis, das den  Deutsche Turnerbund stolz machen kann. Nun hat der Erfolg bekanntlich viele Väter. Jens Milbrad hat in seinem Kommentar einige genannt. Als Insider erlaube ich mir noch zwei Namen beizusteuern und auf einige Fakten hinzuweisen, die vielen nicht bekannt sind.
Den größten Erfolg muss man natürlich den beiden Heimtrainern Wolfgang Hambüchen und Viktor Schweizer zuerkennen.

Als Vorgänger und heutigem Vorgesetzter von Viktor Schweizer habe ich von Anfang an den Werdegang von Waldemar Eichorn  miterlebt und auch – worauf ich stolz bin – in einigen Phasen mit beeinflussen können. Der junge Spätaussiedler aus Kasachstan kam mit sieben Jahren an der Hand seiner Mutter in die Kinderturnstunde des TV Lebach. 
Dort lernte er bei Benno Grohs die ersten Schritte in eine für ihn neue Sportart. Weitergegeben an Viktor Schweizer, der damals in Dillingen eine erfolgreiche Nachwuchsgruppe aufbaute, machte er schnelle Fortschritte. Ehrgeiz und Fleiß waren die Attribute, die Waldemar auszeichneten und die sein Trainer mit viel Fachwissen  in die richtige Bahn lenkte. In den Schulferien, sowie an Sonn- und Feiertagen wurde grundsätzlich zweimal täglich trainiert. 
Ich habe bis heute nicht erlebt, dass Viktor Schweizer mehr als eine Woche Jahresurlaub genommen hat. Das ist das Erfolgsrezept von Waldemar Eichorn und Viktor Schweizer. 


Victor Schweizer mit Schützling Waldemar Eichorn

<< Bei Fabian Hambüchen und seinem Vater wird es ähnlich sein.
Einen besonderen Anteil am Erfolg der beiden Jungstars muss Eduard Friedrich, in seiner Zeit als Vizepräsident Spitzensport, zuerkannt werden. Friedrich hat früh erkannt, dass die beiden erfolgreichen Trainingszellen Hambüchen und Eichorn eine gewisse Selbstständigkeit innerhalb den Förderstrukturen des Deutschen Turnerbundes brauchen. 
So hat er gegen den Willen der Bundestrainer das Fördermodell Wetzlar/Saarbrücken eingerichtet und mit finanziellen Mitteln gefördert. Unter der biomechanischen Betreuung von Mauno Nissinen wurden gemeinsame Trainingslager durchgeführt und wertvolle Erfahrungen ausgetauscht. Mauno Nissinen pendelte zwischen Wetzlar und Saarbrücken und koordinierte die Trainingsprogramme. Auch ihm gebührt ein wichtiger Teil dieses Erfolges. 

Der entscheidende Vorteil des Fördermodells Wetzlar-Saarbrücken war die gewisse Selbstständigkeit, die den beiden Trainern in bezug auf Trainingsinhalte und Trainingsplanung eingeräumt wurde. Beide Trainer hatten eigene Vorstellungen, die sich nicht immer mit den Vorstellungen der Bundestrainer deckten. Ich selbst habe an Sitzungen teilgenommen, wo heftig über Terminplanungen und Trainingsinhalte gestritten wurde. Eduard Friedrich respektierte die fachliche Kompetenz der beiden Heimtrainer und gab ihnen die nötigen Spielräume, die letztendlich zu diesem Erfolg geführt haben.
Paul Rupp

 
>> Lesen Sie auch:
- Jens Milbradt:       Bilanz nach Junioren-Europameisterschaft 2004
- Eckhard Herholz:
"Ist das Tal der Tränen bereits durchschritten...? (Kommentar)
.

Aktuelle Diskussion nach dem deutschen Turn-Desaster 
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Olympia 2000,
nach der Turn-WM 2001/02/03 
sowie nach den "Konzentrationsversuchen" des DTB in der aktuellen Athenvorbereitung 2004
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