76. Deutsche
Meisterschaften Kunstturnen – eine Nachbetrachtung
* - von Dieter PETERSDORF, Jena
... volle Hallen bei den Meisterschaften...?
... diesmal Fehlanzeige!
Frankfurt/Main erlebte im Rahmen des traditionellen Deutschen
Turnfestes zum fünften Male seit 1921 Deutsche Turnmeisterschaften,
die 76. der deutschen Turngeschichte.
Bei ca. 85 000 eingefleischten Turnfans sollte die Leistungsschau der
Spitzenturnerinnen und –Turner für tolle Stimmung und brechend volle
Halle sorgen. Das war zumindest bei allen vergangenen Turnfesten so.
Die Stimmung war toll – volle Halle aber - Fehlanzeige!
„Wenn nicht jetzt, wann dann“ , dieser Kultsong der
Höhner kam mir spontan in den Sinn. Einige Erklärungsversuche
mancher Beteiligter gingen aber meist am Kern der Sache vorbei. Der
Ausrichter sollte sich selbst hinterfragen, was hier im Speziellen und
in der medialen Darstellung seines Spitzensports falsch gemacht wurde.
Dabei ist allgemein bekannt, dass jeder Erfolg, ob sportliches
Resultat oder Zuschauerzuspruch möglichst professionell organisiert
werden muss.
Klärung der "Schuldfrage" ...
Der Deutsche Turnerbund ist mit Abstand der zweitgrößte
Mitgliederverband mit aktuell über fünf Millionen Mitgliedern in
20.000 Vereinen. Die Turn- und Sportvereine sind die größte
Bürgerbewegung in unserer Gesellschaft mit enormer sozialer
Verantwortung. Dieses einmalige System verlangt eine besondere
Förderung auch in der Medienlandschaft.
Da ist es nicht besonders hilfreich, in der Außendarstellung dieses
Verbandes pauschale Schuldzuweisungen an Presse, Funk und Fernsehen zu
richten. In den Verbandsführungen des Bundes und der Länder sind neue
Denk- und Handlungsansätze zu suchen, mit den Medien optimale und
zeitgemäße Medienpräsenz zu organisieren. Regionale Medien berufen
sich darauf, vorrangig den regionalen Bezug in der
Sportberichterstattung zu sehen.
Aber eine Deutsche Meisterschaft des zweitgrößten Verbandes völlig zu
negieren, darf so nicht durchgehen! Nicht alle Chefetagen sind besetzt
von Entscheidungsträgern, die in ihrer Kindheit und Jugend im
Schulsport im Turnen nur schmerzhafte Erfahrungen gemacht haben.
Andererseits ist die Frage zu stellen, ob Minuten lange
Unterbrechungen des Wettkampfes und spontane Umstellungen des
Programmablaufs notwendig sind, um ein Live- Interview mit Fabian
Hambüchen zu senden. Die telegene Sportart Kunstturnen bietet wieder
Weltspitzenleistungen und ist für Sponsoren wieder interessant.
Das Turn-Team Deutschland hat aktuell einen glücklichen Umstand, dass
mit den Turnern Hambüchen ("Deutschlands Sportler des Jahres 2007"!),
mit Boy, Nguyen, Fahrig und einigen Turnerinnen Akteure auf dem Podium
agieren, die einen auf Show machen können und sich dabei trotz
aller Wettkampfkonzentration wohl fühlen. Mit guten Aufzeichnungen
statt langatmiger Live-Kommentare wäre es vielleicht auch möglich,
Kunstturnen wieder in die Wohnstuben zu bringen.
"Athleten par excellence" - die Kunstturner, zum Beispiel", sagt
Felix Magath
Die Sportart Fußball als Mediensportart Nummer eins zu verteufeln ist
unsinnig. Viele Turner betreiben diesen Sport selber gern oder sind
auch Fußballfans. Meistertrainer Felix Magath sollte man für eine
Auszeichnung des Deutschen Turnerbundes vorschlagen. Auf die Frage
einer Sonntagszeitung, wer denn für ihn im Sport Athleten par
excellence seien antwortete der Fußballfachmann überzeugt:
„Kunstturner zum Beispiel.“ Denn Turnen steht für
Leistungsbereitschaft, Einsatzwille Mut und Risikobereitschaft,
Eigenschaften, die mehr denn je bei unserer Jugend zu entwickeln sind.
Der Präsident des DTB, Rainer Brechtgen, kritisierte mutig in seiner
Turnfestrede in der Frankfurter Paulskirche die Ergebnisse der letzten
Kultusministerkonferenz als einen gesellschaftspolitischen Skandal und
forderte einen fundierten Sportunterricht durch qualifizierte
Sportlehrer, keine Hilfskräfte und keinen Ersatz durch fakultative
Angebote. Das Kinderturnen in den Vereinen kann nicht die
Bewegungserziehung ersetzen. Wohl mehr als fünf Millionen Bürger
stehen hinter dieser Wertung.
Mit dem gleichen Mut und der Entschlossenheit könnte der Turnerbund
auch in ureigener Sache neue Wege in der Außendarstellung und in der
Zusammenarbeit mit den Medien erschließen.
Wie wäre es da zum Beispiel als Anfang mit einem Erfahrungsaustausch
mit führenden Vertretern der Disziplin Biathlon im DSV.
Erfahrungsaustausch ist bekanntlich noch die billigste Investition.
Die Sportart Biathlon hat es wie keine andere verstanden, sich von
einer einst unbedeuteten Randsportart zu einer Mediensportart zu
entwickeln. Vom Lieschen Müller bis zum Minister vereint dieser Sport
Millionen Fans zu einer Biathlongemeinde.
Liefen die Skijäger früher noch einsam durch finstere Wälder, schossen
mit einem Großkaliber 200 m in den Nebel und wussten oft noch nach
drei Stunden nach dem Wettkampf nicht, wer Sieger und Verlierer war,
fiebern heute Millionen an den Bildschirmen und oftmals mehr als 20000
live in den Biathlonarenen mit ihren Stars Kati Wilhelm, Andrea
Henkel, Magdalena Neuner Michael Greis.
Auch die haben als Kinder einmal mehr oder weniger gut geturnt...!
* Dieter Petersdorf
Freier Journalist
*
ANMERKUNG:
Wir haben zum Thema Turnfest, Berichterstattung, mediale Darstellung
weit über 100 E-Mails bekommen!
Uns fehlen momentan sowohl die technischen Möglichkeiten und die digitale
Plattform einer problemlosen und freien Darstellung in einem "hacker"sicheren
Gästebuch/FORUM, wie auch die redaktionellen Kräfte einer
übersichtlichen Darstellung von Zuschriften, Meinungen in diesen
Größenordnungen.
Deshalb nur einige Auszüge, die den Grundtenor der Turnfestwoche
widerspiegeln bzw. zum obigen Artikel passen:
** Dienstag, 2.
6. 2009
"Das einzige was ich im Norden vom Turnfest wahrgenommen habe, war
dieses Champions-Dingens, was die ARD gesendet hat. Per Zufall hab ich
das aber nur beim Zappen gefunden. War sehr enttäuscht: Da tönte es
von 'Rest der Welt gegen Hambüchen', aber es gab viele Wackelübungen
(waren das wirklich die weltbesten Mehrkämpfer?). Und wenn es schon
heißt, Mehrkampf ist (endlich wieder) wichtig , ja warum zeigt man uns
dann nur Barren und Reck live und ferkelt den ganzen anderen Teil
(übrigens mit einem miesen Zusammenschnitt) nur untermaßig ab. Das
muss einer gemacht haben der sonst Tore beim Fußball zusammennagelt.
So kommt aber ein ästhetischer Sport nicht rüber.
Über den Flachmann-Kommentar will ich gar nicht reden. (- ...dürft'er
abdrucken! - ... bin stinkesauer! - verweigere künftige
Gebührenzahlung! - ... man finanziert eh' nur den Money-Sport!)
Cl. Schieche, Norderstedt.
** Dienstag, 2.
6. 2009,
"Wie kommt's dass ihr uns Rhönradler so gut behandelt, wie die Turner?
Ich find es gut, weiter so! Ich hätte sonst nix über die Wettbewerbe
gefunden.
Franziska Zendrisch
** Mittwoch, 3.
6. 2009
"Riesentrubel in Frankfurt, war dort, musste eher nach Hause, denk,
das Turnfest kennt jeder:
Pustekuchen, nicht mal regional, geschweige überregional. Glaub', die
Turnerszene jubelt sich vor Ort selber hoch und kriegt nicht mit, dass
die weitestgehend ignoriert werden. Ihr von gymmedia seid aber auch
ziemlich knapp - wenigstens aber übersichtlich. Jörg Kreger
Donnerstag, 4.
6. 2009
"Wisst ihr wo die Welt noch so richtig in Ordnung ist: Lest mal die
Pressetexte auf der Turnfestseite. Alles gut, alles schön, juchhei,
was seid ihr bloß für Meckerköppe bei gymmedia. Guckt mal zur RSG:
Jubel, Jubel, sieben mal Gold für Rejek... was kümmert uns der
internationale Sport draußen, lasst die doch machen. Hauptsache WIR
finden uns richtig gut...! Tanja Z.
** Samstag,
6.6.2009
"Tut mir leid. Nach Rückkehr aus Frankfurt habe ichs aufgegeben,
dort Resultate der Meisterschaften zu finden. Wie man seine
sportlichen Filetstücke als Verband so verstecken (ja, missachten
kann) bleibt mir unbegreiflich. Ich mein dabei nicht den Hambüchen
Hype oder Championstrophy. Sucht mal die Ergebnisse des Nachwuchses
einer AK 12, oder der Junioren - ... kriegst die Krätze".Danke
gymmedia für die übersichtliche Darstellung des richtigen Sports.
Peter Umlauf
..... usw. usw.
* leider hatten wir unser nicht hackersicheres
GYMmedia-Board vor einiger Zeit schließen müssen;
z. Zt. mühen wir uns um eine neue Lösung!
- die Redaktion |
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