Ist der deutsche Turnsport noch zu retten...?
20-Okt-2005

"Haltet den Dieb" oder - 
Die Interpretation einer Niederlage

- von Mirko Wohlfahrt, Vize-Präsident der "Deutschen Turnliga" (DTL)

 


Mirko WOHLFAHRT
DTL-Vize-Präsident

- ... als Antwort auf die Veröffentlichung von Standpunkten des Managers des DTL- Erst-Bundeligisten TG Saar, Paul RUPP in der Saarbrücker Zeitung vom 11. Oktober 2005; 
-siehe auch GYMmedia-News und -Kommentar)

Paul Rupp ist sauer.
Paul Rupp ist Manager des Erstbundesligisten im Gerätturnen, der TG Saar.
Paul Rupp ist Marketingexperte. Paul Rupp macht Schlagzeilen.
Doch auf wessen Kosten...? 

Frustriert von einer Niederlage seiner Mannschaft beim Aufsteiger TUS Leopoldshöhe am 
2. Wettkampftag der laufenden Saison (8. Oktober)
lässt er sich zu Aussagen hinreißen, die jeglicher Grundlage entbehren. Auf seinen Spitzenmann Eugen Spiridonov verzichten müssend, da dieser gleichzeitig zu einem Länderkampf der deutschen Nationalmannschaft (Rheineck, Schweiz) weilte und dort das deutsche Spitzenergebnis erzielte, reiste das von Rupp gemanagte Team des Medaillenaspiranten TG Saar mit einer 5-köpfigen Rumpftruppe zum vermeintlich leicht schlagbaren Wiederaufsteiger TUS Leopoldshöhe.
Dort kam es zu einem unerwarteten Wettkampfausgang, der Favorit wurde geschlagen, so weit so gut.

Mit einem Rundumschlag gegen den "Dilettantismus im Turnmanagement" im Allgemeinen, kann Paul Rupp nur den Kopf schütteln und meint damit die Terminabsprachen zwischen dem Dachverband DTB und der Deutschen Turnliga – "Haltet den Dieb" –:

Fakten I:
- Der zwischen DTB und DTL abgestimmte Terminplan 2005 wurde im November 2004 bekannt gegeben und im Leitfaden des DTB veröffentlicht. Diese Termine wurde auf der Jahrestagung der DTL bestätigt, mit dem Hinweis, dass es zu Termin-Überschneidungen auf Grund der Weltmeisterschaften kommen kann. Da aber zum damaligen Zeitpunkt nur ein einziger deutscher Starter bei der WM seitens des DTB avisiert worden war (Medaillenkandidat Hambüchen), trat nur dessen Bundesligaverein KTV Straubenhardt an das Präsidium mit der Bitte um Terminverschiebung heran. Dieser wurde stattgegeben.

- Im März 2005 wurde das Präsidium der DTL seitens des DTB von einer geänderten Strategie zur Vorbereitung und Bestreitung der Weltmeisterschaften in Kenntnis gesetzt. Diese beinhaltet neben der Annahme einer Einladung zum Trainingslager – respektive WM-Vorbereitung - seitens des Olympiasiegers Japan (einmalige Chance) auch eine Länderkampftätigkeit der Nationalmannschaft. Anschließende Gespräche mit Verantwortlichen des DTB vor und während des Deutschen Turnfestes brachten keine grundsätzlichen Lösungsmöglichkeiten im Hinblick auf die Terminschwierigkeiten im Ligabetrieb der Vereine der DTL.  Daraufhin erhielten die Vereine der DTL mit Schreiben vom 26.05.05 die Aufforderung, individuelle Lösungen zu suchen, um gemeinsam mit dem Wettkampfpartner Termine abzustimmen. Das Management zweier Vereine hat davon Gebrauch gemacht. 

Fakten II:

  1. Priorität hat - da sind sich die Verantwortlichen seitens des DTB und der DTL und (fast) aller Spitzenvereine einig - die Leistungsentwicklung der Turner der deutschen Nationalmannschaft !
  2. Die DTL bietet mit Ihrem Wettkampfsystem (Liga) dmit ca. 650 TeilnehmerInnen den Vereinen der Spitzenturner die Möglichkeit, diese Leistungsentwicklung zu unterstützen und ihre Vereine zu präsentieren.
  3. Jeder Liga-Verein sollte stolz sein, einen Turner von nationaler bis internationaler Klasse entwickelt zu haben!
  4. Jedem im Turnen Tätigen ist klar, dass mit Blick auf die knallharte internationale Konkurrenz der Ligabetrieb nur bedingt leistungsfördernd ist.
    Es liegt  in der Hand des Managements des DTB und der Vereine der DTL, dies zu optimieren, da allen Beteiligten klar sein dürfte, dass nur eine enge Kooperation die Schere zwischen anspruchsvollem Leistungsprofil der Nationalmannschaft und der Präsentation des jeweiligen Vereins mit seiner Ligamannschaft gegenüber den regionalen Partnern so weit wie möglich schließen kann.
  5. Deutsche Spitzenturner und Ihr direktes Umfeld verdienen Ihr Auskommen hauptsächlich aus Bundesmitteln, in Abhängigkeit Ihrer Leistungen auf dem Internationalen Podium.
  6. Optimierende Gespräche gibt es bereits seit langem, da auch dem Bundestrainer klar ist, dass Voraussetzung für ein erfolgreiches Bestehen unserer Sportart in der deutschen Sportlandschaft der internationale Erfolg ist (DSB-Förderung ) U N D die Bundesliga vielen Vereinen hilft, sich zu finanzieren und damit auch zu organisieren. Akzeptiert wird, dass das Ligasystem auch unsere Sportart in die Regionen trägt und  somit Teil der Sportlandschaft der Gesellschaft ist. Das Gesamtprodukt Turnen wird somit durch die Öffentlichkeit wahrgenommen, Leistungen durch die Medien transportiert.
  7. Schließlich sollte man respektvoller umgehen mit Leuten, die - wie der Bundestrainer – in keineswegs leichter Situation Verantwortung übernommen haben und gegenüber jenen, die im DTL-Ehrenamt mehr als bemüht sind, unter den vorgenannten Rahmenbedingungen das Beste aus der Gesamtsituation zu machen.

So handelt  doch eigentlich jener „dilettantisch“, der diese Fakten und Rahmenbedingungen nicht akzeptiert, oder anders: Ist nicht jener der „Dilettant“, der bei einem Aufgebot von 22 Turnern mit fünf zum vermeintlichen „Looser“ anreist...?
Auch ein Vereins-Management, welches – wie im Vorjahr geschehen - einen Bundesligawettkampf nur Stunden vor Beginn absagt, ist  - mit Verlaub - keineswegs hochprofessionell.
Aus dieser Sicht klingt das Ganze eben mehr nach „haltet den Dieb!“

Mirko Wohlfahrt
Vize-Präsident Deutsche Turnliga


>>... weitere Meinungen: "... zu "Paul Rupp ist sauer"


Otto BAUR

"Verständlich..!
Aber noch vieles andere ist auch verständlich, ich hoffe, auch vermittelbar.
Wenn es doch s o o  einfach wäre. Ich war selbst bei vielen gemeinsamen Planungen dabei, alle bemühten sich redlich, aber leider kommt es immer wieder schier unvermeidbar zu Konflikten, nicht nur der Interessen, auch gewaltige Sachzwänge bauen sich auf.
Meine Bitte, keine Polemik, sondern miteinander reden, und nochmals reden, der Sache wegen!
Außerdem:
Beide brauchen einander, Verein und erfolgreiche Nationalmannschaft. Auf Gedeih und Verderb aneinandergeschmiedet, zu gemeinsamem Tun verdammt, verpflichtet, wenn beide etwas erreichen wollen.
Also auf ein Neues, in die Hände spucken und zum Wohl aller knüppeln..
Otto Baur, TV Wetzgau
DTL-Beisitzer Regionalligen

(24-10-2005) 
STELLUNGNAHME/Antwort zu "Offener Brief"
, Mirko Wohlfahrt:

Lieber Mirco,
in deinem offenen Brief vom 19.11.05 reagierst du empört auf meine Aussage in der Saarbrücker Zeitung bezüglich der Bundesliga-Terminplanung 2005.

Zum Ersten lege ich Wert darauf, dass ich in diesem Interview  keine Personen kritisiert habe, sondern das „Terminmanagement“, für das sowohl die DTL als auch der DTB verantwortlich sind. 
Ralf Neumann hat zwei Tage nach dem Erscheinen dieses Artikels in der Saarbrücker Zeitung  für die DTL Stellung bezogen und den DTB beziehungsweise Cheftrainer Andreas Hirsch für die Terminüberschneidungen verantwortlich gemacht. Damit war für mich und sicherlich auch für die sportinteressierten Zeitungsleser diese Sache beendet. Nun kommt ein Nachschlag von, den ich so nicht stehen lassen kann.
Du machst es dir zu einfach, wenn du meine Kritik ausschließlich mit dem verlorenen Wettkampf der TG Saar gegen Leopoldshöhe verbindest. Im übrigen war für die TG Saar der TUS Leopoldshöhe in keiner Weise ein - wie du schreibst -  „vermeintlicher Looser“, sondern ein achtsamer Gegner, der diesen Wettkampf durch gute Leistungen verdient gewonnen hat. Die Tatsache, dass unsere Mannschaft mit nur 5 Turner anreiste hat andere Gründe, die wir hier nicht zu diskutieren brauchen.
Soviel zu deiner Überschrift „Interpretation einer Niederlage“. (s.o. - die Red.)

Meine Kritik richtete sich vielmehr auf die Tatsache, dass von sieben (7) beschlossenen Wettkampfterminen drei (3) nachträglich durch internationale Aufgaben belegt wurden. Damit müssen die betroffenen Vereine fast die Hälfte ihrer Begegnungen ohne ihre Spitzenturner und „Aushängeschilder“ bestreiten. Ein Zustand, den man weder dem Publikum noch den Medien erklären kann. Auch finanzielle Einbußen müssen durch das Unverständnis der Sponsoren an dieser Situation hingenommen werden. Das gab es noch nie in der Geschichte der Bundesliga und das habe ich als „Terminchaos“ bezeichnet. Im übrigen stehe ich mit dieser Kritik nicht alleine da. Eine diesbezügliche DPA-Meldung hat vor Bundesligabeginn in vielen bundesdeutschen Zeitungen für Kopfschütteln gesorgt. Der Leitartikel der Fachzeitschrift „Leon“ stand sogar unter der Überschrift „Lachnummer Bundesliga“.

Also, warum jetzt die „beleidigte Leberwurst“ spielen?
Auch für mich hat die Leistungsentwicklung der deutschen Nationalmannschaft eine selbstverständliche Priorität. Der Saarländische Turnerbund hat als einer der kleinsten Landesturnverbände seit Jahren mit viel Aufwand Spitzenturner entwickelt und diese der Nationalmannschaft zur Verfügung gestellt. Übrigens auch lange vor der politischen Wende. Als Verantwortungsträger im Lande muss ich aber auch die Probleme sehen, die unserer Sportart durch ein „Ausbluten“ der Vereine drohen. GYMmedia (E. Herholz) hatte in seinem Kommentar hierzu klare Worte gefunden. Denen kann ich mich im vollen Umfange anschließen.

Wenn wir unser schönes Kunstturnen aus dem Keller der Randsportarten herausbringen wollen, müssen wir neue Wege gehen. Ein wichtiger Weg ist dabei die Verbesserung der öffentlichen Wahrnehmung durch ein gut organisiertes- und langzeit- präsentes Wettkampfsystem. Der Liga steht dabei durch ihre große Außenwirkung und als wichtige Verbindungsschiene zu den Vereinen eine wichtige Rolle zu. Deshalb stehe ich uneingeschränkt zur Liga und werde auch in Zukunft hierzu meine Meinung sagen.

Mit freundlichen Grüßen aus Saarbrücken
Paul Rupp


... lesen Sie dazu auch: GYMmedia-News vom 11.10.05: "Turnbundesliga ohne Stars"
           und "DTL-Wettkampf-Saison 2005" (aktueller Stand).


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