Ist der deutsche Turnsport noch zu retten...?
09-Feb-2004

2004 - Jahr der Entscheidungen

- von Rolf Dieter Beinhoff, Präsident des Hessischen Turnverbandes

  Quelle: Hessische Turnzeitung, 2/2004, vom 15. Januar 2004; S. 27)


R. D. Beinhoff

Für den Sport stehen im Jahr 2004 einige wichtige Entscheidungen an. 
In Athen wird das Abschneiden deutscher Athletinnen und Athleten mit darüber entscheiden, in welchem Umfang der Spitzensport in den folgenden Jahr von der Bundesregierung gefördert wird. Es besteht wohl kaum ein Zweifel, dass die Förderung stark gekürzt wird, wenn die erhofften Medaillen nicht errungen werden können.
Die Diskussion über Bundesleistungszentren, Trainer und Förderkonzepte wird dann erst richtig losgehen.

Für den Deutschen Turner-Bund und seine Landesturnverbände werden sich dann bald eine Reihe von Fragen stellen: Wie viele Zentren bleiben dann übrig? Nach welchen Kriterien wird entschieden? Welche Sportarten sollten/können noch gefördert werden? Wo kommen die erforderlichen Mittel her? Können die Landesturnverbände die finanziellen Lücken schließen? Einigen sich die Verantwortlichen in Bund und Ländern auf ein Konzept? Wie sollte/kann das Aussehen? Was bisher an Konzepten dem Hauptausschuss vorgelegt wurde, berechtigt nicht zu großem Optimismus.

Entschieden wird auch darüber, ob Leipzig als Austragungsort der Olympischen Spiele weiterhin im Rennen bleibt. Nach den bisherigen Kapriolen der Verantwortlichen für Leipzig wäre das schon eine riesige Überraschung. Scheidet Leipzig als Bewerber aus, wird dies ohne Zweifel Rückwirkungen auf das finanzielle Engagement der Bundesregierung für den Sport haben. Die Folgen wurden oben bereits angedeutet.

Die Kommerzialisierung des Sportes wird fortschreiten. 
Eine Chance im Wettbewerb haben nur noch solche Sportarten, denen es gelingt, wie auch immer möglichst oft und regelmäßig via Bildschirm in den Wohnzimmer zu gelangen. Ein Irrtum, wer glaubt, die Einschaltquoten bestimmten darüber. Die Entscheidung fällt in den Redaktionsstuben. Wem dort Einlass gewährt wird, gehört zu den Gewinnern.
Dass der Turner-Bund trotz seiner über 5 Millionen Mitglieder und seiner attraktiven Sportarten vor der Tür warten muss, liegt wohl daran, dass zu wenig Geld im Spiel ist. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt.

Unverdrossen und fast ohne Medienpräsens ergreift der Hessische Turnverband - und hofft, dass seine über 2000 Vereine mitziehen - die Initiative sowohl im Leistungs- als auch im Breiten- und Gesundheitssport. Die Aus-, Fort- und Weiterbildung der Trainerinnen und Trainer, der Übungsleiterinnen und Übungsleiter steht im Mittelpunkt der Arbeit. Im vergangenen Jahr sind die Voraussetzungen dafür durch den Kauf und den Umbau der Sporthalle und der Unterkünfte in Alsfeld geschaffen worden.

Der Hessische Turnverband will sich mit dem Hessischen Kultusministerium und den Kommunen darum bemühen, die Bewegungsdefizite unserer Jüngsten durch die Schulung von Lehrerinnen und Lehrern, Erzieherinnen und Erziehern zu verbessern. Diese Aktivitäten werden uns zwar keine Sponsoren und/oder Sendezeiten im Fernsehen – oder doch - bringen, aber wir sehen darin eine gesellschafts- und gesundheitspolitische Aufgabe. Wer sollte sie sonst wahrnehmen als die Turner? 
Ist das nicht Jahn'sche Tradition im wohlverstandenen – zeitgemäßen - Sinne?

Unsere Vereine werden durch wachsende Mitgliederzahlen hoffentlich dann auch einen Nutzen haben. In diesem Sinne: Packen wir es an, im Verein, im Gau und im Verband. 
R. D. Beinhoff

Quelle: Hessische Turnzeitung, 2/2004, vom 15. Januar 2004; S. 27)


>> In der gleichen Ausgabe der HTZ finden Sie auch einen Kommentar des Präsidenten Beinhoff 
zum Thema "Dopingfreigabe".

 
 

Aktuelle Diskussion nach dem deutschen Turn-Desaster 
bei Olympia
2000,
nach der Turn-WM 2001 
sowie nach den "Konzentrationsversuchen" des DTB in der aktuellen Athenvorbereitung 2004
:

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