Ist der deutsche Turnsport noch zu retten...?
04-May-2004

No Press please, we’re German

- Deutsche EM-Beobachtungen von Nora Schuler -

 

No press please, we’re German
„I don’t need any Germans“, so der Kommentar des Herausgebers der Zeitschrift Worldwide Gymnastics bei der Themenabsprache für die EM Ausgabe. Deutsche Turnerinnen sind dort unerwünscht, denn international wolle ohnehin niemand etwas über sie lesen. Harte Worte, aber wer die unschlagbare Pressearbeit eines Teiles der deutschen Delegation vor Ort in Amsterdam erlebt hat, kann es nachvollziehen.
DTB Präsident Brechkten, immer an vorderster Front wenn es um die Öffentlichkeitsarbeit geht, forderte unlängst, die TurnerInnen müssten auf die Medien zugehen. Die Worte liest man wohl (- siehe LEON*-Ausgabe 02/2004, S.15; die Red.) allein es fehlt der Glaube. Denn wäre der amtierende Vizepräsident Spitzensport für die EM angereist, hätte er sich selbst ein Bild davon machen können, wie seine Worte umgesetzt werden. Oder auch nicht.


Yvonne Musik und Trainergespann Ulla und Dieter Koch... 


... und auch das deutsche Juniorenteam:
Aufgeschlossen, medienfreundlich!

Während das komplette Juniorinnenteam sowie Yvonne Musik und ihr Trainerteam  Ulla und Dieter Koch sich zu jeder Zeit offen, gesprächig und professionell gaben, schien insbesondere die deutsche Teamchefin mit dem Aufeinanderzugehen so ihre Probleme zu haben. Da wurden mal die Juniorinnen mitten im Interview mit International Gymnast (USA-Magazin, die Red.) ermahnt, nun doch zum Ausgang zu gehen. Mal konnten sich einige der Turnerinnen und die Teamchefin nach dem Mannschaftskampf gleich gar nicht zum Pressegespräch durchringen. Sie mussten erst von Sportdirektor Wolfgang Willam aus der Einturnhalle geschleift werden, um, gelangweilt am Gitter lehnend, den Eindruck zu machen als sei jede Frage eine Zumutung.
Beim Teamabend des DTB, der eigentlich dem Gespräch mit der Presse dienen soll, muffelte man eifrig in die Dorade und war bemüht, einen Hauch von Tiefkühltruhe am Tisch zu verbreiten. Die Frage, ob es genauere Informationen zur Verletzung von Daria Bijak gäbe, wurde mit einem kurzen Kopfschütteln beantwortet, danach drehte man sich am besten gleich weg – nicht auszudenken, wenn da noch eine Frage folgte....
Im unmittelbaren Vorfeld der EM versuchte man sich immerhin noch durch launige Trainerquerelen auf Kindergartenniveau in Szene zu setzen. Das brillante Konzept ging voll auf. Man nehme eine Diskussion, die in ihrer Absurdität stark an die Mahnmaldebatte erinnert (Koch 1? Brüggemann 2? Mit Stelen oder ohne?), vermische sie mit ein paar "schröderesken" Rücktrittsdrohungen und albernen Verschwörungstheorien, schon wird man über die üblichen Regionalzeitungen hinaus beachtet. Soap opera sells. 
Positiver Nebeneffekt: man kann sich dabei ausschließlich der Mutter aller Themen widmen - sich selbst. Toll. Nur dumm, dass das Interesse an der eigentlichen EM fast auf dem Nullpunkt war.
Ignoranz, Schweigen, Desinteresse – der Jahn-Mehrkampf des 21ten Jahrhunderts.
Immerhin war man damit hier Weltspitze.

Nora Schuler

 
>> ... lesen Sie dazu auch: Dr. Petra NISSINEN in SPORTBILD:  Der DTB hat kein Konzept" (News, 19-05-2004)
.

Aktuelle Diskussion nach dem deutschen Turn-Desaster 
bei Olympia
2000,
nach der Turn-WM 2001 
sowie nach den "Konzentrationsversuchen" des DTB in der aktuellen Athenvorbereitung 2004
:

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