Helen Kevric mit einer Traumübung! |
Beim einzig als 2. Olympiaqualifikation ausgeschrieben Wettkampf heute in Rüsslesheim, zwei Wochen nach den 83. Deutschen Turnmeisterschaften der Frauen, ging es ausschließlich noch um ein einziges, freies Olympia-Ticket! Nachdem sich eine deutschen Frauenriege zur WM 2023 in Antwerpen nicht unter die 12 Nationen für Paris qualifizieren konnte, und nur die Kölnerin Sarah Voss und Pauline Schäfer-Betz bereits ihr individuelles Ticket dort gebucht hatten: So bemühten sich Deutschlands Titelrekordhalterin Elisabeth Seitz (30) nach Achillessehnenriss und WM-Abstinenz und die fast halb so junge Stuttgarter Team-Kameradin Helen Kevric (16) mit ihren nahezu gleichwertigen Stufenbarrenübungen um eben dieses einzig verbliebene Einzelticket für Paris ..:
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Man wünschte sich am heutigen Abend in der Rüsselsheimer Großsporthalle unbedingt rein sportliche Argumente - wer wollte dies wohl sonst gerecht entscheiden wollen ...??!
Und die lieferte heute eindeutig die jüngere der beiden Konkurentinnen:
Die aktuelle Deutsche Mehrkampfmeisterin Helen Kevric bot zwei Wochen nach den Meisterschaften ein Schaustück ihres exzellenten Könnens:
Der Schützling von Trainer Ciacomo Camiciotti beim MTV Stuttgart steigerte ihre Schwierigkeit am Stufenbarren von 6.1 auf D=6.4 (!) und erhielt für eine Traumübung - trotz eines Mini-Standhüpfers - traumhafte 14,800 Punkte. Diese Wertung hätte schon im Herbst 2023 in Antwerpen zu einer WM-Medaille gereicht!
Elisabeth Seitz: ... nur wenige Nationen haben zwei solche Barrenkünstlerinnen - dazu bedarf es aber eines Teams!! |
Und die besondere Tragik dieses Abends liegt wohl in der Tatsache, dass vor ihr die über ein Jahrzehnt lang deutsche Führungsturnerin, dass die 30-jährige Ausnahmeathletin Elisabeth Seitz mit derselben Eleganz und technischen Brillianz eine finalverdächtige Leistung im Superstand souverän beendete ...! Ihr Programm aber bestand aus Schwierigkeiten vom D-Wert "nur" 6,1, also drei Zehntelchen weniger Substanz, als Kevric, die aber machen einen gewaltigen Unterschied, wenn es um Finalchancenbewertungen geht. Seitz' Endwert betrug 2 Zehntelchen weniger als der von Kevric, trotzdem ist das keine Haarspalterei. Das ist der nach knallharten Kriterien abzurechnende knallharte Spitzensport.
Möchte hier irgend jemand außerhalb der Szene eine olympische Teilnahmeberechtigung ableiten ...?
In jedem Falle wird es eine sehr traurige Turnerin geben!!
Doch eines sollte man bei aller Zuspitzung der Situation nicht vergessen: Eine große Turnnation, die sich mit einer Mannschaft für einen der nur 12 olympischen Länderstartplätze qualifiziert, kann eine derartige individuelle Entscheidungslage vermeiden. Da wär' nämlich eine der hochkarätigsten Turnerinnen der Weltturngeschichte, wie Elisabeth Seitz, für ein deutsches Team bei Olympia unverzichtbar!!
Ergänzend zum eben beschriebenen Spitzenduell soll nicht vergessen werden, dass in der Mehrkampfwertung hinter der Deutschen Mehrkampfmeisterin Helen Kevric und ihrer stolzen Punktzahl von 55,532 Punkten, Karina Schönmaier mit 52,899 Zählern und Lea Marie Quaas (50,066) - beide vom TuS Chemnitz-Altendorf- die Ränge zwei und drei belegten.
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"Entweder ich kippe ins Glück, oder ich kippe ins Pech"
So titelt und zitiert damit eine große deutsche Wochenzeitung in ihrer Magazinausgabe in einem erstaunlichen Artikel Deutschlands Ausnahmeturnerin Elisabeth Seitz, beschreibt damit umfänglich und angemessen ihren kontinuierlichen und an internationalen Leistungskriterien ausgerichteten Werdegang über die bemerkenswerte Dauer von weit über ein Jahrzehnt!
Nein, hier kippt aber nicht das Individuum Seitz "ins Pech", wenn ihr Traum von einer weiteren Olympiateilnahme platzt!
... nicht Kevric oder Seitz, sondern Kevric und Seitz, wäre die Lösung! |
Ihr "Pech" ist hausgemacht!
Könnte der größte Landesturnverband der Welt solcherart Strukturen aufbauen und pflegen, deren Ziel und Ergebnisse in einer quatitativ und qualitativ konkurrenzfähigen Nationalriege deutscher Turnerinnen gipfeln, dann wäre die zur aktuellen Olympiaqualifikation eben von Elisabeth Seitz demonstrierte Weltklasseleistung mehr als olympiareif!
Stattdessen verlor sich der Verband auf dem Wege nach Paris in höchst-unqualifizierter Weise in Grabenkämpfen nicht um, sondern gegen seinen Berufsstand "Spitzensporttrainer".
Dessen Ausbildungsqualität, Status und Stand gesellschaftlicher Achtung und Bezahlung sind in einem bedauerlich Zustand - übrigens sportartenübergreifend!
"Eli, Du kippst nicht ins Pech, wenn Dir eine vierte Olympiateilnahme nicht gelingt. Dein Pech liegt einzig und allein am unzureichenden Entwicklungsgrad des deutschen Spitzenturnens, der leider Deiner beseelten Leidenschaft zum Spitzenturnen nur unzureichend gerecht wird!"
Doch eine Zusatzbemerkung sei abschließend schon noch gestattet:
Der aktuelle Leistungsstand der beiden qualifizierten Einzelstarterinnen, Ex-Weltmeisterin Schäfer-Betz und der gar nicht erst anwesenden Kölner Vizemeisterin Sarah Voss als den qualifizierten Vertreterinnen des größten Turnverbandes der Welt in Paris, erscheint vier Wochen vor dem Großereignis Olympia wohl mehr als bedenklich... oder ?!
Nun hat der Deutsche Turner-Bund die in jedem Falle schmerzhafte Entscheidung der letzten Einzel-Ticketvergabe für Paris auf den morgigen Sonntag gelegt!
(c) Eckhard Herholz
- GYMmedia INTERNATIONAL
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* 23-Juni-2024
► DTB-Olympia-Turnaufgebot für Paris