Ulla Koch, DTB |
Drei Wochen nach der Entlassung des französischen Spitzentrainerteams Marjorie HUELLS und Eve KIEFER standen Belgiens Olympiakader um Olympiasiegerin Nina Derwael 9 Monate vor Paris ohne Trainer da! In diese Notlage überraschte die Mitteilung des nationalen Verbandes schon, als man als Interims-Cheftrainerin Deutschlands frühere, langjährige Bundestrainerin Ulla KOCH (68) vorstellte, die heute auf dem Deutschen Turntag in Hanau zwar im Amt als Vizepräsidentin Spitzensport des DTB bestätigt, aber gleichzeitig im Olympiajahr „freigestellt“ wurde …! Und nicht nur das: Gewissermaßen im Doppelpack wurde deren Ehepartner Dieter Koch als "Assistenz"-Trainer an ihrer Seite benannt.
Als "eine Katastrophe" hatten die belgischen Medien die Situation der Trainerentlassung zuvor bezeichnet und reagierten nun zunächst mit Erleichterung, als der Belgische Turnverband das neue deutsche Führungs-Duo für den Bereich seiner Kunstturnerinnen vorstellte.
Ob eine derartige krasse Veränderung der Trainerpersonalien den belgischen Turnerinnen in der knapp bemessenen Olympiavorbereitung gerecht werden kann, und welchen Einfluss das auf die Ambitionen der Stufenbarren-Olympiasiegerin von Tokio Nina DERWAEL haben wird, sei dahingestellt. Immerhin hat sich Derwael sicher nicht weniger als die Verteidigung ihres großen Titels vorgenommen!
Und die überraschte deutsche Fachwelt nimmt mit einer Mischung von Erstaunen und Verwunderung zur Kenntnis, dass nach 16-jähriger erfolgreicher Amtszeit als Chef-Bundestrainerin nun die für den DTB-Spitzensport verantwortliche Vizepräsidentin des Dachverbandes, die zudem noch vor wenigen Wochen auch das Amt als Präsidentin des Rheinischen Turnerbundes übernommen hat, nun noch die sicher nicht unaufwendige Cheftrainerrolle eines konkurrierenden nationalen Verbandes stemmen will.
"Interessenskonflikt" war bei den ersten Reaktionen aus der ziemlich irritierten Fachwelt dabei das häufigste Argument!
(* Lesen Sie dazu die entsprechenden Regel im DTB-Satzungswerk unter
►Good Governance - Verhaltensrichtlinien zur Integrität in der Verbandsarbeit)
Denn auf dem heute in Hanau stattfindenden Deutschen Turntag am Ort seiner Gründung vor 175 Jahren, sollen doch die Weichen für die Zukunft in Form einer maßgeblichen Strukturveränderung gestellt werden.
Ob das schon die ersten Zeichen sind ...? Für genügend Gesprächsstoff ist jedenfalls gesorgt!
(c) gymmedia / E. Herholz
+ + +
* Aktuelle Anmerkung zu dieser Personalie nach den heutigen Wahl-Ergebnisse des Deutschen Turntages in Hanau, bei dem Frau Ursula Koch als Vizepräsidentin Spitzensport mit 72,5 % der Simmen der 287 Delegierten zwar im Amt wiedergewählt und bestätigt wurde, allerdings versehen mit dem Zusatz:
(?) " ... lässt ihr Amt bis Sommer 2024 auf Grund einer hauptberuflichen Tätigkeit ruhen" (*Quelle: DTB)
Demnach benötigt scheinbar die Szene des deutschen Spitzensports der drei olympischen Sportarten Kunstturnen, Trampolinturnen und Rhythmischer Gymnastik keinerlei energischer und kompetenter Führungskraft mehr, um den deutlichen Defiziten im aktuellen Olympiavorfeld mit neuen Ideen und Strukturveränderungen wirkungsvoll entgegen zu wirken?!
Lukas Dausers WM-Titel und eine 6-fache Gymnastik-Weltmeisterin Varfolomeev täuschen nach dem Verpassen der Olympiaqualifikation der deutschen Turnerinnen und der unzureichenden Situation nachfolgender Leistungsgenerationen nicht darüber hinweg, dass es enormer Anstrengungen bedarf, um als weltgrößter nationaler Turnverband nicht weiter den Anschluss zu verpassen!
Da das "Ruhen des Amtes" einer Vize-Präsidentschaft Spitzensport im Olympiajahr sicherlich nicht ohne Akzeptanz des Präsidiums möglich ist, muss dies doch den Vertretern der deutschen Spitzensportpraxis wie ein Schlag ins Gesicht vorkommen, macht es doch selbst den geneigten Betrachter der Szene fassungslos ... !!
P.S. Man könnte also die Überschrift dieser Meldung auch sarkastisch so formulieren:
Deutsche Vizepräsidentin Spitzensport übernimmt Olympiavorbereitung Belgiens
* (c) gymmedia / -ehe-
.
* Über Verlauf und Beschlüss des Deutschen Turntages in Hanau informiert die
► DTB-PRESSEMITTEILUNG vom 18.11. 2023
+ + +
♦ MEINUNGEN zu diesem Them:
*18. 11. 2023:
„Kann eine Präsidentin eines LTV, der sich anschickt und bestrebt ist, eine (z. B. Sarah Voss aus Köln) oder mehrere Turnerinnen nach Olympia zu bringen, und einen eigenen Bundesstützpunkt unterhält nicht in Interessenkonflikte geraten, z. B. wenn belgische (von Frau Koch oder ihrem Mann betreute) und deutsche bzw. RTB-Turnerinnen in Konkurrenz zueinander bei Internationalen Turnieren im Vorfeld der OS aufeinander treffen. Was Frau Koch im DTB so schneidig durch Ruhenlassen ihres Amtes vorzubauen bzw. zu bereinigen gedenkt, müsste sie dann konsequenterweise doch auch im RTB vollziehen?! Da ist doch bestimmt noch (Auf-) Klärungsbedarf nötig, denn die Compliance-Regeln des DTB gelten doch auch für dessen LTVs?“ (Dieter Weymans)
* 19. 11. 2023:
Wundert sich noch jemand, dass es generell mit dem Niveau des deutschen Leistungssports bergab geht ? Wo sind die wahren Experten in deutschen Sportverbänden, die uns Eltern wieder Mut machen, unsere Kinder einen spitzensportlichen Weg gehen zu lassen? Wenn sich Top-Leute vom Acker machen, ist das nur beschämend! Sarah Voss müht sich um ein Olympiaticket... ihre nationale Spitzensportpräsidentin geht fremd. Ist das nicht irre? (Richy Glowe, Köln)
Weil eben was dran ist: Leistung lohnt sich in Deutschland nicht mehr. (Hubi Walde, Chemnitz)
* 20.11. 2023
Aber Mittelmaaß hat Konjunktur! Alles schreit hier nach Digitalisierung, nach Professionalisierung aber im Leistungssport fehlen profilierte, professionelle Trainer. Kaum jemand traut sich noch nach Europa, der europäische Stellenmarkt für Spitzentrainer im Turnen scheint so gut wie leergefegt. Liegt das nur am Geld oder auch an unzulänglicher Ausbildung oder Bedingungen? Wenn man sieht, wen man alles aus dem Ausland reinholt in die Bundesliga, dafür ist Knete da, aber profilierte Trainer sind entweder schon ausgewandert oder gar nicht mehr ausreichend vorhanden. Und da türmen jetzt schon die ersten Funktionäre. Sicher nicht in ein mageres "Ehrenamt". Fein, aber Olympia möchte man schon wieder in Deutschland feiern. (Christoper Lemarge München)
* * *
.
.