Albert ASARJAN |
Wie der Armenische Turnverband durch seinen Vorsitzenden, Gagik VANOYAN mitteilte, ist eine der größten Welt-Turnlegenden des vorigen Jahrhunderts, Albert Wagarschakowitsch ASARJAN am 5. September 2023 im Alter von 94 Jahren verstorben. Der dreimalige Olympiasieger, vierfache Welt- und zweimalige Europameister zu Sowjetzeiten in den fünfziger und sechziger Jahren des vorigen Jahrhunderts hat nicht nur in der Geschichte des Sports, sondern auch in der Geschichte des armenischen Volkes bleibende Erinnerungen und bedeutende Spuren hinterlassen.
Albert Asarjan gewann die Goldmedaillen an den Ringen bei den Olympischen Spiele 1956 in Melbourne und 1960 in Rom.
Albert Wagarschakowitsch ASARJAN (URS/ARM) - der "Herr der Ringe" des vorigen Jahrhunderts mit Charme und Können in seiner unverwechselbaren Pose
(c) gymmediaarchiv
Die Medien beschrieben damals die Einzigartigkeit seiner Ringeübung so:
" ... Mit einem Lächeln brachte Albert Asarjan seinen Körper in die unglaublichsten Lagen im Hang und ging dann plötzlich in eine phantastische Stützwaage über. Das Publikum klatschte begeistert."
Unvergesslich, weil einzigartig, wie er mit schier unvorstellbarer Souveränität mit jeweils einer Vierteldrehung im Kreuzhang (!) nach links und rechts die Schulterachse zu verwringen vermochte und dabei seinem Publikum unter seinem Oberlippenbärtchen noch lächelnd scheinbare Leichtigkeit vermittelte, mit seinem Element, das als "Asarjan-Kreuz" in die Turnanalen einging...!
Es war 1956 in Melbourne die erste Einzel-Goldmedaille für die Sowjetunion überhaupt, die erst seit 1952 mit Vehemenz in die olympische Arena eingetreten war, zum zweiten Male in Rom mit Asarjan auch Mannschaftsgold gewann - damals 1952 vor der Schweiz und 1956 vor Japan - jeweils vor Bronzemedaillengewinner Finnland.
Asarjan "der Ringeturner des vergangenen Jahrhunderts"!
Zweimal wurde er auch Ringeweltmeister: 1954 holte er Gold in Rom und stand dabei an der Spitze von fünf weiteren sowjetischen Athleten, die allesamt damals die gesamte Turnwelt förmlich düpierten.
Vier Jahre später wiederholte er seinen Erfolg in Moskau vor dem Japaner Noboyuki Aihara und vor Juri Titow, der dann nach ihm Weltmeister 1962 in Prag wurde.
< Der spätere langjährige FIG-Präsident Juri Titow erinnerte sich so an seinen früheren Kontrahenten:
"Schon das Äußere Alberts, sein Benehmen und seine Haltung entsprachen nahezu dem Ideal eines Athleten. In meinen Augen war er die Verkörperung der männlichen Schönheit, Stärke und athletischer Durchbildung. Der Ruhm dieses Zauberers erfüllte die Welt, doch Asarjan prahlte nie mit seiner Kraft und Einmaligkeit, mit seiner Originalität als Turner oder gar mit seinen zahlreichen Siegen. Mit seiner Kunst drückte er nicht uns Kontrahenten nieder, im Gegenteil: Seine Erfolge verliehen auch uns Flügel!" - so im Stile der damaligen Zeit die etwas pathetischen aber durchaus stimmigen Erinnerungen des späteren FIG-Präsidenten Juri Titow an den Ringekönig Asarjan.
Obwohl Asarjan 11 Mal sowjetische Landesmeistertitel holte, nie aber im Mehrkampf gewann (" ... weil ich am Boden nicht so gut turnen konnte..." - so seine Selbstanalyse.), war Asarjan mit der anderen sowjetischen Turnlegende, mit Boris Schachlin 1954 in Rom WM-Vierter im Mehrkampf geworden, wo allerdings allein die Sowjets die ersten 7 Ränge belegten, und nochmals Rang 7. belegte er im WM-Mehrkampf 1958 in Moskau - nur -0,6 Zehntel hinter Bronzemedaillengewinner Titow.
Den gleichen 7. Platz hatte er schon 1956 im olympischen Mehrkampf von Melbourne hinter dem Deutschen Helmut Bantz belegt, und das deutsche Turnpublikum erlebte ihn 1955 bei den 1. Turn-Europameisterschaften der Geschichte in Frankfurt am Main als Vize-Europameister im Mehrkampf (hinter Boris Schachlin) und zweifachen Geräte-Champion - natürlich an den Ringen, am Barren und als Silbermedaillengewinner am Reck. ... von wegen Gerätespezialist!
Nach seiner leistungssportlichen Zeit als Kunstturner war Albert Asarjan langjähriger Leiter der Turnschule in Jerewan (Eriwan), der armenischen Hauptstadt, wo die Kinder- und Jugendturn-Sportschule nach ihm benannt und in deren Hof ein Denkmal für den Turner errichtet wurde ...:
Albert Asarjan's Sohn Eduard gewann zwei Jahrzehnte nach seinem Vater im sowjetischen Turn-Team 1980 in Moskau ebenfalls Olympiagold.
Welche Nation kann in ihren erfolgreichen Annalen schon auf Vater und Sohn als Olympiasieger in der gleichen Sportart verweisen?
Armenien widmete 2009 und 2011 diesen beiden jeweils eine Briefmarke.
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Sein Heimatland Armenien ehrte den einstigen "Herrn der Ringe", als er 44 Jahre nach seinem letzten olympischen Auftritt 2004 in Athen und auch 2008 in Peking die Landesflagge zur Eröffnung der Olympischen Spiele tragen durfte.
Die Sportwelt wird diesen Gerätekünstler und leidenschaftlichen Sportler in ehrendem Gedenken behalten.
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