12. August 2023  
Potsdam, GER  
Gerätturnen

Potsdams Turntrainer Richard Karstedt verstorben

Wie wir erst jetzt aus Potsdam erfuhren, ist bereits am 11. Juli 2023 der langjährige und verdienstvolle Kunstturntrainer des ehemaligen ASK-Turnzentrums, Richard KARSTEDT, im Alter von 88 Jahren verstorben.
Richard KARSTEDT gehörte in den fünfziger und Anfang der sechziger Jahren des letzten Jahrhunderts zu den besten Turnern des damaligen Armee-Sportklubs "ASK Potsdam", der sich damals unter den besonderen Förderbedingungen seines Zuständigkeitsbereiches zum führenden Turnzentrum des DDR-Männerturnens entwickeln sollte.
In seiner späteren langjährigen beruflichen Trainertätigkeit wirkte er profilbildend für ganze Athltenlaufbahnen und deren erfolgreichen auch internationalen Karrieren ...

<< Innovativer "Erfinder des Jägersaltos"
Insbesondere Anfang der siebziger Jahre
machte Richard Karstedt Schlagzeilen, als er mit seinem Schützling Bernd Jäger mit dem weltweit ersten Flugelement am Reck einen internationalen Trend auslöste, der das Reckturnen nahezu revolutionieren sollte:
Das Lösen und erfolgreiche Wiedererfassen der Reckstange nach vollzogener Saltobewegung war damals ein absolutes Novum im Männerturnen am Reck und ist als "Jäger-Salto" noch immer ein kühner Qualitätsbegriff im Männer- wie im Frauenturnen!
Unter der Leitung des damaligen Cheftrainers Rolf Bauch und neben Werner Schenk und Heinz Neumann gehörte Richardt Karstedt zu den profiliertesten Potsdamer Trainern und war dort auch als "harter Hund" bekannt.
Insbesondere solche Athleten wie Wolfgang Klotz, Reinhardt Rychly, Ralph Quast setzten seine Forderungen am besten um, verdanken ihm wesentlich ihre erfolgreichen Sportlerkarrieren.

Zu seinen Schützlingen gehörte u. a. auch der EM-Dritte von 1973 Wolfgang THÜNE (- in Grenoble damals hinter Eberhard Gienger und Klaus Köste, die beide Gold gewannen, standen also drei Deutsche auf dem Podest!). (Foto, rechts: Turner Thüne, Trainer Karstedt, 1973).

Der Vize-Reckweltmeister von Warna 1974, Wolfgang THÜNE, dessen spektakuläre DDR-Republikflucht 1975 bei den Europameisterschaften in Bern zu Hause seinem Cheftrainer Rolf Bauch für einige Zeit den Posten kostete, beendete im Befehlssystem des Armeesportklubs ASK auch zumindest die Spitzentrainerkarriere des Richard Karstedt, ( ... was er im Tiefsten seines Herzens noch bis zu seinem Tod nicht so richtig überwunden hat). " ... aber ich habe mich damals nicht rausschmeißen lassen!" - so der ehmalige NVA-Offizier im Range eines Oberstleutnants heute. "Immerhin hatte ich Trainingspläne für die Olympiavorbereitung 1976 unterschrieben und zu verantworten und auch die ASV-Führung stand hinter mir."
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Als ein Teil der DDR-Auswahl damals einen schweren Autounfall hatte, wo auch Potsdamer Athleten von Richard Karstedt betroffen waren, vor allem aber ein Berliner Dynamotrainer schwer verletzt war, wurde der Potsdamer Spitzentrainer dann vom damaligen Verbandstrainer Peter WEBER - auch ein Ex-Potsdamer Auswahlturner - zum SC Dynamo Berlin delegiert, wo sich Richard Karstedt insbesondere bei der Olympiavorbereitung der später erfolgreichen Roland Brückner (Olympiasieger 1980) und Michael Nikolay (Weltmeister 1981) wesentlich einbrachte.

Danach machte man ihn im Einzugsbereich der Nationalen Volksarmee (NVA) zum verantwortlichen Trainer aller, über die gesamte Republik verteilten ASV-Nachwuchsstützpunkte, wo Richard Karstedt über 10 Jahre lang und erfolgreich, bis 1986 die damalige Struktur des Nachwuchses und dessen Zuführung der Talente zum ASK- Leistungszentrum nach Potsdam verantwortete.
Die politische Wende überstand dieser weltbekannte und erfolgreichste Männerturnklub Potsdam allerdings nicht. Die dortige Turnhalle - einst als die europaweit modernste in den sechziger Jahren erbaut verbreitet noch bis zum Vorjahr heute - trotz einiger innerer Neuausstattungen -  den "Charme" vergangener Zeiten, ist nun aber bereits im März 2021 abgerissen worden, und war vor einigen Jahren noch Schauplatz des legendären Potsdamer Turner-Traditionstreffen.
Nur Insider wissen noch, dass dort viele Turnergenerationen ihren Schweiß und Männer wie Rolf Bauch, Werner Schenk, und eben Richard Karstedt auch viel Herzblut vergossen haben.
(c) gymmedia / E. Herholz