Christa HERRMANN, Dresdner SC |
Länger als ein halbes Jahrhundert begleitete Christa HERRMANN die nationale und internationale Turnentwicklung. Deutschlands langjährige ex-oberste Kampfrichterin feiert heute in ihrer Heimatstatdt Dresden ihren 85. Geburtstag. Unglaubliche 61 Jahre soll es schon her sein, als die junge Absolventin der Deutschen Hochschule für Körperkultur Leipzig (DHfK) beim damaligen SC Einheit Dresden als 24-jährige Trainerin mit Chefcoach Helmut Kirchschläger begann und faktisch von der Pike auf die ersten Nachwuchturnerinnen formten. Zu den ersten auch national auffälligen Namen gehörten damals Chistina Haake, die DDR-Länderkampfriegen angehörte und Irene Abel als spätere Nationalturnerin in den Silberteams 1970 (WM) und 1972 (Olympia, München). Dresdens Sportclub gehörte schon zu DDR-Zeiten zu einem der hoch anerkannten Leistungszentren, auch weil von hier Athletinnen kamen, die später in andere Zentren delegiert wurden und Weltruhm errangen, wie Marion Kische, Silvia Hindorff oder die aus Nachwuchszentren kamen, wie Diana Morawe aus Görlitz, Anja Kummich aus Riesa, Grit Neugebauer aus Hoyerswerda oder Martina Jentsch aus Cottbus, um bei Christa Herrmann, Volker Parsch und deren Trainerkollegen einen "dresdner Veredelungsprozess" zu durchlaufen ....
Christa HERRMANN (2. v.li.; untere Reihe) - oberste deutsche Kampfrichterin
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Schon von 1969 an sammelte Christa Herrmann auch als internationale Kampfricherin Erfahrungen und kam zwischen 1979 und 1999 bei 12 Weltmeisterschaften und 13 Europameisterschaften zum Einsatz und bewies ihre geschätzte Kompetenz als Kampfrichterin zwischen 1980 bis1996 auch bei 5 Olympischen Spielen.
Diese Kompetenz hatte sie sich in langjährigem täglichen Trainerjob des Kunstturnens in erster Linie in der täglichen Praxis erworben, war sie doch bis zum Ende ihres Studiums selbst aktive Kunstturnerin, hatte vier Jahre in der Meisterklasse geturnt und in zwei Länderkampfriegen der fünfziger Jahre gestanden.
Die junge Trainerin Christa Herrmann (vorn, 1. v. li.) 1962 bei einem internationalen Einsatz in Litvinow
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Christa Herrmann sicherte später als Nationalmannschaftstrainerin 1970 in Ljubljana die WM-Silbermedaille der DDR-Riege ab, wie sie auch Mannschaftsmitglied der silbernen Olympiariege 1972 in München war.
Ihr langjähriger Trainerjob beim SC Einheit Dresden gipfelte im Zeitraum ab 1980 bis zur politischen Wende in der Funktion der Cheftrainerin beim SC Einheit.
Ihr klares und selbstbewusstes Auftreten zeichnete sie auch als Beauftragte des Kampfrichterwesens zu DDR-Zeiten (1978 bis 1991) aus . Nach der Wende fungierte sie nahtlos weiterhin als Landesfachwartin im Sächsischen Turnverband und stand auch ab 1992 bis 1999 als oberste Kampfrichterin den nationalen und internationalen Jurorinnen des DTB vor, bis dann Inge Funk dieses Amt von ihr übernahm.
Oberkampfrichterin Christa Herrmann gratuliert Antje Wilkenloh und der DDR-Riege
bei einem Länderkampf 1986 in Meissen. (c) GYMmediaarchiv
Christa lebte ihre Sportart in all den hochintensiven Jahren förmlich, entwickelte zumeist ein zwingend ansteckendes Engagement, und in allem was sie tat, agierte sie mitreißend, blieb aber dabei auf eine ihr typische Art locker und souverän ...:
* So erinnert sich der frühere Turn-Fachreporter Hans-Jürgen "Zappel" ZEUME, der oft Christa Herrmann interviewt hatte, an eine besondere Episode aus früheren skurilen Zeiten im sog. "Tal der Ahnunslosen", wie man die besondere Tallage Dresdens ohne West-TV-Empfang damals bezeichnete: "Bei Christa fällt mir ein: Sie war doch wie ich eine begeisterte Camperin und hatte ihren Wohnwagen auf einer Anhöhe vor den Toren Dresdens an der Autobahn. Trafen wir uns zu einem Wettkampf, fragte sie mich als ebenso begeisterten Camper: 'Was macht der Campingplatz am Springsee ...?' Ich antwortete ihr, ' ... die Dresdner sind alle wieder da und haben alle ihre Antennen ausgerichtet.' Gemeint war damit die Situation vor einer Fußball-WM und das Spiel der Bundesdeutschen. Ihre Ergänzung: Na, das ist bei uns oben auf der Anhöhe genau so ...' Im Gegensatz zu einigen Startrainern anderer Standorte konnte man mit ihr sogar auch über solche, damals sehr sensible Dinge, locker sprechen."
Nach der Wende und mit der Neugestaltung des Dresdner Vereins initiierte Christa Herrmann das Eltern-Kind-Turnen und kümmerte sich seit ihrem Vorruhestand 1991 außerdem ehrenamtlich um die Finanzen und um die Mitgliederpflege der Abteilung.
Christa Herrmann, mit Kampfrichterkollegin Margot Dietz bei einem der letzten Traditionstreffen. |
Mit ihrer fachlichen Kompetenz, ihrem souveränen Auftreten und vor allem ihrem außerordentlich hohen Engagement stand sie allen immer mit Rat und Tat zur Seite und war maßgeblich daran beteiligt gewesen, dass das Turnen in Dresden erhalten geblieben und eine der stärksten Abteilungen des Vereins ist. Auch mit Ausscheiden aus der Abteilungsleitung 2015 ist Christa ihrem Dresdner SC eng verbunden geblieben.
Enge freundschaftliche Kontakte pflegen noch viele der ehemaligen Berufskolleginnen des deutschen Kunstturnnens früherer und späterer Zeiten und treffen sich noch immer regelmäßig zu ihren Traditionstreffen und bei Wettkampfereignissen.
Eine unglaubliche Lebensleistung für ihre Sportart, die gerade in den heutigen schnelllebigen Zeiten hoch gewürdigt werden sollte, bei aller besinnlichen Feierlichkeit des 85. Geburtstages dieser bemerkenswerten Frau.
(C) Eckhard Herholz / gymmedia