Wenn eine 23-jährige Ex-Weltmeisterin und Athletin von Weltruf, wie die Balkenweltmeisterin Pauline Schäfer, die immerhin den Mut aufbrachte, anklagend über Dinge zu sprechen, die leider auch unter deutschen Turnhallendächern gar nicht so selten sind, dabei Problemfelder des Umganges mit Schutzbefohlenen anspricht, über die viel zu oft diverse Mäntel des Schweigens gebreitet werden, sollte dieser Mut zur Offenlegung und Transparenz doch grundsätzlich nur zu begrüßen sein! Schließlich setzt man dabei doch ehrenwerte und löbliche Absichten voraus! Doch wenn schon jemand Tacheles spricht, dann muss er sich auch Fragen von einer inzwischen arg verunsicherten Öffentlichkeit gefallen lassen, Fragen nach Hintergründen, nach Motiven, nach Umfeld und Systemfehlern - aber auch Fragen nach der Verhältnismäßigkeit der Mittel und Methoden.
♦♦ Problemfall Chemnitz und kein Ende. Transparenz sieht anders aus!!
Viele Zuschriften/Anfragen unserer interessierten User zum Vorwurf "psychischer Gewaltmethoden" durch eine einzelne Trainerin in Chemnitz beeinhalteten ebenso viele offene Fragen, und haben die interessierten Beobachter längst ins Grübeln gebracht.
Erbringt der noch immer zurückgehaltene Untersuchungsbericht die Antworten?
Die betroffenen Chemnitzer kennen ihn noch immer nicht! (?)
Transparenz sieht jedoch anders aus!! Viele offene Fragen!
? - Warum hat eine 23-jährige gestandene Athletin von Weltruf die Medien (SPIEGEL) benutzt? Hat nicht auch Frau Schäfer eine Athletenvereinbarung mit dem DTB unterzeichnet, die vor einem Gang in die Öffentlichkeit erst einen intensiven internen Klärungsprozess voraussetzt?
? - Welche Klärungsprozesse zwischen den Konfliktparteien, im Verein, am Stützpunkt oder dem Verband, wurden zuvor geführt? Und wenn:
? - Warum führten sie nicht zu einvernehmlichen Lösung von Konfliktsituationen...?
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♦ Das virtuelle Netz hat ein langes Gedächtnis
→ Sehr nachdenklich stimmen die Aussagen Pauline Schäfers über das Turnen an sich, die besondere Chemnitzer Trainingssituation in Chemnitz und Ihre Trainerin Gabriele FREHSE, die sie Ende ihres Erfolgsjahres 2017 öffentlich in einem Videointerview so äußerte:
* P. SCHÄFER - : Es war " ... ein Jahr mit Höhen und Tiefen, die Goldmedaille war das absolute Highlight, damit hatte wohl niemand gerechnet ...! Ich bin auch eher so der sture Typ ... und an der einen oder anderen Stelle ist es schwierig, mir irgend 'was zu sagen und Gabi, ... will halt' auch unbedingt ihren Weg durchsetzen, aber wir finden dann unseren Weg und wir wissen, wo wir uns dann am Ende treffen und das ist das Wichtigste! Ja, ich denke, dass wir uns uns alle sehr, sehr glücklich schätzen, dass wir Gabi (Frehse) hier haben! ... Ich bedaure das Leben, das ich hier führe, überhaupt nicht, auch wenn das Turnen auch alles sehr anstrengend ist, und sehr viel Durchhaltevermögen verlangt, und ich sage mir selbst, ich würde das Leben hier immer wieder wählen, damit komme ich gut zurecht!"
* Quelle: MDR-Jumpradio (28.12. 2017)
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→ Im selben Jahr 2017 beurteilte die nach Chemnitz gewechselte Saarländerin Pauline SCHÄFER als dankbarer Schützling ihre Trainerin Gabi Frehse damals in einem persönlichen Geburtstagsschreiben, welches auch über Facebook publiziert wurde, nahezu überschwänglich:
"Liebe Gabi, als allererstes möchte ich Dir sagen, dass ich sehr stolz auf dich bin. Du machst das alles so toll, und auch, wenn es manchmal schwierig ist, kommt es selten vor, dass Du die Nerven verlierst ... " und nachfolgend " ... damit Du weißt, das alles möglich ist, wenn es mal wieder schwer wird (mit mir oder allen anderen) ... " dann sage Dir, das alles haben wir zusammen geschafft...!" Pauline * facebook account
... geschrieben Ende 2017, von einer damals 20-jährigen, glücklichen Weltmeisterin, rückblickend auf eine zuvor jahrelange, erfolgreiche und gemeinsame Wegstrecke.
(* Siehe auch eine weitere, nahezu > begeisternde Danksagung zum Jahreswechsel 2017/18 an ihre Trainerin!)
→ Wenig später erfolgte dann 2018, nach einer wenig erfolgreichen EM-Teilnahme einer - nach Aussagen von Fachleuten - "sportlich nur unzureichend vorbereiteten Athletin" in Glasgow, durch Ansage ihrer Trainerin die Trennung von ihrem einstigen Schützling, der nach Ansicht Frehses nicht mehr bereit war, den Forderungen und Ansichten einer ambitionierten Trainingsgestaltung zu folgen! Zweifellos eine dramatische Konfliktsituation, die wohl zu mehr als nur zu einer bilateralen atmosphärischen Störung zwischen den beiden führte, mit der Folge: Seit über drei Jahren gibt es zwischen Paulines Ex-Trainerin und der Turnerin keine Trainingskontakte mehr ...(?)!
♦ Trotzdem und unerklärlich, weil nicht nachvollziehbar, gab es eben dann diese über eine SPIEGEL-Veröffentlichung Ende November 2020 geführte, für alle Beteiligten und Unbeteiligten, überraschende Anklagewelle! Geballte Vorwürfe über eben dieselbe zurückliegende Zeit, die doch Pauline drei Jahre zuvor noch als so passend, fast schwärmerisch, (s. o.) und in Dankbarkeit v o r der Trennung von ihrer Ex-Trainerin beschrieben hatte ...??!
Kaum jemand vor Ort konnte dies - bei aller Kenntnis und Akzeptanz des von Gabi Frehse geführten konsequenten und deshalb anerkannt erfolgreichen Leistungssport-Regimes - nachvollziehen (Ihr Umfeld, ihre Stadt ehrte sie deswegen auch als "Trainerin des Jahres"). Sollen die alle weggeschaut haben? Agieren tatsächlich im Chemnitzer Sport "Personen, die ihrer Verantwortung nicht gerecht werden", wie die Vorsitzende des Sportausschusses, Frau Dagmar Freitag in mehreren voreiligen Interviews - bar jeder tieferen Sachkenntnis - vorschnell behauptete...?)
→ Denn siehe da: Plötzlich beschrieben zwei weinende Schwestern ihr Leid und trugen öffentlich in einem SPIEGEL-Video ihre Verletzlichkeiten vor:
* Quelle: SPIEGEL Online
... klar, das macht eindrucksvoll und heftig betroffen!
Doch dieser Stimmungsumschwung (siehe oben) einer erwachsenen Top-Athletin überrascht selbst den geneigten Betrachter sehr - macht ihn zumindest ratlos!
♦ Befragung oder Hinterfragung? Indizien oder Beweise?
Berechtigte Anklage oder Kampagne? Alles offene Fragen!!
Leider liegt bis zum heutigen Tag - Wochen nach Fertigstellung (!) - der angeklagten Chemnitzer Seite noch immer nicht der von der beauftragten Frankfurter Ombuds-Kanzlei angefertigte sogenannte Untersuchungsbericht vor, der vom DTB beauftragt wurde, um die von Pauline Schäfer und weiteren ehemaligen Turnerinnen gemachten Aussagen und vom SPIEGEL veröffentlichten Beschuldigungen überhaupt erst mal en dètail nachvollziehen zu können!
So herrscht deshalb noch immer zweifelndes Unverständnis bei der nahezu gesamten Schar der aktuell trainierenden Turnerinnen und deren Eltern vor, die die Wucht der medial beförderten und größtenteils einseitigen Anschuldigungen ebenso nicht nachvollziehen können, wie auch nicht die Verantwortungsträger des TuS Chemnitz-Altendorf und des Chemnitzer Bundesstützpunktes, schon gar nicht, die vom Deutschen Turner-Bund demonstrativ praktizierte Strategie vorauseilenden Gehorsams einer Vorverurteilung einer Einzelperson.
Überhaupt nicht nachzuvollziehen ist die Ignoranz, mit der der DTB die Standpunkte der aktuellen Turnerinnen und deren Elterschaft beiseite schiebt und mit einigen Videokonferenzen "aus der Ferne" glaubt, Schaden begrenzen bzw. Konsequenzen begründen zu können. Eher das Gegenteil ist der Fall!
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♦ "Problemfall Frehse/Chemnitz" oder "Problemfall Verband"?
... weil schwerwiegende Fragen noch völlig offen sind, wie z. B. ...:
? - Wie ist der "Stimmungs- und Meinungswandel" der Ex-Weltmeisterin betreffs ihrer Trainerin und deren Methoden zu erklären, wobei doch beide trainings- und arbeitstechnisch seit drei Jahren nichts mehr miteinander zu tun hatten?
? - Obwohl die Chemnitzer Seite noch immer keine Einsicht in den Untersuchungsbericht hatte: Wieso veröffentlicht der zuständige Sportverband bereits Persönlichkeitsdaten, Vorverurteilungen, Entlassungsforderungen bzw. Androhung des Lizenzentzuges?
? - Welche fachlichen Kompetenzen und Einsichten in die tatsächlichen Vorgänge in die leistungssportlichen Trainingsprozesse liegen dem Verband zu Grunde, wo sich doch bisher selbst die dafür zuständigen (und bezahlten) hauptamtlichen Personen, wie der Sportdirektor oder die Bundestrainerin, nicht dazu transparent geäußert haben? Wussten die nicht Bescheid oder decken sie die vorgebrachten Unzulänglichkeiten?
? - Mit welchen leistungssportlichen Kompetenzträgern ist das Präsidium des DTB als wirklicher Spitzensportverband besetzt, das immerhin im Fall Chemnitz in einer 13-seitigen Pressemitteilung im Sinne von Vorverurteilung bereits "personelle Konsequenzen" fordert?
Und nachgefragt:
?! - Sehr verwunderlich ist auch die auffällige Zurückhaltung der beruflichen Insider des deutschen Kunstturnens, wird doch hier nicht bloß eine Trainerin auf die Anklagebank gesetzt, sondern der gesamte Berufsstand deutscher Leistungssporttrainer diskreditiert, wenn allein bereits die per medialer Attacke geführten Beschuldigungen ausreichen, um vier Jahrzehnte eines nachweislich erfolgreichen Berufsweges einer Erfolgstrainerin, wie Frau Frehse, einfach so in Frage zu stellen oder gar wegzuwischen!?
? - Wo sind z. B. die Stimmen einer Athletensprecherin, in Person der 31-jährigen Top-Turnerin Kim BUI, als einer der auch international erfahrensten deutschen Turnerinnen oder einer 27-jährigen deutschen Rekordmeisterin Elisabeth SEITZ, die durch jahrelange Lehrgangserfahrungen mehr als genug persönlichen Arbeitskontakt zu Deutschlands bislang erfolgreichsten Turnvereinstrainerin gehabt haben müssten ...?
? - Es gibt wohl in Frankfurt auch eine "Ombudsfrau", die man bei Beschwerden anrufen kann: Wieviel solcher Beschwerden oder Hilferufe aus Chemnitz (oder von anderswo) lagen dort bisher vor, die man als Belege hinzuziehen könnte, bevor man Frau Frehse bereits "zum Abschuss" freigeben hat?
? - Wie viele Trainerinnen und Trainer - mit welcher fachlich ausreichenden Qualifikation auch immer - können beweiskräftig bestätigen oder widersprechen, was da alles gegen Frau Frehse vorgetragen wurde?
? - Verfügt die Berufsgruppe deutscher Trainer im Spitzensport des Kunstturnens überhaupt über ausreichend qualifiziertes pädagogisches, psychologisches und/oder trainingsmethodisches Profil, um Fehlbelastungen, Überforderungen oder individuelle Beschädigungen ihrer Schützlinge mit den geeigneten Mitteln eines humanen Leistungssports wirksam vermeiden zu können? Was tut der Verband für dessen qualifizierte Aus- und Weiterbildung?
? - Ist das wirklich nur der Einzelfall, mit dessen individueller Liquidierung man sich aller solcher Probleme entledigen kann, mit dem ein Verband nachweist: Seht her, wie konsequent wir doch sind und wie unduldsam wir durchziehen...?! Wollen sich damit gar Personen damit profilieren...?
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♦ Es bleibt nur zu hoffen, dass sich die zweifelhafte Strategie "Haltet den Dieb!" nun konsequent vom "Fall Frehse" oder "Fall Chemnitz" zunehmend der sachlichen Analyse der tatsächlichen System-Ursachen im deutschen Nachwuchs- und Spitzensport zuwendet! Ansonsten sollte konsequent das Prädikat "Spitzensportverband DTB" ernsthaft hinterfragt werden!
* Eckhard HERHOLZ
GYMmedia INTERNATIOAL
* Lesen Sie dazu auch:
► Trainerin Gabi Frehse geht in die Offensive
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► GYMmedia-Kommentar
zum SPIEGEL-Interview mit DTB-Präs. Dr. A. Hölzl
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► "Ich hätt' da mal paar Fragen (Editorial LEON-Turnmagazin 01/2021)
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