SKC TaBeA Halle, Startpose der Deutschen Meistergruppe |
Die Deutschen Meisterschaften für Gruppen 2014 in der Rhythmischen Gymnastik fanden am 28. und 29. Juni im Berliner Horst-Korber-Sportzentrum am Olympiastadion statt. Über 100 Teams in verschiedenen Alters- und Leistungklassen gingen an den Start, darunter allein neun aus Berlin.
Der sonntägliche Höhepunkt war das Finale der Meisterklasse-Gruppen, bei dem Titelverteidiger SKC TaBeA Halle 2000 sich erneut erfolgreich durchsetzte und sich mit Steigerung zum Vortag sowie 13,866 Punkten die Goldmedaille sicherte.
Vize-Meister wurde die Gruppe der Berliner Gastgeber mit 12,066 Punkten vor der Formation "Sportgymnastik Dahner Felsenland" mit 11,733 Punkten.
Deutsche Meisterschaften 2014 - Gruppen
Sechs Formationen stellten sich der Konkurrenz; zweite von rechts: Titelverteidiger SKC TaBeA Halle
Deutsche Meisterschaft 2014,
Rhythmische Gymnastik - Gruppen
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* GYM v i d e o --: SKC TaBeA Halle 2000: Übung 3 Bälle / 2 Bänder:
* Youtube (000)
Das Deutsche Meisterteam SKC TaBeA HALLE 2000
Am ersten Tag lief durchaus nicht alles nach Plan. Schließlich führten die halleschen Mädchen ihre Übung das erste Mal öffentlich auf. Erst zwei Monate hatte Trainerin Claudia Marx mit der Gruppe nach den Klängen von Carmina Burana gearbeitet mit 3 Bällen / 2 Bändern gearbeitet.
Der erste Auftritt am Samstag: Ein schwerer, doppelter Ball-Bandfehler, dann Fangprobleme bei der Schlusspose ... das war noch nix. Trotzdem gab es starken Beifall, atmete doch die choreografische Gesamtkomposition der Übung bereits einen hohen Grad gestalterischer Reife.
Die zweite Aufführung der gleichen Übung lief dann wesentlich besser. Überraschend auch, wie gut sich neben der erfahrenen Kapitänin Laure Marx die unter widrigen Umständen aus dem Nationalmannschaftszentrum zurückgekehrte Katerina Luschkin nach nur einem Monat Training ins Team engefügt hatte: Die Mannschaft kämpfte und steigerte sich wesentlich. Der Schwierigkeitsgrad der Übung lag einen ganzen Punkt höher als der aller konkurrierenden Mannschaften.
Jeanine Fissler, Frederike Arlt unter den Zuschauern: Ehemalige Gruppengymnastinnen mit Olympiaerfahrungen, die in Sydney 2000 dicht dran waren, an der Weltspitze ... |
Was denn nun: Spitzensport oder Breitensport?
Unverständlich bleibt allerdings dem Betrachter der deutschen Gruppenszene, wieso man bei einer nationalen Meisterschaft nur eine Disziplin (- nämlich nur die kombinierte Übung) abfordert und auf die zweite, die Übung mit 10 Keulen, verzichtet ...??
Das wäre so, als würden die Turnerinnen zwei ihrer 4 Geräte des olympischen Programms einfach weglassen: Zu schwer! Mit dieser eigenartigen und äußerst zweifelhaften nationalen Regelung des sogenannten "Lenkungsstabes" ist Deutschland weltweit allein. Man verzichtet damit auf die komplexe Anforderung des olympischen Mehrkampfes, auf die Vergleichbarkeit im Lande und international und beschädigt damit die Strukturen leistungssportlicher Herausforderung.
Die kuriose Begründung: Zwei Übungen abzuverlangen " ...ginge über die Möglichkeiten des Trainingsalltages hinaus und überfordere die vorhandenen Bedingungen in den Vereinen ..." und sei deshalb in der Trainingspraxis kaum realisierbar und wenn, dann nur unter Sonderbedingungen der Konzentration der Besten und nur im Nationalmannschaftszentrum (Fellbach-Schmiden). Das mag tatsächlich stimmen, denn die Bedingungen im deutschen Sport sind inzwischen generell fragwürdig und längst nicht nur bei der Gymnastik desolat geworden!
Kurioser Weise erhebt der Lenkungsstab aber nicht etwa lautstark die Forderung nach einer Analyse der unzureichenden Bedingungen für die olympischen Gruppendisziplinen, nach den für echten Spitzensport nötigen Struktur, den materiellen und personellen Voraussetzungen zur Ausübung der komplexen Anforderungen. Somit fehlt jegliche Vergleichbarkeit, es gibt kaum Wettkampfmöglichkeiten, sowohl national, geschweige denn international.
Ein Lenkungsstab stellt hier die Weichen in Richtung Breitensport, gibt sich mit akuten Defiziten zufrieden, macht somit Mittelmaß zum Standard, weil es so ist, wie es ist, statt zu fordern, dass man bessere Bedingungen schafft, um seinen anspruchsvollen, wettkampforientierten Sport in Gänze (!) und qualifiziert ausüben zu können!!
(Gab es nicht schon mal im deutschen Frauenturnen eine ähnliche Situation vor einem guten halben Jahrhundert...? Da meinten auch ein paar schlaue deutsche "Lenkerinnen des deutschen Turnens", sich von der internationalen modernen Entwicklung abkoppeln zu können ... und erlitten nicht nur Schiffbruch, verschwanden temporär in der Versenkung und machten sich zudem lächerlich...!)
Man kommt nicht umhin, nach der Ursache der "fehlenden Mittel " zu fragen, denn ohne entsprechende Finanzierung ist dieser äußerst anspruchsvolle Spitzensport Rhythmische Gymnastik absolut nicht zu machen! Und wenn man konsequent hinterfragt, ist man flugs beim finanziellen Desaster des Deutschen Turner-Bundes, dessen Folgen längst in der Trainings- und Wettkampfpraxis angekommen sind.
Inzwischen ist dieses Desaster auch auf Landes-Ebene angekommen., wie z. B. in Nordrhein-Westfalen, dem einwohnerstärksten "Sportland Nr. 1".
Absurde Konzepte der Turnerbünde WTB und RTB an den Aufgaben des Bundesstützpunktes RSG-Nachwuchs in Wattenscheid vorbei, haben unlängst zum radikalen Förderstopp der Sportförderer für eigentlich schon bis Mitte 2017 bewilligte Personal-Förderungen gesorgt. Inzwischen sind dort alle Trainerstellen gekündigt worden und damit ein "Kahlschlag" sondergleichen eingezogen - und - keiner will`s gewesen sein!
Sollte etwa diese Verschärfung des Druckes letztlich auch an jener einzigen Stelle angekommen sein, wo man sich noch verzweifelt mit internationalen Anforderungen herumschlägt ...? Woher kommen denn die dafür geeigneten Kader einer Nationalgruppe, wenn man in ihren Heimatvereinen auf komplexe Ausbildung verzichtet? Halten sie den Druck, dem Anspruchsniveau, welches dann entsteht aus? Welche Methoden sind überhaupt geeignet, um innerhalb weniger Monate nur jemand auf ein Topereignis, wie eine EM, vorzubereiten. Ist das nur ein Schelm, der dabei Parallelen zu jüngsten Ereignissen im deutschen National-Gruppenzentrum zieht ...?
Dies alles war dem Betrachter dieser Deutschen Gymnastik-Meisterschaft eingefallen, während er sich in der Horst-Korber-Halle von 6 "Meisterklassengruppen" zweimal diesselben Übungen vorführen lassen musste. Wertungen versteht man eh' nicht, aberdie Krönung: Da alle sechs Gruppen sowieso ins Finale kommen, bei dem es wieder bei Null beginnt, ist der ganze erste Tag für die Katz', ist punktuell ohne Wert - entspricht allenfalls einer willkommenen Trainingsmöglichkeit.
Und im Hintergrund plakatiert man effektvoll für die übernächste Weltmeisterschaft 2015 im Gymnastikland Deutschland - natürlich mit vollem olympischem Programm, auch für Gruppen!
Zurück zum Meisterschaftsgeschehen ...
Laure Marx (vorn, mit Schild) ... Katerina Luschik, (5. von rechts),
dann die TaBea-Jugendgruppe ...
Das Team vom SKC TaBeA Halle 2000, mit den beiden halleschen Eigengewächsen Laure Marx und Jennifer Ebert, mit der Berlinerin Lina Fleuch, der Kielerin Christina Gröb und mit Katerina Luschik, die zudem noch die Aufregungen ihrer "unplanmäßigen Rückkehr " aus der National-Gruppe zu verkraften hatte, imponierte mit einer starken kämpferischen Leistung, einer weiteren Steigerung (- bis auf einen kleinen Bandfehler zu Beginn, "... und einigen Reserven, die nur Trainerin sah ...) und verteidigte seinen Meistertitel vom Vorjahr mit Erfolg. Mit dem höchsten Schwierigkeitswert von 6.8 und 13,866 Gesamtpunkten.
Jubel im Horst-Korber-Zentrum gab es natürlich für den Vize-Meisteritel der Gruppe des Berliner Turn-und-Freizeitsportbundes (5.8 /= 12,066). Bronze ging an "Sportgymnastik Dahner Felsenland" (5.8 / = 11,733), gefolgt vom TV Dahn 1910, dem Braunschweiger MTV von 1847 sowie Bremen 1860.
... und im Jugendbereich:
Hier holte sich Bremen 1860 den Titel (6.1 / = 12,700), ebenfalls vor Berlin (5.4 / = 6,700) und "Sportgymnastik Dahner Felsenland" (5.55/ = 11,600). TaBeA Halle wurde hier vierter, vor dem Saarländischen Turnerbund und TSV 1846 Nürnberg.
Vize-Meistertitel für Berlins freundliche Jugendgruppe
Auch im Schülerbereich hatten die Mädchen von Bremen 1860 die Nase vorn, was für gute Nachwuchsarbeit spricht. Rang zwei belegt der Saarländische Turnerbund, vor Berlin, dem TV Dahn 1910, einer zweiten Gruppe Berlin sowie dem Dahner Felsenland.
Eine starke, und gewohnt-professionelle Organisation der Berlin-Masters-gestählten Organisatoren machten das Ereignis trotz allem zu einem würdigen Wettkampfhöhepunkt im Jahreskalender. Und über Stimmung und Publikumszuspruch, konnten sich die Gastgeber und Gäste, zumindest am Abschlusstag, keineswegs beklagen.
(C) gymmedia / E. Herholz
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