Andreas GÖTZE (Ostfildern) |
Einer stillen Sehnsucht folgend, feierte der seit zwei Jahrzehnten bei Stuttgart ansässige und dort tätige Ex-Berliner Sportjournalist Andreas GÖTZE nicht in seiner Wahlheimat seinen heutigen 60. Geburtstag, sondern in seinem Geburtsort Oybin. Viel verbindet ihn noch immer mit seiner alten Heimat am Fuße des Berges Oybin, im Talkessel des Zittauer Gebirges, wo der Ex-Turner und spätere diplomierte Sportjournalist am liebsten den künftigen Teil seines Lebens verbringen möchte. Andreas Götze - einst in der DDR Leistungssportler und u. a. Deutscher Meister am Pauschenpferd (1971), gilt als ausgewiesener Experte des Turnens und zudem als stilvoller, exzellenter Schreiber, Buchautor, konsequenter Anwender, Benutzer und Verteidiger der deutschen Sprache. In Fortsetzung von OTA ("Olympisches Turnen Aktuell") verantwortet er seit 2000 als Herausgeber und Chefredakteur das führende deutsche "Turn-Fachmagazin "LEON*, das soeben mit seiner 75. Ausgabe erschien ...
Trainingsgruppe Günter Klausch (li) in Zittau vor über 47 Jahren
Andreas Götze: Zweiter von rechts
Andreas Götze: beim ASK Potsdam: Eigentlich sollte 1972 die Karriere erst richtig losgehen ...! |
DER TURNER und SPORTLER
Einst wurde der schlanke und talentierte Junge in seiner alten Heimat in Sachsen, der Oberlausitz, u. a. vom späteren halleschen Cheftrainer Günter Klausch für das Gerätturnen entdeckt und begeistert, was ihn später über die Zwischenstation Dresden (SC Einheit) ins ehemalige Spitzenleistungszentrum der DDR, zum Armeesportklub "Vorwärts" nach Potsdam führte. Dort entwickelte er sich insbesondere zu einem technisch-herausragenden, und damit überdurchschnittlich eleganten, Pauschenpferd-Turner.
Einer seiner früheren Trainer, der Pferdspezialist und langjährige internationale Kampfrichter Heinz Neumann, erinnert sich:
"Andreas hatte als junger Turner hervorragende athletische und technische Voraussetzungen. Vor allem zeigte sich das in einem sehr hohen Stütz auf den Pauschen, der insbesondere schwierige direkte Verbindungen zuließ, bei denen die anderen Athleten meist immer scheiterten. Bei einem seiner ersten internationalen Erfolge wurde er am Pferd bei den einstigen "Jugend-Wettkämpfen der Freundschaft" im August 1971 im polnischen Katowice hinter dem späteren ungarischen Weltstar Zoltan MAGYAR Zweiter am Pferd (und 6. im Mehrkampf)."
Während Magyar bereits 1972 die Olympischen Spiele von München miterlebte - wenn auch dort noch relativ erfolglos - blieb dies Andreas Götze verwehrt:
Er trainierte zwar mit seinem Trainer Heiner Neumann bereits Elemente, mit denen Magyar später erst in die Turngeschichte (- mit seinem Maggyar-Wandern = Querwandern über den gesamten Pferdrücken) eingehen sollte...:
* Trainingsbilder, Andreas Götze, Potsdam 1971:
(C) gym-tube.de (0931)
Deutscher Pferdmeister 1971, Klaus Köste gratuliert ...! |
Magyar wurde später 2x Olympiasieger (1976 & '80), je dreimal Welt-, bzw. Europameister, 2x Weltcupsieger, Andreas Götze wurde Deutscher Pauschenpferdmeister, und gehörte auch dem DDR-Olympiakader für München 1972 an. Doch eine weitere sportliche Karriere wurde ihm DDR-typisch verbaut:
Offiziell wegen "Rückenproblemen" musste er seine hoffnungsvolle Leistungssportkarriere beenden. Wie er erst viel später erfuhr, war es jedoch tatsächlich das Veto der Staatssicherheit, was wegen "Westverwandschaft", tatsächlich zum Ende des aktiven Kunstturnens beim ASK "Vorwärts" Potsdam führte.
DER JOURNALIST und AUTOR
Wenigstens legte man ihm keinen Stein zu einem Journalismusstudium in Leipzig in den Weg, nachdem er ein einjähriges Volontariat absolviert hatte.
Die Zeit danach bei einer der auflagenstärksten DDR-Zeitung, der "Jungen Welt" (1,4 Millionen), war für ihn eine der produktivsten.
Götze fiel schon damals den Lesern mit einer Schreibe auf, die immer dicht und fundiert am sportlichen Geschehen war, und die aber stets etwas Besonderes, Typisches und Unverwechselbares in den Mittelpunkt einer Geschichte stellte, was die Halbwertszeit solcherart Sportberichterstattung erheblich erhöhte:
Noch heute hält man inne, wenn einem aus der vor-digitalen Zeit Götze-Artikel aus dem Papierarchiv in die Hände fallen.
Natürlich wurde dann mit der politischen Wende auch für die Götzes alles anders: Nach dem Mauerfall ging sein Verlag in private Hände. Im Journalismus brachen radikal andere Zeiten an. Plötzlich war nicht mehr die fachlich-freundschaftliche Begleitung des Sportgeschehens gefragt, sondern Skandale und Doping-Vergangenheiten. „Man versuchte, überall die alte Wäsche herauszuziehen“, erinnert sich Götze. „Das war eigentlich nicht mein Ding.“
Als in dieser Zeit, Ende 1992, das Angebot aus Stuttgart kam, für den Schwäbischen Turnerbund zu arbeiten, zögerte Götze nicht lange. „Eine gute Entscheidung. Ich habe es nie bereut“, wie er im Rückblick meint.
Ein dreiviertel Jahr später kam seine Familie nach. Auch sie fasste schnell Fuß in der neuen Heimat. „Die ersten Wochen dachte ich, ich sei in Urlaub hier“, beschrieb er gegenüber der Presse seine damalige Gemütslage.
... aktuellste LEON-Ausgabe: die 75 ! |
Nach achteinhalb Jahren als Redakteur beim Schwäbischen Turnmagazin wechselte Götze 2001 zum württembergischen Landessportbund (WLSB), wo er bis heute als Chefredakteur (erst fest, seit Frühjahr 2012 als freier Mitarbeiter) für die Verbandszeitschrift verantwortlich ist.
Mit dem Jahrtausendwechsel und den Europameisterschaften 2000 in Bremen, übernahm er aus den Händen seines verdienstvollen Vorgängers Jürgen Uhr das "Olympische Turnen Aktuell" (OTA).
Es erhielt in memoriam des großen, kleinen Europäers, des Slowenen LEON STUKELJ den Namen "LEON*-Turnmagazin", das von Anfang an etwas mehr als nur das nationale deutsche Turnen darstellen, sondern auch den Blick auf das internationale Geschehen der Gymnastics-Disziplinen werfen sollte, und das auch mit ansprechender Optik (durchgängiger Vierfabdruck), mit Hintergrundberichten, interessanten Interviews, Porträts und auch Beiträgen mit Unterhaltungswert - eben mit Magazincharakter.
Götze, Wolfgang Staiger, Eberhard Gienger, Jürgen Uhr: Dem Turnen verschrieben ...! |
Auch als Buchautor hat sich Andreas Götze einen Namen gemacht:
Längst vergriffen aber in Antiquariaten vielgesucht ist die DDR-Edition "Flickflack - Weltbühne des Turnens" (Sportverlag, 1986), das er gemeinsam mit dem früheren Sportjournalisten und Kenner der Turnszene Hans-Jürgen Zeume herausgab.
Zur Zeit der politischen Wende erstelle Andreas Götze mit dem damaligen ZDF-Turn-Kommentator und früheren Turn-Trainer Eckhard Herholz die erste gesamtdeutsche Turnstatistik unter dem Titel "Das Turnjahrhundert der Deutschen", die von 1896 an alle Daten, Fakten, Personen und Erfolge des deutschen Kunstturnens Ost und West bei Olympia, WM, EM und Deutschen Meisterschaften zusammen erfasste, und damit bis heute eine wichtige (und einzige !) Dokumentation der bis dato getrennten Deutschen beim Sich-Wieder-Kennen-Lernen war und ist.
Götze und Jürgen Uhr als Autoren und Eberhard Gienger als Herausgeber publizierten "MONDSALTO - Die großen Erfinder", welches im Eigenverlag "gymbooks" pünktlich zur Eröffung der Weltmeisterschaften in 1994 Dortmund erschien.
Und noch heute gefragt ist der prächtige und zeitlose Bildband "FASZINATION TURNEN" - The Beauty of Gymnastics" - ebenfalls von Andreas Götze und Michael Weber, welcher mehr ist, als nur eine Dokumentation über die 40. Turn-Weltmeisterschaften 2007 in Stuttgart, sondern eine Liebeserklärung an das Turnen an sich.
(* ... siehe >gymbooks)
DER KOLLEGE und MENSCH
Wenn dieser Mann aus der Oberlausitz nun seinen 60. Geburtstag mit seiner Frau Kirsten und seinen drei Kindern und sicher vielen Freunden und Weggefährten begeht, muss unbedingt eines über all das hier Gesagte gestellt werden:
Opa Götze: ... Turnen mit den Enkeln sind ihm nun die liebsten Übungen geworden! |
Es ist ein großer Gewinn, solch einen fairen Kollegen, mit stets menschlichen Zügen, als seinen Freund haben zu dürfen, der zudem im journalistischen Alltag Redlichkeit, umfassende Recherche und die Verpflichtung zur Wahrheit als oberste Prinzipien, und der in der Ethik der journalistischen Berichterstattung ein hohes, stets neu zu schützendes Gut sieht.
Und das ist wohl ein Gewinn in einer Zeit, in der im Journalismus eine gefährliche Mischung aus Hysterie und Katastrophismus herrscht und wo auch in der Sportberichterstattung durch Kommerzialisierung zunehmend oft der Boulevard die Stoffe diktiert.
GYMmedia- und LEON*-Leser gratulieren diesem Manne herzlich!
(C) GYMmedia / Eckhard Herholz
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Unglaublich, wie schnell ein Jahrzehnt vergehen kann ...:
►► Andreas GÖTZE wurde am 2. Januar 2013 70 Jahre!
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