18. November 2021  
Rinteln, GER  
Gerätturnen

Bernd Jäger: Ein Turn-Erfinder wird 70!

" ... das Flugwesen, es entwickelte sich ...!"
Ein Mann wird heute 70 Jahre alt, dessen Name wie kein anderer eine wichtige, weltweite Entwicklung des modernen Kunstturnens einläutete:
Der Thüringer Bernd JÄGER aus Stadtroda zeigte zu den 18. Turn-Weltmeisterschaften 1974 im bulgarischen Warna einen Salto vorwärts gegrätscht zum Hang am Reck, der als sogenannter "Jägersalto" Eingang in die internationale Turnterminologie fand, wie kaum ein anderer. Als erstes Flugelement der Geschichte löste es eine ganze Kette weiterer Kreationen mit Lösen des Griffes und Wiedererfassen der Reckstange aus.
So folgten zur EM 1977 in Wilnius mit Stojan Deltschew der "Deltschew"-Salto, dessen gebückte Variante ein Jahr später zur WM in Strasbourg Eberhard Gienger zum "Gienger"-Salto veredelte ...

* 1974, Cottbus: DDR-Reck-Meister Bernd Jäger, Trainer Richard Karstedt
- letzte Psycho-Instruktionen vor der Premiere seines Dreifachsaltos in der Cottbusser Stadthalle ...

Zu einem Zeitpunkt, als es am Reck, außer vielleicht der "Lissitzki-Bücke", im Prinzip kaum weiträumige Bewegungen mit Lösen des Griffes, und noch keine Salto-Bewegungen gab, kam Bernd Jägers damaliger Potsdamer Trainer beim Armeesportklub "ASK Vorwärts", Richard Karstedt, auf die Idee, die "Janzrolle" der Frauen, die die Berliner Olympiasiegerin von 1972 (München) Karin Janz damals in ihrer Münchner olympischen Goldübung am Stufenbarren als eine Grätschrolle zwischen oberem und unterem Holm hatte, auf das Reck zu übertragen.
Ein Jahr harte Arbeit und im September 1974, kurz vor der WM in Warna, zeigte der damals 22-Jährige dieses Element erstmals bei einem Länderkampf gegen die Schweiz in Altstätten.
Doch als 5 Wochen später zum Jahreshöhepunkt in Bulgarien Bernd Jäger zunächst im Barrenfinale eine Medaille knapp verpasste, dann aber im Reckfinale alles 'rausreißen' wollte, ... klappte zwar seine Weltneuheit, - ... seinen "alten" Doppelsalto mit ganzer Drehung aber,  ... er landete ... auf dem Hosenboden.
Eberhard Gienger (BRD) - vom selben Jahrgang wie Jäger - wurde Weltmeister, Jägers damaliger zwei Jahre älterer Potsdamer Clubkamerad Wolfgang Thüne wurde "Vize" und er enttäuschter Fünfter.

Bernd Jäger mit seinem Nachwuchs in Rinteln

Mitte der neunziger Jahre erhielt er beim Cottbusser Turnier der Meister ein Angebot von den Fiinnen, dort als Trainer zu arbeiten, um langfristig 2000 wieder als Mannschaft zu erscheinen. Ein halbes Jahr nach Arbeitsbeginn führte er mit Jari Tanskanen schon einen Finnen zu Reck-Gold.
"Jari konnte natürlich die Elemente schon, als ich im März 1997 kam. Das Problem war in erster Linie das Selbstvertrauen. Wir haben damals die Übung so umgestellt, dass sie passte und ihn psychologisch eingestellt."
Als dann aber die Finnen zur WM 1999 in Tianjin leider nicht so gut turnten verpassten sie Olympia 2000 in Sydney. "Ohnehin war mein Vertrag nur bis 2000 ausgerichtet", so Bernd Jäger im Rückblick, der nach EM-Silber 1998 dann mit der EM 2000 in Bremen wieder nach Potsdam zurückkehrte.

Seit März 2001 stand nun der Ex-Cheftrainer eines deutschen Spitzenclubs und temporäre Nationaltrainer Finnlands (1997 - 2000) beim "VT Rinteln" unter Vertrag und betreute dort alles was turnt, vom Kinder- bis zum Erwachsenenbereich und feierte mit seinen Schützlingen so manche Erfolge. Seine Gattin, die ehemalige Lehrerin an der Eliteschule des Sports in Posdam, ist beim VT Rinteln für die Finanzen verantwortlich, hat einen Blick auf die Mitgliederbetreuung und -entwicklung.
Noch einmal war er im Vorjahr bei einem kurzzeitigen Auslandseinsatz in Namibia tätig. Zur Unterstützung initiierte er eine Hilfsaktion für ein Leistungszentrum in Swakopmund, wo gerade ein in Deutschland gespendetes Ringegerüst nach langem Transportweg angekommen war. Aktuelle Planungen sehen vor, dort in Kürze gemeinsam mit dem deutschen Spender-Verein Blau-Gelb Bad Düben vorbei zu schauen - natürlich erst, wenn es die Pandemielage wieder zulässt!
* Eckhard Herholz, GYMmedia