19. November 2009
Berlin
Gerätturnen
... im Profil!Paulo Lando - ein Turner der auffällt!
In der Szene kennt man den vielfachen Altersklassensieger der vergangenen Jahre schon lange, aber groß ist er jetzt geworden, der inzwischen 18-jährige Paulo LANDO vom SC Berlin!
Stolze 1,79 m können einerseits für leistungsorientierte Turner ein Problem werden. Andererseits aber bieten sie auch die Chance zu besonderer ästhetischer Auffälligkeit, vor allem dann, wenn man mit Konsequenz dabei ist, seine Größe athletisch und mit technischer Eleganz in den Griff zu bekommen. Diese Chance will der Berliner "Noch-Junior" gerade jetzt, beim Übergang in den Elitebereich des kommenden Jahres nutzen. Beim letzten Wettkampf jedenfalls, dem "Deutschlandpokal" der besten Nachwuchsmannschaften, war er in diesem Monat wieder der beste Mehrkämpfer der Junioren (15-18 Jahre).
** GYMmedia INTERNATIONAL unterhielt sich mit Paulo LANDO und seinen Trainern ...
Paulo Lando (li.), bester Junior und mit seiner SC Berlin-Riege
mit Philipp Herder und Niklas Nithack auf Rang 3 beim Deutschlandpokal 2009
(c) Fotos: Torsten HAUPTVOGEL
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Konzentration an der Schwelle zum Seniorenbereich!
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Paulo LANDO (SC Berlin) - ein Turner, der auffällt!
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Seit seinem 10. Lebensjahr hatte ihn der Berliner Nachwuchs-Experte Siegfried Wüstemann - der seit einem Jahr in Linz (Österreich) arbeitet - unter seinen Fittichen:
"Paulo ist eine sehr eigenständige und streitbare Persönlichkeit mit einem bereits ausgeprägtem Charisma! Dazu ist er aber ein sehr talentierter Turner mit besonderen Mehrkampffähigkeiten, neben seinen herausragenden Möglichkeiten besonders am Sprung und am Barren und der potenziellen technischen Eleganz am Pferd."
Hier bezieht sich der Trainer wohl besonders auf die Körpergröße des jetzt 18-Jährigen Abiturienten von inzwischen 1,79 m:
"Was soll's - damit muss und kann er umgehen! Das ist alles eine Frage der Athletik und seines Willens. Wenn Paulo sein Gewicht in den Griff bekommt, kann er diese Tatsache sogar in den Vorteil höchst-möglicher Eleganz umsetzen!
Natürlich hat er mit längeren Hebeln an den Ringen einen Nachteil, es ist aber reine 'Kopfsache', mit gutem Kraft-Last-Verhältnis (Gewichtsreduzierung !) gegenzusteuern. Ich kenne das persönlich gut: Trotz meiner 1,83 m war ich selbst früher in der Nationalmannschaft der DDR!"
Paulo LANDO, der seit November 2009 nun beim SC Berlin unter der Regie von Jens MILBRADT trainiert, hat beste Erinnerung an sein Wüstemann-Jahrzehnt:
"... ja, der war nicht nur Trainer, der war und ist auch wie ein väterlicher Freund," erinnert sich Paulo heute: "... vor allem auch außerhalb des Trainings war der eben immer für uns Turner da. Noch heute telefonieren wir oft und sprechen über Trainings- und Lebensgestaltung!"
Paulo hatte vor allem im Pubertätszeitraum mit einigen Verletzungs- und Wachstumsproblemen zu kämpfen. Da fiel es ihm schwer, sich zu konzentrieren, da sausten ihm tausende Dinge durch den Kopf, "... was könnte sein, wenn...", psychische Blockaden mussten gefühlvoll beseitigt werden.
"Es war absolut nicht immer leicht, aber besonders diese ungeraden, sensiblen und schwierigen Typen muss man halten, und dass jetzt ein mündiger Sportler im Entstehen ist, der sogar das Zeug dazu hätte, Führungsqualitäten zu zeigen, gibt mir recht!" - resümiert Siegfried Wüstemann heute.
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... ob hier ein neuer Modellathlet in der Kunstturnwelt heranwächst, entscheidet der Berliner selbst, vor allem im Kopf!
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Natürlich müsste der 18-Jährige dazu gerade jetzt seine mentalen Stärken ausspielen, sich überschaubare Teilziele stellen: Wenn Paulo also weiß, dass die angekratzte 80'er-Punktegrenze im Mehrkampf nicht reicht, muss er daran arbeiten, die Voraussetzungen für neue Inhalte zu schaffen. " Eigentlich sollten es jetzt schon so um die 83 Punkte sein, die ich hätte schaffen müssen, um in den B-Kader des DTB übernommen zu werden", sinniert der Berliner selbst.
Sein Ex-Trainer in Linz setzt gar noch eins drauf und spricht davon, das vor-olympische Jahr 2011 gar mit 86 Mehrkampfpunkten zu beginnen. Damit wird klar, was der ehrgeizige junge Mann jetzt zu bewerkstelligen hat: den Übergang zu konsequent bewusster Leistungssporteinstellung, die Realisierung anspruchsvoller Ziele!
Natürlich ist gegen Paulo's Spruch "Ich will zu Olympia 2012!" absolut nichts einzuwenden.
Wichtiger aber ist, konsequent den heutigen Trainings- und den bewussten Leistungssportalltag mit hohem Anspruch an sich selbst zu packen, also: immer das n ä c h s t e Ziel ist das wichtigste, um z. B. schon bei seinen ersten Deutschen Meisterschaften 2010 den "Alten" und "Etablierten" die Stirn zu bieten und mit Leistungen anzugreifen bzw. aufzufallen!
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Paulo Lando, virtuos am Reck, Trainer Jens Milbradt
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Jens Milbradt, der Paulo Lando nach einem Übergangsjahr bei Trainer Steffen Jahn in das nun leistungsstarke Quintett der Berliner Spitzenturner um Brian Gladow, Philipp Sorrer, Victor Weber und Jonas Rohleder übernommen hat, bescheinigt ihm gute Zuwächse, erkennt sein Potenzial und betont eben auch gerade die Überschaubarkeit der Ziele und das heißt konkret:
Paulo muss in den nächsten Monaten pro Gerät je zwei neue Schwierigkeitsteile anbieten und das bis zur Deutschen Meisterschaft im Sommer 2010 ...!
Denn dann gilt's gegen die Hambüchen, Boy, Nguyen und Co. und die anderen aus der WM-Riege von 2007 anzutreten!
... 'ne Menge Holz und das geht nur mit klarem Kopf und eisernem Willen!
"... den aber hat der Junge!" - bescheinigt ihm sein Ex-Trainer Wüstemann aus der Ferne. Darauf baut sein jetziger Coach Jens Milbradt, und hofft, dass der Turner weiter so positiv "auffällt"..!
(c) Eckhard Herholz, GYMmedia INTERNATIONAL
Fotos: Torsten Hauptvogel