16. November 2009
Kienbaum, Berlin
Gerätturnen
Britisches Trainingscamp Disability Gymnastics erfolgreich beendet
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DOSB-Vize Eberhard Gienger Gast im britischen Trainingscamp
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Das nach Südafrika und Gran Canaria (2008) nunmehr dritte
Internationale Trainingslager des Britischen Turnverbandes, das in der letzten Woche erstmals in Deutschland auf dem Gelände des Bundesleistungszentrums Kienbaum stattfand, ist am Wochenende erfolgreich und viel beachtet beendet worden. So machte sich auch der DOSB-Vize-Präsident
Eberhard GIENGER ebenso ein Bild vom Entwicklungsstand der Briten, wie auch die neue Referentin für Gerät- und TrampoliNturnen des Deutschen Turner-Bundes,
Ann-Katrin KNITTEL, sich intensiv vor Ort mit den Strukturen und Möglichkeiten befasste, anspruchsvolles Trainieren an und mit den Geräten der drei olympischen Turndisziplinen auch in Deutschland anzubieten. Die Inhalte dieses Lehrgang, den Ex-Nationalturner
Ronny Ziesmer als Schirmherr initiierte und unterstützte und den sein Partner, die
Daimler AG begleitete, soll deutsche Nachahmer finden...
DOSB-Vize Eberhard Gienger inmitten begeisterter Lehrgangsteilnehmerinnen Rhythmische Sportgymnastik aus Großbritannien, Irland und Norwegen
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Aus Norwegen kamen Katelyn Garbin, Mathilde Falch und Kristin Augdahl - allesamt begeisterte Gymnastinnen!
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"Man hat hier den Eindruck, es geht nicht um Behinderung, sondern hier wird geturnt, hier wird etwas geleistet, und das Ganze macht noch zusätzlich Spaß!" - so fasste der Vize-Präsident Spitzensport des "Deutschen Olympischen Sport-Bundes" (DOSB) Eberhard GIENGER seine Eindrücke bei seinem Besuch des Behinderten-Turn-Trainingslagers des Britischen Turnverbandes im Bundesleistungszentrum Kienbaum zusammen.
Besonders auch die Rhythmische Sportgymnastik scheint geeignet, mit sportlich-anspruchsvollen Bewegungen der beteiligten Mädchen deren Anmut und Leistungsbereitschaft derart in den Vordergrund zu stellen, dass ihre unterschiedlichen körperlichen oder geistigen Behinderungen oder Handicaps wie durch "Zauberei" nicht mehr zu existieren scheinen. Das mag auch an der Bewunderung der Betrachter liegen, über deren Leistungsfähigkeit und Leistungsbereitschaft liegen,
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Seit 8 Jahren ist Kay GALTER (li.) Britische Nationaltrainerin für Behinderten-Gymnastik
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die dem allgemeinen Hang zu etwaigem Mitleid oder Bedauern ob bestimmter individueller Beeinträchtigungen absolut keinen Raum gibt ...!
Für leistungsorientierte Gymnastinnen haben die Briten sogar eine ausgewiesene Nationaltrainerin!
<< Kay GALTER (li.) ist seit 8 Jahren in diesem Amt und erläutert Eberhard Gienger die Struktur und die Idee, mit anspruchsvollen Angeboten besonders das Selbstwertgefühl junger Mädchen anzuheben.
Dafür bietet gerade die Rhythmische Gymnastik beste Möglichkeiten.
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Anmutig ging es auch beim gezielt und straff organisiertem Erwärmungsprogramm der Turnerinnen zu. Hier, wo sonst die Lehrgänge der deutschen Nationalmannschaft stattfinden, agierte im Vordergrund die Niederländerin Bo Dominicus aus Tilburg als Vorturnerin. Bo ist Schülerin der 7. Klasse, wurde gehörlos geboren und dürfte weltweit die einzige Turnerin mit einer solchen Behinderung sein, die an allen vier olympischen Geräten turnt!
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Trainerin Ester LEON, Eberhard GIENGER, Bo DOMINICUS
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Da ließ sich natürlich Ex-Reck-Weltmeister Eberhard Gienger von Bo Dominicus' Heim-Trainerin Ester LEON (li.) genauestens erklären, welche Spezifika beim Trainieren beachtet werden müssen. "Wenn man das System der Briten auch nach Deutschland holen will, muss man natürlich genau prüfen, welche strukturellen und logistischen Dinge zum Umfeld und auch zur Verantworzungsübernahme gehören, und wo man mit solchen neuen, sportlichen Inhalten hin will," - gab sich der "Sportpolitiker" Gienger nachdenklich!
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Ann-Katrin Knittel (DTB), Hazel Coates (British Gymnastics)
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Wohin die Briten wollen ist der TK-Vorsitzenden Behindertenturnen des Britischen Verbandes, Hazel COATES, absolut klar:
- Förderung des internationalen Wettkampfgeschehens;
- Verfeinerung der Klassifikation;
- Einbindung in die Paralympics;
- Entwicklung der Vereine und Förderung von Talenten;
- Förderung der Beteiligung überall in der Welt.
Da scheint sie bei der Nachfolgerin von Frau Dr. Swantje Scharenberg im Amte der Referentin des DTB für Gerätturnen und Trampolin, Ann-Katrin KNITTEL, die richtige Ansprechparterin gefunden zu haben:
"Ich bin noch immer fasziniert und begeistert, sowohl was die Briten strukturell in jahrelanger harter Arbeit auf die Beine gestellt haben, als auch von den gezeigten Leistungen!
Mein Ziel ist es zukünftig dem imposanten Beispiel der Briten zu folgen und Mittel und Wege zu finden ...
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Emil van Hove an den Ringen: ... eigentlich kurios, dass das als so vielfältig, komplex und für Körper und Geist so wertvoll bekannte Turnen noch immer keine paralympische Entsprechung hat!
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... auch für deutsche Kinder und Jugendliche trotz körperlich oder geistiger Beeinträchtigung die Möglichkeit zu turnen zu eröffnen!
Wir stehen in dem Bereich vor einer großen Herausforderung, die sich sicherlich nicht von heut auf morgen bewältigen lässt, zunächst müssen erstmal Trainer in diesem Bereich speziell sensibilisiert und ausgebildet werden.
Die Briten haben mir allerdings gezeigt, dass man davor keine Angst haben sollte, sich diesen neuen Aufgaben zu stellen, denn letztendlich bestehen wenig Unterschiede beim eigentlichen Training: Es geht nicht darum, dass ein Mensch behindert ist, sondern es geht darum ihm aufzuzeigen, welche Art von Bewegungsmöglichkeiten er besitzt!
Ich denke, es ist noch ein wenig früh, um sich Gedanken um ein Wettkampf- oder Wertungssystem zu machen. Erstmal ist es wichtig in Kooperation mit dem Deutschen Behindertenverband aufmerksam zu machen, dass auch Behinderte die Möglichkeit besitzen zu turnen! Vordergründig ist mein Ziel erstmal ein Special Day an Schulen für Behinderte oder ein Feriencamp durchzuführen sowie Trainer zu sensibilisieren, sich imit diesem Bereich zu beschäftigen und sich gezielt weiterzubilden.
Ich denke in Zusammenarbeit mit den Briten und durch deren Hilfsbereitschaft uns in unserem Vorhaben zu unterstützen, ist eine Trainerfortbildung mit anschließendem Trainingslager durchaus realisierbar!
... und wer weiß vielleicht schaffen wir es irgendwann sogar ein eigenes Wettkampfsystem aufzubauen den Briten Konkurrenz zu machen... die würden sich zumindest laut Aussage von Hazel Coates über Konkurrenz freuen!"
Was für ein unglaubliches Hallo kam da in der Halle auf, als sich "Ebse" Gienger kurzerhand seine Anzugjacke auszog, um trotz seiner inzwischen auch schon stolzen 58 Lenze und in unnachahmlicher Manier, ein paar Riesenfelgen, nebst Schraubenabgang in die Schaumstoffgrupe zu drehen...
Man soll es nicht glauben:
Selbst den gehandicapten Jugendlichen aus England - einer nun wahrlich ganz anderen Generation - war der Name "Gienger" ein Begriff - vom Gienger-Salto her, nämlich! Unglaublich, dass sie den hier in Aktion sehen, und sogar anfassen konnten.
In den lebhaften Gesprächen anschließend merkte man förmlich den Motivationsschub, den allein diese Begegnung bei den Sportlern erzeugt haben mag!
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Mit sichtbar stolz geschwellter Brust werden diese Begegnung mit dem deutschen Ex-Champion Eberhard Gienger, wie auch das Trainingscamp in Deutschland sicher jedem der beteiligten Turner in bester Erinnerung bleiben! * Berichterstattung/Fotos: GYMmedia INTERNATIONAL
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