Jubilar: Henry SONNTAG |
Am heutigen Dienstag feiert ein Leipziger Turnfestsieger der Jahre 1954 und 1956 im damals in der DDR letztmalig durchgeführten sog. Deutschen Mehrkampf, Henry SONNTAG, seinen 80. Geburtstag.
Als einer der langjährigsten Turntrainer am Sportclub der einstigen Deutschen Hochschule für Körperkultur Leipzig (SC DHfK), trainierte er u. a. seinen Meisterschüler Sven TIPPELT, der später mehrfacher Medaillengewinner bei den Olympischen Spielen in Seoul (1988) und Barcelona ('92) sowie bei Weltmeisterschaften wurde.
Seine Frau Roselore SONNTAG (geb. Stöbe) war Olympiateilnehmerin 1960 in Rom, WM-Teilnehmerin 1958 und 1962 sowie dreimalige Deutsche Mehrkampfmeisterin der DDR in den Fünfzigern...
Karlheinz Friedrich |
GYMmedia-Autor Karlheinz FRIEDRICH (72)
- einst selbst WM- und Olympiateilnehmer 1958 und 1960 - besuchte kürzlich die Familie Sonntag und widmete dem Jubilar den folgenden Artikel:
Stabhochsprung und Riesenfelgen
Henry SONNTAG zum 80. Geburtstag am 5.12.2006
Barfuß rannte er einst die 100 m in 11,6 Sekunden.
Mit dem Bambusstab schwang er sich über 3,60 m, und an den Turngeräten gehörte er zu den Besten der fünfziger Jahre.
Berühmt wurde Henry Sonntag als Turnfestsieger 1954 und 1956 im sogenannten Deutschen Mehrkampf - mit neun turnerischen und drei leichtathletischen Disziplinen.
"Das tut sich schon lange keiner mehr an" lächelt der Allroundkönner, der aus Langenberg bei Hohenstein-Ernstthal stammt.
Jubilar Henry Sonntag mit Gattin Roselore |
Heute (5. 12. 2006) feiert er im Muldental-Städtchen Geringswalde seinen 80. Geburtstag.
"Wir waren die letzten der Mohikaner", erinnert sich der Jubilar. "Schon damals widmeten sich viele nur noch dem Training an den Geräten, um bessere Leistungen zu erreichen."
Stabhochspringende Turner wurden 1956 zum letzten Mal im Leipziger Festprogramm gesichtet.
Henry Sonntag lebt heute mit Gattin Roselore in dem Haus, in dem sie aufgewachsen ist. Beide haben als Aktive und als Trainer das Turnen in Leipzig geprägt.
"Rosel", schon unter ihrem Mädchennamen Stöbe bekannt, war Olympiateilnehmerin 1960 in Rom und zweifache WM-Starterin (1958 Moskau, 1962 Prag). Sie errang zehn nationale Meistertitel, davon drei im Mehrkampf.
Kennengelernt haben sich beide bei einem Wettkampf in Erfurt.
"Das war am 17. Juni 1953, und es herrschte Ausnahmezustand wegen des Arbeiteraufstands in Berlin", wissen sie noch genau.
1957 heirateten sie, allerdings sind die "Sonntags"-Kinder Heiko und Mike, 1963 und 1970 geboren, keine Leistungsturner geworden. Dafür haben ihre Eltern als Trainer vielen anderen Kindern den Weg zur Spitze gebahnt.
Henry SONNTAG's Meisterschüler Sven TIPPELT, hier bei seinem, von ihm kreierten Element, einem Übergrätschen am Barren, das weltweit als 'Tippelt-Grätsche' bekannt ist |
Henrys Meisterschüler
war der spätere Weltklassemann Sven Tippelt, den er behutsam in den ersten Trainingsjahren begleitete.
"Er war temperamentvoll und wusste, was er wollte", lobt er Svens Zielstrebigkeit.
Roselore
half im SC Leipzig eine ganze Generation von Talenten großzuziehen. Auch Erika Zuchold verdankt ihr viel. "Als Erika 1970 in Ljubljana Weltmeisterin im Sprung und am Balken wurde, war ich mit Mike schwanger und konnte nicht dabeisein", bedauert sie jetzt noch.
Roselore SONNTAG: Die dreifache Mehrkampfmeisterin holte zwischen 1956 und 1960 auch dreimal den Deutschen Meistertitel (DDR) am Boden |
Strohgrube mit Mäusen
Interessiert verfolgten Roselore und Henry am Bildschirm die jüngste WM 2006 kürzlich in Aarhus. "Artistik pur", meinen sie übereinstimmend. "Es ist kaum noch nachvollziebar, was da heutzutage abgeht."
Beide wissen, daß bessere Trainingsbedingungen und weiter entwickelte Geräte die höheren Leistungen ermöglichen. "Aber Mut und Erfindergeist hatten wir vor 50 Jahren auch schon", sagt Henry, und Roselore fügt augenzwinkernd hinzu: "Weiche Landungen übten wir in einer Strohgrube, - da waren die Mäuse drin."
TEXT + Fotos: Karlheinz Friedrich, Leipzig
* P.S.:
Henry SONNTAG verstarb am Dienstag, den 10. Mai 2016 im Alter von 89 Jahren
►► GYMmedia-News