04. Juli 2003
Berlin
Gerätturnen
SC Berlin: Rückzug aus der 1. Bundesliga!
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SCB - Aus in der 1. Bundesliga
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Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit wird sich der Traditionsverein SC Berlin e.V. mit sofortiger Wirkung aus der 1. Bundesliga der DTL zurückziehen.
Als Hauptgrund gilt die personelle und Besetzungssituation, für die nach Ausfall von Lars-Gregor Biewendt (Bundeswehrdienst ab 1. Juli) durch die Teamleitung und auch durch das Präsidium der DTL kein alternativer Ersatz gefunden werden konnte.
Dieser Rückzug ist ein herber Rückschlag für den Turnstandort Berlin...
SC Berlin Team 2002: Kein Abschied für immer...! ...aber für wie lange?
Dazu Teamchef Siegfried Wüstemann: 'Wenige Tage vor Ablauf der Meldefrist am 11. Juli sehe ich faktisch keine Hoffnung auf Lösung unserer akuten personellen Probleme mehr!'
Fakt ist, dass nach Ausfall von Lars-Gregor Biewendt (seit 1. Juli Bundeswehr) nur noch Dmitri Nonin und Ren? Piephardt sowie begrenzt durch ausbildungsbedingte Trainingsrückstände Martin Lahmer zur Verfügung stünden - zuwenig, um eine Erst-Bundesligasaison voll durchzustehen, zumal nach Beschluss im Frühjahr in Cottbus nicht nur drei, sondern 4 Turner pro Gerät in die Wertung kommen.
Der Geschäftsführer des Berliner Turnerbundes Jens-Uwe Kunze gab sich erschrocken: 'Uns hat die Tatsache des nun unvermeidlichen Rückzuges total entsetzt! Leider müssen wir aber nun den Argumenten Siggi Wüstemanns Recht geben und bedauern das sehr, zumal dieser, wie auch sein Team, viel Herzblut in die Sache investiert haben. Ich bedauere aber auch, dass es der DTL-Führung nicht gelungen ist, eine personelle Alternative zu dieser Entwicklung anzubieten. Jedenfalls unterstützen wir alle Bemühungen und Ideen eines kompletten Neuaufbaus beim SC Berlin, der allerdings auf breitere Füße als bisher gestellt werden muss!'
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Brian Gladow: Jugendmeister - zu jung für DTL!
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Zurecht verzichtet der SC Berlin auf den zu frühzeitigen Einsatz seiner Jugendturner in die kräftezehrenden Bundesligakämpfe, und setzt die Prioritäten vielmehr in deren behutsamen Aufbau ihrer internationalen Karrieren. Bei den
Deutschen Jugendmeisterschaften vor einer Woche in Chemnitz holte der SCB 8 Medaillen und lag auf Rang 6 der Vereins-Medaillenbilanz im Nachwuchsbereich!
Hier trifft es nun leider einen Verein, der im letzten Jahrzehnt vorwiegend von seiner eigenen, starken Nachwuchsarbeit gelebt hatte und erfolgreich war:
Zweimal Deutscher Mannschaftsmeister (1993 und 1998), einmal Vize-Meister 1997 und im Vorjahr Rang 4, sieht man einmal von dem Law-Budget-Einsatz des Dänen
Jeppe Villeskjär ab, der aber bereits in den letzten Jahren auf die heranwachsende Personallücke aufmerksam machte.
Die Abgänge von Superstar Andreas Wecker und solcher Leistungsträger wie Peter Nikiferow, Daniel Farago, Christian Hempel, Robert Hirsch, Tony Mevius u.a., in den letzten, wenigen Jahren, sind einfach nicht zu kompensieren.
'Finanziell hätten wir in diesem Jahr wieder alle Unterstützung gehabt, die Töpfe dafür stünden zur Verfügung...', so Wüstemann, 'so aber müssen wir uns nun auf einen völligen Neuaufbau konzentrieren.'
Ein solcher Neuaufbau verlangt aber auch nach einem völlig neuen Konzept!
Grundsätzlich sei der Berliner Turnerbund bereit, ein solches Konzept eines 'Turnteams Berolina' vielleicht (Arbeitstitel) mitzutragen und mitzuentwickeln. 'Vielleicht haben die SC-Leute in der Vergangenheit zu Vieles alleine gemacht', schätze Kunze ein. 'Wir brauchen aber wieder einen starken SC und sind bereit, uns BTB-seitig voll einzubringen!'
Dringend geändert werden muss die Außenwirkung des Bundesligageschehens generell, fanden doch selbst hochkarätige Wettbewerbe im zumeist 'geschlossenen Zirkel' und faktisch ohne Öffentlichkeit statt.
Also bedarf es nicht nur des Heranwachsens des leistungsfähigen sportlichen Nachwuchses, sondern zugleich einer komplexen neuen Vermarktungs- und Öffentlichkeitsstrategie, für die der nun 'freiwillige Absteiger' SC Berlin das Partnerschaftsangebot seines Turnerbundes und anderer Partner in der Hauptstadt ernst nehmen sollte
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Nonin und Piephardt zum TKH
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Jetzt aber muss man in Berlin erst einmal den Imageverlust wegstecken und kann es auch nicht verhindern, dass
Dmitri Nonin und
Ren? Piephardt die Angebote anderer deutscher Vereine annehmen. Nach Freigabe durch den SC Berlin liegen beider Startpässe bereits beim TK Hannover vor. Der wiederum kann damit besser den
Ausfall seines Ausländers Dan Petcu (Vertrag beim kanadischen Cirque du Soleil) verkraften, und avanciert damit neben Titelverteidiger EnBW Kunstturnvereinigung Stuttgart, Vize-Meister SC Cottbus und vielleicht sogar dem wiedererstarkten SV Halle zu einem ebenfalls ernst zu nehmenden Anwärter auf den Deutschen Meistertitel.
Dazu TKH-Sportchef Wulf Greite: 'Wenn alles klappt, geht der Start bei uns klar! Beide Turner behalten aber ihr Einzelstartrecht bei ihrem heimischen SC Berlin, trainieren auch dort weiter, bekommen aber von uns zusätzlich die volle Unterstützung, also auch Prämien für nationale und internationale Erfolge, so dass sie sich auch zusätzlich motiviert fühlen sollten!'
Insgesamt ist diese Entwicklung jedoch ein weiteres und akutes Warnsignal für die Deutsche Turnliga und auch für den Deutschen Turnerbund, die beide dringend den weiteren rückläufigen Entwicklungen der Strukturen der Turnleistungszentren gegensteuern müssen..
E-Herholz/gymmedia)
DTL-INFORMATION
KTV Ruhr-West übernimmt Startrecht Das Präsidium der DTL bedauert heute in einer Pressemitteilung den Rückzug des mehrmaligen Deutschen Meisters SC Berlin aus der 1. Bundesliga und teilt mit, dass es gelungen ist, einen Nachrücker für die 2. Bundesliga-Nord zu finden:
Die KTV Ruhr-West unter der Mannschaftsleitung von
Sven Schilling wird den freigewordenen Startplatz vom TSV Bayer 04 Leverkusen für die Saison 2003 übernehmen.
>> ... siehe auch
GYMmedia-Meldung vom 4.Juli 2003