10. März 2003  
Stuttgart  
Happy Gymnastics

Sportler äußern sich gegen den Krieg – Sollen die das tun?

Die FRIEDENSLISTE deutscher Sportlerinnen und Sportler überschritt am Wochenende die Zahl 1.500 - unter ihnen 80 Olympiasieger und weit über 650 Welt- Europa- und andere Meister von über 35 Sportarten. Viele Turn- und Gymnastikfreunde meldeten sich mit ihrem Votum gegen kriegerische Konfliktlösung.
Einen bemerkenswerten Artikel vom Vorsitzenden der Württembergischen Sportjugend Günther HALDER finden Sie dazu in 'Der Sport', dem Organ des Württembergischen Landessportbundes, das heute erscheint...

Würtembergische Sportjugend

Und für manche stellt sich die Frage: Sollen die das tun?
Haben prominente (übrigens auch nicht-prominente) Sportler das Recht, ihre gesellschaftliche Position für eine politische Erklärung zu nutzen, wo sich der Sport doch ständig rühmt, dass er in jeglicher Hinsicht überparteilich und neutral ist?
Zuerst muss man feststellen, dass ein drohender Krieg unabhängig davon, wer ihn führt und direkt daran beteiligt ist, nicht zwingend eine Frage der Parteilichkeit darstellt, auch wenn derzeit die politischen Parteien unterschiedliche Positionen in der Irak-Frage einnehmen. Sportler sind zunächst einmal Staatsbürger. Und somit steht ihnen eine Meinung und deren Äußerung - ohne Wenn und Aber zu.
Hinzu kommt, dass gerade Spitzensportler womöglich eine andere Betroffenheit zu internationalen Fragen der Politik haben, da sie bei Wettkämpfen auf der ganzen Welt nicht nur ihr Land repräsentieren, sondern natürlich auch internationale Kontakte pflegen – freundschaftlich pflegen! Außerdem sind diese Sportler immer auch dann gefragt, wenn es wieder heißt, über den Sport neue Brücken zu bauen zu Völkern und Staaten, mit denen die Politik gerade nicht kann.

Doch es soll hier nicht der Eindruck entstehen, als müsse der Sport die Unfähigkeit der Politik kompensieren. Die aktuellen Bedrohungen durch Terroristen und den Irak gelten schließlich nicht unseren Politikern – sie gelten uns allen und unserem Gesellschaftssystem.

Trotzdem muss man die Absichten und Konsequenzen der politischen Entwicklung schon sehen. Da liefern die Amerikaner Massenvernichtungswaffen in den Irak, als sich dieser in den 80er Jahren gegen den benachbarten Iran und damaligen Hauptgegner der USA wendet. Nach Ende des damals überraschenden Golfkrieges liefern unter anderen auch deutsche Firmen Know-how und Material für Waffen aller Art in den Irak. Lebensmittel für die hungernde Bevölkerung dürfen nicht geliefert werden, andere Dinge anscheinend schon...
Jedenfalls kann man nicht davon sprechen, dass insbesondere der Westen in politischer Unschuld der Gefährdung, die vom Irak durch Krieg und Terrorismus ausgeht, gegenübersteht. Auch das angebliche und unvorstellbare Versagen der Geheimdienste muss man den Mängeln oder gezielten Absichten der Politik zuordnen.

Ausgabe 05/2003, erscheint Montag, den 10-Feb-2003