|
Kienbaum,
18-05-2000: EM-Nominierungsturnen im Trainingslager
Es herrschte nicht gerade euphorische Stimmung im deutschen
Trainingscamp Kienbaum. Bereits 3 Stunden vor dem für den späten Nachmittag angesetzen
Überprüfungsturnen erschien Andreas Wecker
in der Trainingshalle - zum SoloTraining: "Ich will die anderen Jungs nachher nicht
stören", so sein lakonischer Kommentar. Bereits vor diesem Termin war längst klar,
dass Andreas Wecker nicht zur Bremer EM wird starten können. Seine Daumenverletzung, die
er zu Anfang unterschätzt hatte, liess in den letzten 4 Wochen kein Training, das einen
EM-Einsatz möglich gemacht hätte, zu.
"Ich wäre ein absoluter Risikofaktor für das ganze Team! Wenn ich mitten im
Wettbewerb ausfalle, dann nütze ich der Mannschaft am wenigsten. Wir wollten diese Woche
das Ganze noch mal testen, ich hab's probiert, aber beim festen Zupacken tut der rechte
Daumen noch unheimlich weh", sagte Andreas und fügte hinzu: "So bin ich
erstmals bei einem Turnhöhepunkt als Journalist akkreditiert, als Co-Kommentator beim
ZDF, am letzten Tag".
Das anschliessende Überprüfungsturnen stand auch unter keinem guten Stern.
Es brachte zwar mit dem Sieger Sergei Pfeifer (55,65) vor Sven
Kwiatkowski (55,55) und vor Oliver Walther (53,10) kein
überraschendes Resultat, aber nur diese drei Turner zeigten überhaupt einen vollen
Sechskampf, während die anderen vor allem auf die "Verwendbarkeit" fürs
Mannschafteresultat an einzelnen Geräten getestet wurden. Dabei hatte Oliver Walther nach
seiner Fussverletzung zum Deutschland Cup wieder einen ersten Belastungstest gewagt.
Zu allem Übel verletzte sich gleich zum Auftakt des Tests, nach der ersten
Akro-Bahn der Berliner Daniel Farago am rechten Fuss, so dass er nach
drei Geräten aufgeben musste - immerhin ein Mann, der auch einen vollen Sechskampf in
Bremen turnen könnte. Wie sich später herausstellte, handelt es sich um einen
Innenbandriss im rechten Fuss!
Schliesslich gab Bundestrainer Rainer Hanschke die Bremer EM-Besetzung bekannt, die
auch bereits am kommenden Sonnabend den letzten EM-Test im Drei-Länderkampf gegen
Griechenland und die Schweiz in der Schöneberger Sporthalle am Sachsendamm
(Berlin) bestreiten wird:
Sergei Pfeifer (TK Hannover). Sven Kwiatkowski (KTV Chemnitz), Dmitri
Nonin (SC Berlin),
die bereits vornominiert waren, dazu kommen
der Hallenser Renè Tschernitschek und Marius Toba
(TK Hannover).
Wettkampftest Kienbaum:
Nikiferow in Reserve, Nonin in Aktion |
Für den Fall eines
Verletzungsausfalls stünde dann - ausser den Geräten Sprung und Boden - der Berliner Peter
Nikiferow in Reserve, der sich diesen Einsatz aber möglichst nicht
herbeiwünscht. Laboriert er doch selbst an einer Fussverletzung, die er sich beim
Deutschlandcup in Oker zuzog. Nach Aussage des Trainers stand dort zu kein Arzt zur einer
qualifizierten Sofortversorgung Verfügung, die medizinischen Hilfskräfte waren
nicht qualifziert und ausgerüstet genug. "Was sonst vielleicht in 14 Tagen erledigt
gewesen wäre, zieht sich nun schon 6 Wochen hin", beschreibt sein Trainer Lutz
Landgraf eine für den Hochleistungssport untragbare Situation. |
Nachtrag:
Auch der Hallenser Oliver Walter bestätigte diese Situation
nicht-leistungssportgerechter medizinischer Erst-Versorgung. Auch er laboriert seit diesem
Wettkampf an einer dort zugezogenen Verletzung, die er nicht rechtzeitig auskurieren
konnte. Immerhin fallen damit für eine Europameisterschaft zwei wichtige Turner aus!
DKlm-Geschäftsführer Ralf Neumann dementierte zwar heftig und
berichtete von einem doch anwesenden Arzt vor Ort, der jedoch in diesen zwei wichtigen
Fällen aus unerklärlichen Gründen nicht zur Verfügung stand. "Ich habe von einer
Verletzung Peter Nikiferows überhaupt nichts mitbekommen. Die Berliner waren doch ohnehin
4 Stunden später in Berlin, um sich behandeln zu lassen", so der unverständliche
Kommentar Neumanns. Solcherart Beispiele gehören zwecks künftiger Vermeidung auf den
Prüfstand!
Als bei den Deutschen Meisterschaften Anfang Mai in Albstadt sich Nikiferows
Clubkamerad Dmitri Nonin ähnlich verletzte, setzte Teamarzt Boschert
sofort solcherart erste Massnahmen ein, die die Verletzung bereits nach 2 Wochen wieder
abklingen liessen! Nonin steht zur EM zur Verfügung!
Deutschland ohne 3 Olympiasieger nach Bremen
Neben Andreas Weckers Ausfall, fehlen dem Bronze-Team von 1998 St.Petersburg
schmerzhaft auch die beiden Olympiasieger (1988 und 92)`und Routiniers und Waleri
Belenki (Schulteroperation) und Sergei Charkow (Achillessehnenriss zur Deutschen
Meisterschaft) - allesamt allerdings auch Athleten, die am Ende ihres zweiten
Lebensjahrzehnts und damit diese extreme Hochleistungsdisziplin nicht ohne Risiko
betreiben.
Berlin, 20-05-2000:
Der Dreiländerkampf am 20.05.2000 in Berlin....
....gegen die Schweiz und Griechenland lief
bereits mit einer deutlichen Leistungssteigerung. Bundestrainer Rainer Hanschke probierte
einige taktische Varianten fürs EM-Team eine Woche später in Bremen aus. Starke
Startleistungen von Rene Tschernitschek am Reck und von Sven Kwiatkowski an den Ringen
oder am Barren durch Marius Toba fielen auf. |
|
Den überraschenden Pauschenpferdsturz des frisch
gekürten Meisters an diesem Gerät, Sergei Pfeifer, wird dieser sicher schnell vergessen.
Mit seinem Überschlag-Doppelsalto, den er erst seit Frühjahr 2000 im Wettkampf zeigt
(Dillingen, Bundesliga-Auftakt), wird das schon schwieriger und dürfte ein Team-
Risikofaktor für die EM sein. Den setze er in Berlin noch auf den Hosenboden. An den
deutschen Problemgeräten Boden und Sprung fehlt eben der Berliner Peter Nikiferow heftig.
Auffallend bei den Gästen die 9,4 des Schweizers Martin Fuchs und der weitere Formanstieg
des Sprung- EM- und WM-Dritten Dieter Rehm, der seine Handverletzung vom Februar
auskuriert zu haben scheint.
Resultat:
|
NAT
|
NATION
|
|
|
|
|
|
|
Total |
1 |
GER
|
Germany
|
28,400
|
28,300
|
28,150
|
27,900
|
28,600
|
27,800
|
169,150
|
2 |
SUI
|
Switzerland
|
27,350
|
27,950
|
26,950
|
25,950
|
26,700
|
27,000
|
161,900
|
3 |
GRE
|
Greece
|
25,600
|
23,600
|
25,150
|
23,850
|
27,300
|
25,000
|
150,500
|
Auch wenn es kein leichter Gang
für das deutsche Turnteam des EM-Jahrgangs 1998 wird!
Die EM in Bremen stellt eine vorzügliche
Profilierungsmöglichkeit und Herausforderung für die jungen Leute wie
Pfeifer, Nonin, Kwiatkowski oder Tschernitschek dar, die schon längst fällige
Wachablösung an der deutschen Turnspitze nun auch international zu demonstrieren.
Auch das deutsche
Junioren-Team wurde - nach deutlichem Läderkampferfolg gegen die Jungen
der Republik Tschechien in Berlin verabschiedet. JEM-Filius ist der noch 13-jährige
Waldemar Eichhorn (unten, links), der mit 1.35m gerade mal so gross wie das Sprungpferd
ist:
|
<< ... von links:
Waldemar Eichhorn (Dillingen)
Lars-Gregor Biewendt (Berlin)
Sergej Erjutin (Stuttgart)
Roland Wackenhut (Stuttgart)
Marcel Niess (Steinheim) |
|