22. Mai 2004
Duisburg
Rhythmische Gymnastik
Worldcup Turnier in Duisburg: Russland siegt klar
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Siegte souverän: Die Gruppe aus Russland
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Die favorisierte russische Gruppe gewann am Samstag-Abend den Gruppen-Mehrkampf des 'German Rhythmic Gymnastics Open' im Duisburger Theater am Marientor. Die amtierenden Weltmeister siegten mit 51,00 Punkten vor Italien (48,400) und Weißrussland (46,900) und unterstrichen damit ihre Ambitionen auf Olympiagold in Athen.
Das Turnier in Duisburg gilt als ein wichtiger Test im Vorfeld der Olympischen Spiele in Athen. Heute ab 15.00 Uhr finden die Finalwettkämpfe des Worldcup Turniers statt.
Kamen im Mehrkampf auf Rang 3: Die weißrussischen Gymnastinnen
Aus Duisburg berichten Sonja Schmeißer und Dirk Zimmermann (Fotos)
Die Olympia-Starter aus Russland, Weißrussland, Italien und Spanien präsentierten sich in Top-Form und lieferten sich einen spannenden Kampf um die Plätze auf dem Siegertreppchen. Es ist nur noch eine kleine Überraschung, dass Italien an Weißrussland vorbeizog und sich - vor allem durch ihre berühmte, spektakuläre Übung mit Reifen und Bällen - auf dem zweiten Rang platzieren konnten.
Ergebnisse Mehrkampf:
1. RUS 51,000
2. ITA 48,400
3. BLR 46,900
4. ESP 45,250
5. SUI 37,000
6. KOR 35,300
7. Bremen 1860 34,100
8. IND 8,400 (nur eine Übung)
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Zuschauer wider Willen: Die Gruppe aus Brasilien mit der verletzten Dayane (links vorn)
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Ein Wermutstropfen trübte den Beginn des „German Rhythmic Gymnastics Open“ in Duisburg: Nachdem die griechische Gruppe gestern kurzfristig ihre Teilnahme abgesagt hatte, musste die brasilianische Gruppe heute schweren Herzens auf ihren Start verzichten: Die zentrale Figur der Gruppe, Dayane Camillo da Silva, hatte sich gestern im Training eine Wadenverletzung zugezogen. Im Vorfeld der Olympischen Spiele – Duisburg gilt als wichtiger Test,
und Brasilien ist eine der 10 qualifizierten Gruppen – wollte man sich öffentlich nicht mit einer Ersatzvariante zeigen. Sehr verständlich, aber schade für die Gymnastinnen wie für die Zuschauer, denn die brasilianischen Vorträge wären ganz sicher ein Highlight der Veranstaltung gewesen.
Vorhang auf – die RSG im Theater
Eine internationale RSG-Veranstaltung in ein Theater zu verlagern – damit hat man in Ludwigsburg seinerzeit beim jährlichen Grand Prix Turnier jahrelang sehr gute Erfahrungen gemacht. Hans-Jürgen Zacharias, DTB-Vizepräsident und Präsident des Rheinischen Turnerbundes, Duisburger Organisationskomitees, hatte nun im Hinblick auf die World Games 2005 in Duisburg die Idee, das Worldcup-Gruppenturnier auf eine Theaterbühne zu heben. Der internationale Verband in Person der TK-Vorsitzenden Egle Abruzzini (ITA) prüft jetzt vor Ort, ob dieses Vorhaben gelingt, ob das Theater am Marientor – ein Neubau aus dem Jahre 1994 – tauglich ist für die RSG-Wettkämpfe im nächsten Jahr bei den World Games. Um die Besonderheit des Ambientes hervorzuheben, den Theater-Charakter dieser abendlichen Vorstellung zu betonen, hatten sich die deutschen Gastgeber um DTB-Cheftrainerin Livia Medilanski einiges einfallen lassen.
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Prolog für die spanische Gruppe: Carolina Rodriguez
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Zum Auftakt begrüßten Feen, Prinzessinnen und Zwerge die Gäste im Theatersaal – und die waren schon recht bekannt: Edita Schaufler, eine der erfolgreichsten Gymnastinnen des DTB, Johanna Gabor, die am vergangenen Wochenende Deutsche Jugendmeisterin geworden war, Annika Rejek, die Deutsche Meisterin von 2002…
Die Idee, jede Gruppe mit einer kleinen vorgeschalteten Vorführung anzukündigen, quasi einem (Theater-)Prolog, war ausgezeichnet und betonte die Verbindung von Rhythmischer Sportgymnastik und Kunst, gezeigt auf einer Theaterbühne. So sah man spanische und russische Folklore, italienisches Temperament, deutsches Nachwuchs-Können und koreanische Volkskunst – und danach jeweils die Gruppen mit ihrer Weltklasse-Performance. Eine gute Show, die sich bis zur Siegerehrung fortsetzte: Die drei Erstplatzierten marschierten nicht ein, sondern sie tanzten, grüßten das Publikum und bedankten sich – eine schöne Geste. Es wäre ein so wundervoller Abschluss gewesen; wenn nicht am Ende die russische Hymne gefehlt hätte, die man zur Ehre der Sieger spielen wollte…
Es muss sich also organisatorisch hier und da noch ein bisschen was tun, wenn man im nächsten Jahr an gleicher Stelle der großen Weltöffentlichkeit perfekte World Games zelebrieren will.
Wettkampfverlauf Mehrkampf
Schweiz
Die Gruppe konnte sich nicht für die Olympischen Spiele 2004 qualifizieren, jedoch ist es immer ein Gewinn, eine Schweizer Gruppe bei einem Wettkampf dabei zu haben.
So ist es auch diesmal, obwohl sie gleich zu Anfang mit drei Band-Verlusten kämpfen müssen. Dennoch: Ihre Übungen, so auch die in Schwarz-Gold „gekleidete“ Übung mit Bällen und Reifen, sind auf interessante Effekte ausgerichtet, auf originelle Verbindungen, die das Können der Gymnastinnen und die Show-Bestandteile der RSG zum Tragen bringen. Diese ideenreichen Choreographien, originelle Anzüge und frische, sympathische Ausstrahlung machen die Gruppe so beliebt.
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Die Gruppe aus Weißrussland
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Weißrussland:
Vizeweltmeister Weißrussland darf sich Hoffnungen auf eine olympische Medaille in Athen machen. In der bisherigen Saison kamen sie bei allen großen Gruppen-Wettkämpfen auf einen Medaillenrang, wurden jedoch bei den Pre-Olympics in Athen ganz stark durch die Italienerinnen bedrängt.
Mit dem Band bekamen sie den ersten großen Beifall des Publikums im Theater, ob ihres schwierigen Programms, das sie allerdings mit zwei groben Fehlern über die Bühne brachten.
Aber wie viele interessante Kombinationen, Wechsel und Bandtechniken enthält diese Übung!
Eine Super-Vorstellung mit Bällen und Reifen! Ganz ohne Fehl und Tadel, mit enormen Schwierigkeiten: Da werden die Reifen und Bälle vom Körper geprellt, jeweils mit dem anderen Gerät abgeworfen bzw. „weitergereicht“, die Geräte zu einem neuen Handgerät geformt, durch das gesprungen wird… Und dies alles in perfekter Harmonie und mit einer Körpertechnik, die jeder Einzelgymnastin zur Ehre gereichen würde.
Korea:
Traditionell wird die Gruppen-Gymnastik groß geschrieben in dem asiatischen Land. Gleichklang, Harmonie und perfekte Musikinterpretation sind immer Kennzeichen der koreanischen Gruppen gewesen.
Diese Gruppe trainiert erst seit drei Monaten in dieser Besetzung zusammen – und zeigt eine harmonische, sportlich betonte Band-Übung mit vielen originellen Verbindungen und in rasantem Tempo. Das sind gut ausgebildete Gymnastinnen; das zeigt sich auch in der Ball-Reifen-Übung: Sie haben nicht die Schwierigkeiten und den sportlichen Gehalt in ihren Übungen, die die Olympiakandidatinnen vorweisen können, doch sie sind originell und zeigen, was sie können.
Indien:
Sie zeigten nur eine Komposition, die mit 2 Bällen, drei Reifen – ist es doch ihr erster großer internationaler Auftritt überhaupt. Sie trainieren erst drei Monate zusammen und können sich sportlich nicht mit dem übrigen Starterfeld messen, aber die Sympathie des Publikums haben sie auf jeden Fall gewonnen. Und wie schön, dass ein weiteres Land in der Welt sich der Gruppengymnastik widmet!
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Die Gruppe von Bremen 1860
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Bremen 1860:
Als Vereinsgruppe sind sie ausgezeichnet, als Vertreter in diesem hochklassigen Starterfeld hatten es die Gymnastinnen von Trainerin Gisela Drygalla heute naturgemäß schwer; unweigerlich werden sie im direkten Vergleich mit der Weltspitze gemessen.
Doch sie ließen sich die Butter nicht vom Brot nehmen, zeigten ihre temperamentvolle, schöne Choreographie mit Selbstbewusstsein, Freude und Ausstrahlung – das kam an beim Publikum und gibt Selbstvertrauen für den zweiten Auftritt.
Und auch der gelingt gut, sie haben ihre Nerven im Zaum, und man sieht ihnen die Freude an, hier dabei sein zu können; das macht sie zusätzlich sympathisch. Zudem sind die Choreographien perfekt auf die Mädels der Gruppe zugeschnitten, zu der mit Pia Böttcher und Merle Kock zwei Gymnastinnen der Nationalmannschaft 2003 gehören.
Russland:
Die russische Gruppe ist der unbestrittene Favorit auf Olympiagold 2004. Die amtierenden dreifachen Weltmeister (WM Budapest, Oktober 2003) haben in dieser Saison bisher alle Wettkämpfe gewonnen, bei denen sie antraten.
Ganz in Rot-Gold präsentierten sie ihre Bandübung, die so voller Schwierigkeiten steckt, dass man beim besten Willen nicht erfassen kann, was die hoch gewachsenen jungen Damen da in kurzer Folge alles zeigen.
Was soll man zu dieser Ball-Reifen-Übung noch sagen: Da verschlägt es einem angesichts der spektakulären Verbindungen schon mal die Sprache…Da steht eine technische Klasse hinter der Beherrschung dieser Handgeräte, dass es wirklich eine Welt für sich ist. Noch dazu wirken die Gymnastinnen mit ihrer Perfektion und weiblichen Ausstrahlung jederzeit souverän – und werden ihrer Favoritenrolle einmal mehr gerecht.
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Feurig: Die spanische Gruppe
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Spanien:
Die spanische Gruppe wird in Athen dabei sein und steht dann in der Tradition ihrer Vorgängerinnen, die 1996 die ersten Olympiasieger in der Gruppen-Gymnastik waren.
Ein spanisches Feuerwerk per excellence zeigte die spanische Gruppe – da ging die Post ab nach einer Carmen-Adaption und originellen Band-Verwicklungen, die man so bisher kaum gesehen hat. Eine Publikumsübung! Mit Bällen und Reifen wirken sie etwas angespannter und hektischer; nichtsdestotrotz eine rasante, gehaltvolle Übung, mit schönen Effekten und großem Schwierigkeitsgehalt.
Italien:
Sie waren Vierte der WM 2003, sind aber in der olympischen Saison auf jeden Fall für eine Medaille gut: Bei den Pre-Olympics verfehlten sie Silber denkbar knapp.
In blendender Verfassung zeigten sich die Schützlinge von Emanuela Maccarani auf der Duisburger Bühne – die Bandübung ging ohne Fehler über dieselbe, mit dem schwierigen Mittelteil, und der in die Bänder „eingewickelten“ Gymnastin. Diese Gruppe ist fest entschlossen, sich in Kürze olympisches Edelmetall zu holen!
Und dann kam die Übung, auf die sich seit über einem Jahr alle freuen, wenn Italien an den Start geht: Diese Choreographie mit zwei Bällen und drei Reifen ist eine der genialsten und spektakulärsten der letzten Jahre überhaupt, und die fünf Gymnastinnen zeigten sie mit Verve und ohne Fehl und Tadel. Da freut man sich auf die Wiederholung im morgigen Finale und ist gespannt, was diese perfekte Show der Italienerinnen dann bei den Olympischen Spielen wert sein wird.