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Im St. Petersburger "Mariinsky Theater" - einem der bekanntesten Opern- und Balletthäusern in der Welt - beging heute Russland, die mit Abstand führende Nation in der Rhythmischen Gymnastik, den 80. Geburtstag dieser Disziplin, den man durchaus auch als dessen Geburtsstunde generell bezeichnen kann. Als historischer Anlass hierfür nutzten die Russen die am 15. Februar 1935 erfolgte Aufnahme der "Künstlerischen Gymnastik" als eigenständige Fakultät in das renommierte staatliche "P. F. Lesgaft-Sportinstitus". Hier wurden die ersten trainingsmethodischen Lehrprogramme und -methoden sowie Wettkampfregeln erarbeitet. Dies geschah von Anfang an unter enger Einbeziehung des Lehrkörpers der St. Petersburger Meisterschule des weltbekannten Mariinsky-Ballett-Ensembles, in dessen Hause man sich heute feierlich erinnerte ....
* Das heutige Jubiläumsprogramm, für das sich heute der Vorhang vor über 2.000 Zuschauern hebt, umfasst eine imposante Leistungsschau mit Olympiasiegern, Welt- und Europameistern auch aus anderen Ländern sowie Weltstars der Oper und Orchester unter Regie des künstlerischen Leiters des Mariinsky-Theaters, Waleri Gergijew, der im Vorjahr z. B. auch für die Zeremonien der Olympischen Winterspiele in Sotschi verantwortlich zeichnete.
** Video - Hotspot von der Veranstaltung:
* Historisches ...
Hier in St. Petersburg fand bereits 1941 ein erster Wettkampf der jungen, sich formierenden Disziplin statt, die von Anfang an unter starkem sowjetischem Einfluss stand, bis heute und vielleicht auch noch die folgenden Jahrzehnte "erdrückend", unbestritten und kaum gefährdet, russisch dominiert sein wird.
Trotzdem sind die Wurzeln der früher auch als ästhetische, tänzerische oder künstlerische Gymnastik weiter verzweigt:
Man fand sie bereits in Gruppen-Vorführungen Olympischer Spiele zwischen 1906 und 1924, danach sogar als Mannschaftswettbewerbe im Frauenturnen.
Bereits Anfang des 19. Jahrhunderts gab es in London die als "Kallisthenie" gelehrte "Gymnastik zur Verschönerung des Körpers".
Auch in den skandinavischen Ländern und in Deutschland bezog man Übungen mit Stäben, Reifen, Schleier, Fächer in die Ausbildung junger Frauen ein ("z. B. Gymnastische Akademie und Normalschule" in Dessau, 1839).
In der DDR fand die "Künstlerische Gymnastik" von Beginn an Eingang in die akademischen Ausbildungsprogramme der "Deutschen Hochschule für Körperkultur" (DHfK, Leipzig).
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* Foto, rechts: Studentinnen im Gymnastiksaal der DHfK, 1956
Obwohl der Weltturnverband bereits 1950 auf seinem Kongress in Kopenhagen beschoss, Gymnastik ins olympische Programm zu nehmen, fand die Olympiapremiere erst 1984 in Los Angeles - und ausgerechnet bei den Spielen des Olympiaboykotts der sozialistischen Länder - statt. So wurden dort nicht die Vertreterinnen der schon damals mit Abstand führenden Nationen Sowjetunion und Bulgarien gekürt, sondern die Kanadierin Lori Fung ging als erste RG-Olympiasiegerin in die Geschichte ein - Regina Weber aus der Bundesrepublik gewann damals Bronze.
Seit Marina Lobatsch (URS; 1988), Alexandra Timoschenko (GUS; Ukr - 1992) und Jekaterina Serebrianskaja (UKR; 1996) ist seither das Gymnastik-Zepter fest in russischen Händen. Nach Julia Barsukowa (2000), und Alina Kabajewa (2004) war Jewgenia Kanajewa die bislang erste Gymnastin, der 2012 eine Wiederholung ihres Olympiasieges gelang ...
* Aktuelles ...
Während also heute die Gymnastik-Weltmacht Russland - allen voran der schier
unbezwingbare Weltstar Jana KUDRJAWTSEWA (Foto, links) von nur wenigen vereinzelten Vertreterinnen vorwiegend aus den Ländern der früheren Sowjetunion und auch nur selten zu bezwingen ist, und vorwiegend auch nur dort eine gebührende Anerkennung, Förderung und mediale Darstellung erfährt, fristet die Gesamtdisziplin in vielen anderen Ländern leider ein z. T. unwürdiges Schattendasein: " ...zu schwer, zu risikovoll, zu speziell, zu langwierig, zu hart zu wenig attraktiv, was die Karriereverläufe betrifft ..." - urteilen die Einen.
"Die ästhetischste, komplex-anspruchsvolle, .. die schönste Sportart für junge Mädchen und Frauen", beschwören die Anderen.
Viel zu oft liegt dies in erster Linie an unzureichenden nationalen Förderbedingungen! Zu weit geht dabei die Schere zwischen höchsten internationalen Ansprüchen und den örtlichen materiell-technischen, logistischen und vor allem personell-pädagogischen Gegebenheiten auseinander. Neben all der erstaunlicher Weise vorhandenen Begeisterung, ja Beseeltheit der diese schöne Sportart betreibenden Mädchen mit samt ihren Eltern, Übungsleitern und Trainern, gibt es eben dann auch Verfehlungen und moralisch verwerfliche Verstöße beim manchmal verzweifelt anmutenden Versuch, diese Defizite auszugleichen. Oft sind dabei die jungen Sportlerinnen die Leidtragenden.
Gerade eben befindet sich Deutschland - Ausrichter der kommenden RG-WM 2015 - nach einigen bedenklichen Vorfällen in 2014 - in einem diesbezüglichen Aufarbeitungsprozess, der unverständlicher Weise leider immer noch nicht vollständig abgeschlossen ist, wie der DTB-Präsident Rainer BRECHTKEN in einem Zeitungs-Interwiev in dieser Woche bestätigte (► "Wir brauchen einen Neuanfang" - Stuttgarter Nachrichten)
* Künftiges ...
Einer der Gründe des eklatanten Widerspruches zwischen den Superleistungen der Spitzengymnastinnen einerseits und der insgesamt mangelnden öffentlichen Akzeptanz durch Medien und Gesellschaft, sieht der Präsident des Turn-Weltverbandes (FIG), Prof. Dr. Bruno GRANDI in den, seiner Meinung nach "... absurden Wertungsvorschriften: "Die Wertungsvorschriften müssen verändert werden, und zwar s o f o r t, - die alten Vorschriften sind absurd". So soll noch v o r den Olympischen Spielen 2016 in Rio de Janeiro ein neuer Code de Pointage fertig sein, kündigte er in einem Interview an, das er Anfang Februar der FAZ gab: (* - siehe ► GYMmedia-News vom 09. Feb.)
* GYMmedia / -ehe-