In gut einem halben Jahr finden in Deutschland die Weltmeisterschaften in der Rhythmischen Sportgymnastik statt. Inmitten einiger Turbulenzen der letzten Monate - ausgelöst durch das Bekanntwerden untragbarer Zustände im DTB-Nationalmannschaftszentrum Rhythmische Gymnastik in Fellbach-Schmiden im vergangenen Jahr, hatte sich im Januar, nur acht Monate vor dem bevorstehenden Großereignis, das zudem noch die Bedeutung einer Olympiaqualifikation hat, die Berliner Gymnastik-Trainerin, Frau Dr. Katja Kleinveldt, bereit erklärt, (* - siehe > GYMmedia-News vom 30. Jan) persönlich in die Verantwortung zu gehen, und übernahm den Job einer Cheftrainerin Rhythmische Gymnastik im Deutschen Turner-Bund.
GYMmedia INTERNATIONAL sprach mit der 47-jährigen studierten Medizinerin ...
* INTERVIEWmit Dr. Katja KLEINVELDT, seit Februar 2015
- DTB-Cheftrainerin Rhythmische Gymnastik
?? : -- Zunächst Glückwunsch für einen kleinen Achtungserfolg: Eben hat eine deutsche Juniorinnen-Gruppe in Moskau am Rande des Grand Prix's im Finale eine russische Mannschaft geschlagen. Heißt das, in Deutschland geht's mit der Gymnastik bergauf ...?
* Katja Kleinveldt: -- "Danke, ja tatsächlich, in erster Linie wird natürlich auch bei uns intensiv gearbeitet und die Gymnastinnen haben trotz krankheitsbedingten Trainingsausfällen dort stabil geturnt; deshalb auch mein Glückwunsch an die Schmidener Mädchen und die Trainerinnen Elena Khadarzev und Ludmila Titkova."
?? : -- ... beim Hauptwettkampf, dort beim 1. Grand Prix der neuen Saison, glänzte der WM-Ausrichter Deutschland jedoch durch Abwesenheit. Warum ...?
K. Kleinveldt: -- "Nach den Ihnen bekannten Turbulenzen der letzten Monate besteht noch immer eine ungeklärte Trainersituation. Nach dem Weggang der langjährigen Trainerin Galina Krilenko, vergangenen Herbst, wird der Schwäbische Turnerbund in Kürze eine Lösung finden. Haben Sie bitte Verständnis, wenn wir zum jetzigen Moment noch nichts Abschließendes sagen können oder wollen!" (- siehe auch > GYMnews vom 22. Okt. 2014)
?? : -- Das heißt, die beiden besten deutschen Gymnastinnen haben ein halbes Jahr vor der WM in Stuttgart momentan keine Trainer?
K. Kleinveldt: -- "Ja, das klingt vielleicht dramatischer, als es in Wirklichkeit ist: Erstens sind Jana Berezko-Marggrander und Laura Jung selbst erfahrene Gymnastinnen, und um beide kümmerten sich verschiedene Trainer im Schmidener Zentrum. Außerdem hatte Jana eben eine Grippe überwunden und davor einige Wochen Bundeswehrdienst absolvieren müssen, da fiel dies bei ihr ohnehin nicht so sehr ins Gewicht. Die ist auch der Grund für den etwas verzögerten Saisonstart, den wir nun 2 Wochen später, am 7. März, bei einem Länderkampf in Mailand gegen Italien vollziehen werden. Das betrifft sowohl unsere beiden Einzelgymnastinnen, wie auch die deutsche Nationalgruppe!"
?? : -- Wie planen Sie als neue Cheftrainerin die ziemlich knappe Zeit bis zu den Weltmeisterschaften Mitte September?
K. Kleinveldt: -- "Ja, sicher ist die Zeit sehr knapp. Für den Fall, dass noch eine dritte und vierte Gymnastin zur WM starten dürfte, müssten sich diese beiden über die Deutschen Meisterschaften Mitte Mai und über das in diesem Jahr vorverlegte Grand Prix-Turnier "Berlin Masters" Ende Mai als 2. Qualifikation empfehlen. Dafür ist aber der Modus mit dem Weltturnverband (FIG) noch nicht geklärt.
?? : -- Musste man Sie lange überreden, den Cheftrainerposten - immerhin in keiner ganz so glücklichen Situation - anzunehmen?
K. Kleinveldt: -- "Gedrängelt habe ich mich tatsächlich nicht danach, und es dauerte auch ein Weilchen, bis ich mich 'Pro' entschieden hatte: Immerhin geht es um nichts Wichtigeres als um die Olympia-Qualifikation bei dieser WM im eigenen Lande! Ich sagte mir: 'Die muss einfach her, sonst leidet unsere Sportart noch mehr an Akzeptanzverlust'. Sie merken schon, ich liebe meine Sportart eben, nicht nur, weil unter den betroffenen Mädchen auch Berlinerinnen sind, wie Anastasija Khmelnytskaya, Daniela Potapova oder Daria Sajfutdinova, deren Karrieren ich z. T. miterlebt habe und weiß, wie sehr es alle Mädchen verdient haben, ihren Leistungszielen und olympischen Träumen nahe zu kommen."
?? : -- Apropos Situation Rhythmische Gymnastik: Da hat doch letztens in einem FAZ-Interview 'Ihr' FIG-Präsident Bruno Grandi heftige Attacken geritten, insbesondere gegen die Wertungssituation Ihrer Sportart!
K. Kleinveldt: -- "Ja, auch das ist ein noch ziemlich weites Feld, und auch dort bedarf es wesentlicher Korrekturen. Und auch da bin ich ziemlich dicht dran, weil ich in jener FIG-Expertengruppe mitarbeite, die das Technische Komitee berät, nachvollziebarere Bewertungskriterien erarbeiten und in die Praxis überführen soll. Aber diese Problematik überstiege jetzt die Möglichkeiten unseres Gespräches...!"
?? : -- Sie sind erst wenige Tage im Cheftrainer-Amt: Wo liegen die nationalen Schwerpunkte Ihrer Arbeit im Schmidener Nationalmannschaftszentrum?
K. Kleinveldt: -- "Noch ist dort alles im Fluss. Nach den Vorfällen der letzten Zeit gilt es noch immer Vieles zu regeln und zu konzipieren. Da gab es tatsächlich echte Systemfehler, die konsequent korrigiert werden mussten! Wir arbeiten an Verhaltenskodex' einzelner Verantwortungsbereiche, an verbesserter Traineraus- und -weiterbildung und vor allem: Ich setzte auf Prinzipien offener Kommunikation untereinander, ... und glauben Sie mir: Da hat sich bisher schon eine Menge getan und verbessert. Was die Gruppe betrifft: Da spielen z. B. solche leistungssport-erfahrenen Athletinnen, wie Nicole Müller, eine starke und teambildende Rolle. Wir sind momentan sogar in der Lage, mit unseren 12 Gruppenkadern zwei wettkampffähige Mannschaften zu bilden. Wer in A- oder B-Team startet, das ist natürlich offen und im leistungsorientierten Fluss...!"
?? : -- Hat da schon jemand als Kapitänin den Hut auf?
K. Kleinveldt: -- "Die Wahl der Kapitänin 2015 steht gerade bevor. Aber mit Camilla Pfeffer als Aktivensprecherin agiert ja immer noch die frühere Kapitänin der letzten deutschen Olympia-Gruppe. Wenn auch Camilla bereits als Übungsleiterin in Schmiden arbeitet - sie ist aber am dichtesten an den Problemen der Mädchen dran, genießt Vertrauen und kann am ehesten vermitteln. Außerdem ist sie mit in den Lenkungsstab integriert."
Also, noch eine Menge Arbeit, aber mit allen Beteiligten werden wir das Ziel der Olympiaqualifikation einfach anpacken. Ich bin optimistisch.
"Frau Dr. Kleinveldt, danke für das Interview und gutes Gelingen des Projektes 'Olympia-Qualifikation!"
Das Gespräch führte Eckhard Herholz,
Chefredakteur GYMmedia INTERNATIONAL