26. September 2003
Budapest / HUN
Rhythmische Gymnastik
26. RSG-WM: Gruppen-Mehrkampf - Olympiaqualifikation
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Verteidigte ihren Titel: Die Gruppe aus Russland
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Russland (50,325) ist erneut Gruppen-Weltmeister vor Bulgarien (51,175), Weissrussland und Italien (mit 46,450 punktgleich mit BLR). Auf den Raengen 4 bis 8, die zur Olympiateilnahme berechtigen, folgen die Ukraine, Spanien, China und Griechenland.
Die deutsche Gruppe hat sich nicht für Olympia qualifiziert. Mit zwei fehlerhaften Vortraegen erreichten sie nur den 13. Rang und mussten auch Brasilien, Polen, Ungarn und Kanada noch vorbei lassen. Bei den Olympischen spielen 2000 in Sydney war Deutschland mit der Gruppe Vierter geworden.
Der Gruppenwettkampf stand auf einem ausserordentlich hohem Niveau und wurde von tausenden Zuschauern in der Budapester Sportarena begeistert gefeiert.
Olympia-Aus für die deutsche Gruppe...
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Die begehrten WM-Medaillen
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Heute herrschte echte WM-Stimmung in der Budapester Sportarena - und die Zuschauer und Fans sahen einen hochklassigen Wettkampf. Zwar war auch vielen Mitfavoriten die Nervositaet anzumerken - schliesslich ging es um die Olympiatickets, dennoch war das Niveau ausserordentlich. Die spektakulaerste Übung zeigte Italien mit Reifen und Ball - war die Übung schon bei den EM in Riesa die originellste, so wurde sie noch einmal aufgestockt - und perfekt vorgetragen.
Die Russinnen als Titelverteidiger kamen diesmal in arge Bedraengnis durch die Bulgarinnen, die mit Reifen und Ball die Bestnote bekamen. Und beide Gruppen haben wiederum erheblichen Vorsprung vor Weissrussland und Italien, wobei die Reihenfolge dieser beiden auch umgekehrt haette sein können.
Enttäuschender 13. Platz für die Deutsche Gruppe
„Hätte besser sein können“, so lautete der Kurz-Kommentar von Annika Rejek, die eigentlich zur deutschen Gruppe gehört, aber wegen Verletzung in Budapest nur zuschauen kann. Das hätte es in der Tat, denn insgesamt drei große Fehler in den beiden Übungen sind einfach zu viele für so einen anspruchsvollen Wettkampf. Dies sah auch Cheftrainerin Livia Medilanski unmittelbar nach der zweiten Übung so: 'Ich bin überhaupt nicht zufrieden, mit solchen Fehlern ist man aus dem Rennen. Wenn man bei Olympischen Spielen auftreten will, dann muss man das auch verdient haben.'
Auch DTB-Praesident Rainer Brechtken musste den 13. Platz erst einmal verarbeiten: 'Ein enttaeuschendes Ergebnis, zu viele Fehler... Die Gruppe konnte nicht an ihr überzeugendes Auftreten bei der EM in Riesa anknüpfen. Jetzt können wir es nur wie im Einzel angehen, ganz systematisch und langfristig wieder aufbauen.'
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Perfekt: Die bulgarische Gruppe
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Wettkampfbericht Gruppen-Mehrkampf, Gruppe A:
Ukraine: Die Ukraine ganz in weiß, ganz klassisch, nach Schwanensee-Musik und mit vielen großen und originellen Wechseln, sehr guter Technik, allerdings auch mit zwei Gerätverlusten, nicht hundertprozentig synchron. - Mit Bällen und Reifen ganz spanisch, vertanzten sie „Carmen“ – sehr schwierig, sehr gut und ohne Fehler, mit vielen großen Wechseln und den originellen Kleinigkeiten, die man beim einmaligen Betrachten gar nicht sieht: z.B. die Annahme und Weiterleitung der Geräte mit dem Fuß...
Bulgarien: Perfekter Auftritt mit den Bändern, synchron selbst in den Dreifach-Drehungen, viele originelle Verbindungen und Würfe – Bänder, die physikalische Gesetze zu überwinden scheinen; durchgehend mit hohem Tempo, immer souverän. - Mit Reifen / Baellen setzten sie noch eins drauf: Dieser 'Bolero' hatte es in sich, er war einfach perfekt in Choreographie und Umsetzung - das beste, was bisher mit diesen Geraeten zu sehen war.
Korea: Nach Motiven aus „Carmina Burana“ sehr originell, schwierig und synchron – aber zu viele gravierende Fehler, allein vier große Geräteverluste, dazu kleinere Fehler; viele Bandmuster, die man sonst so nicht sieht.
Russland: Großer Auftritt, gekonnte Inszenierung zwischen laut und leise, Eleganz und Power – technisch perfekt; ein Gerätverlust (Ball), viele Fänge nach großen Wechsel mit dem Körper, sehr schwierig; allerdings auch viel beidhändig gefangen aus Sicherheitsgründen. - Mit den Baendern perfekt, synchron, hier kommt die technische Überlegenheit voll zum tragen.
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China hat das Olympia-Ticket (7. Platz)
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China: nahezu ausschließlich Trommelmusik, zwei große Verluste (Ball und Reifen), originelle Einlagen, aber keine Praezise Körpertechnik, da hatte man in früheren Jahren schon besseres von chinesischen Gruppen gesehen – sie setzen sich knapp vor die deutsche Gruppe (20,900); - Sehr schön der Bandvortrag – etwas anders als die europäischen Gruppen, sehr lyrisch und wie immer mit überaus originellen Gerätideen; zudem ohne Fehler – damit sind sie an Deutschland vorbei.
Deutschland: Solider erster Auftritt, ein Gerätverlust (Reifen) –außerhalb der Wettkampffläche, sonst synchron und mit guten Wechseln und guter Technik; aber ob die 20,250 Punkte reichen werden? - Auch der Auftritt mit dem Band verlief nicht fehlerfrei, ein Gerätverlust, ein Wickler, nicht die Souveränität, die die Gymnastinnen zur EM in Riesa gezeigt hatten; und mit 18,900 Punkten kann man mit ziemlicher Sicherheit nicht unter die ersten acht kommen...
Griechenland: guter Auftritt, aber zwei große Fehler und keine außergewöhnlich spektakulären Passagen; auch, was die Synchronität angeht, hat man schon bessere Vorträge von den Weltmeistern (allerdings in der Übung mit zwei Handgeräten) gesehen; - Ein großer Fehler fast zu Beginn der Übung – der Ball rollt aus der Wettkampffläche wirft die Griechinnen zurück – schade um die schöne Übung nach griechischer Folklore, die mit Temposteigerung und schönen kleinen Wechseln eine Augenweide ist; entsprechend groß war die Enttäuschung... Spanien: rot-schwarz, lila-schwarze Bänder; toller Auftritt! Zu recht bejubelt – mit langen Trommel-Passagen am Anfang und Ende der Übung, dazwischen Original spanische Folklore? sehr originelle Passagen mit den Bändern, synchron, mit Power – gut! - Eine interessante Parodie boten die Spanierinnen da mit Ball und Reifen, humoristisch angehaucht, sehr gut präsentiert, ohne Fehler, auch technisch sehr gekonnt
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Temperamentvoll: Die spanische Gruppe
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Spektakular: Die Gruppe aus Italien
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Italien: Die Gruppe, die in diesem Jahr am meisten Furore gemacht hat, zog mit 'Speed'-Musik ein wahres Feuerwerk mit den fünf feuerroten Bändern ab: Kaum eine andere Gruppe praesentiert in einem solchen Tempo eine solche Folge von atemberaubenden Verbindungen und Elementen, was da geworfen, gewickelt und gesprungen wird, vermag kein Zuschauer mit einemmal zu erfassen. – Und dann das Highlight des Abends: Italien mit Ball und Reifen – das ist eine einmalig originelle Show, choreographiert von Nathalie van Cauwenberghe, mit so verblüffenden Ideen und Kombinationen, dass es einem den Atem verschlaegt. Man freut sich aufs Finale...’
Weißrussland: sie wollen in den Medaillenkampf eingreifen, das zeigten die Weißrussinen mit ihrer Reifen-Ball-Übung deutlich; wenn man Synchronitaet sehen will, dann hier. Mit dem Band mussten die sonst so sicheren Gymnastinnen einige „Rettungsaktionen“ einlegen – haben allerdings auch eine sehr, sehr schwierige Übung. Als ihre Note erschienen war, rannten sie auf die Zuschauerplaetze – und sahen sich die italienische Gruppe an...
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Vielbejubelt: Die ungarische Gruppe
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Ungarn: Ohrenbetäubender Beifall des Publikums in der mittlerweile gut gefüllten Sportarena zur Begrüßung der ungarischen Gruppe – und erst recht nach der Übung, die sie mit ungarischem Temperament, nach ungarischer Musik und den sprichwörtlich schönen ungarischen Mädchen zeigten... Fehlerfei und nach einer perfekt gebauten Choreographie, die optimal dem entsprach, was diese Gymnastinnen leisten können.
Brasilien: Eine unkonventionelle Ball-Reifen-Choreographie, wofür sie schon beim Grand Prix Turnier in Berlin gefeiert wurden – leider mit einigen Fehlern.
Schweiz: Eine gut gestaltete, sportliche Übung im originellen Outfit und schöner Synchronität, allerdings mit mehreren Gerätverlusten; aber die Schweizer Gruppe verpasste die vor zwei Jahren als Ziel formulierte Olympiaqualifikation für Athen 2004 mit einem 15. Platz unter 23 Nationen klar.
Die Schweizerinnen bestätigten genau die Leistung der Europameisterschaften in diesem Frühjahrs (elfter Platz), wenn man vor ihr klassierten aussereuropäischen Equipen berücksichtigt. Bei der Übung mit den Bändern beklagten die Schweizerinnen einen Geräteverlust, die Vorführung mit zwei Bällen und drei Reifen gelang gut. Im Vergleich zur Weltspitze fehlten aber doch einige Schwierigkeiten, und auch in der Einzelausführung gab es Abstriche.
Japan: Sie zeigen eine der wenigen Übungen, in der eine Gymnastin gleichzeitig zwei Reifen und einen Ball abwirft und haben auch sonst viel originelles zu bieten – allerdings mit der Fehlerfolge am Anfang ist auch damit nichts mehr auszurichten; und dabei waren sie schon mit den Bändern weit unter den Erwartungen geblieben.